DDR-Fernsehen

Der "Schwarze Kanal" und seine Nachfolger im Netz

06:56 Minuten
Ein Besucher des DDR-Museums blickt in einen RFT-Fernseher auf dem Eduard Schnitzler zu sehen ist. Dieser steht in einer DDR-typischen Schrankwand in Plattenbauwohnung des Typs WBS 70.
Der schwarze Kanal in musealer Umgebung. © imago images / Bernd Friedel
Joan Bleicher im Gespräch mit Liane von Billerbeck |
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Aus heutiger Sicht wirkt die Sendung "Der Schwarze Kanal" des DDR-Fernsehens skurril und schräg. Die Zeitung "Junge Welt" hat Namen und Konzept wiederbelebt. An das Original kommt es aber nicht heran, meint Medienwissenschaftlerin Joan Bleicher.
"Der Klassenkampf geht weiter". So verabschiedete sich am 30. Oktober 1989 Karl-Eduard von Schnitzler, Chefkommentator des DDR-Fernsehens, aus dem Programm. Fast 30 Jahre lang hatte Schnitzler in seinem "Schwarzen Kanal" jede Woche die Berichterstattung von ARD und ZDF polemisch kommentiert.
Trotz oder gerade wegen der hölzernen SED-Propaganda war Schnitzlers "Schwarzer Kanal" auch Kult und Gegenstand allgemeiner Belustigung in Ost und West.
Vor Kurzem hat die Zeitung "Junge Welt" das Format wiederbelebt, das es als medienkritische Glosse in der Printausgabe bereits seit 2004 gibt. Bisher sind drei Folgen des Video-Podcasts erschienen.
"Ziel scheint schon eine Kritik, etwa am 'Spiegel' zu sein, also an westlichen Medien, aber aus meiner Sicht eben eine sehr reduzierte Form der Kritik, wenn man das mit dem Vorbild vergleicht. Und dieser Bezug fehlt, den Schnitzler hatte, zu den angeblichen Missständen in der westlichen Welt", sagt die Medienwissenschaftlerin Joan Bleicher, Professorin an der Universität Hamburg.
Und mit den vielen Propaganda-Plattformen im Netz können sowieso weder der alte noch der neue Schwarze Kanal mithalten:
"Der neue Schwarze Kanal kommt ja sehr konventionell daher, greift auch die Mittel sozialer Medien gar nicht so auf, wie das andere tun, setzt nicht so sehr auf Kommunikation, sondern auf Argumentation."
In den neuen Internetformaten dagegen werde sehr viel schärfer Meinungsüberzeugung betrieben:
"Das Spektrum ist da sehr weit, weil man natürlich anders als im Fernsehen und in Printmedien nicht mehr so einen Gatekeeper hat - der Redaktion -, der Beiträge auswählt und natürlich auch auf die Meinungsbildung Einfluss nimmt", meint Bleicher. Und man nicht mehr wie früher nur einen Moderator habe, der seine Meinung verbreite.
"Sondern wir haben es mit ganz, ganz vielen Akteuren zu tun und sehr, sehr kleinen Zielgruppen, sehr kleinen Followergruppen, die diesen Akteuren zuhören. Und das verändert natürlich die Art der Diskurse. Gleichzeitig haben wir natürlich eine wachsende Bedeutung sozialer Netzwerke, wo kleine Gruppen entstehen, die sich über bestimmte Themen, über politische Richtungen austauschen. Das heißt, wir haben eine größere Vielfalt an Propagandamöglichkeiten."
(uko)
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