Seximus an Schreib- und Hochschulen - Die Zeitschrift Merkur bietet einen Überblick über die Debatte.
Sexismus an deutschen Schreibschulen?
Ein anonymer Artikel in der Studierendenzeitung der Universität in Hildesheim war der Auslöser: Eine Studentin warf den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Instituts für literarisches Schreiben Sexismus vor. Seitdem wird an dem Institut und auch außerhalb diskutiert - über Sexismus in Schreibschulen und im ganzen Literaturbetrieb.
Der Sexismus im Institut zeige sich genauso wie in allen anderen gesellschaftlichen Bereichen, sagte Tatjana von der Beek. Sie studiert in Hildesheim und ist Sprecherin der Gruppe "Solo". Es sei relativ schwierig, am Institut "auf differenzierte Weise über sexistische oder diskriminierende Inhalte zu sprechen". Diskussionen darüber würden oft vermieden oder unterbunden, so der Vorwurf der Studentin. Es gebe auch kaum Lehrende, die sich mit Sexismus befassen würden.
Ein weiterer Vorwurf: Obwohl der Großteil der Studierenden weiblich sei, sei der Anteil von Männern, der hier Karriere mache, deutlich höher.
Simon Roloff, Juniorprofessor in Hildesheim, räumte ein Missverhältnis zwischen Männern und Frauen bei den Lehrenden ein. Am Institut gebe es sechs Lehrende, davon seien fünf männlich, eine weiblich. Eine Gender-Parität gebe es am Institut also nicht, so Roloff. Durch die Debatte seien die Lehrenden nun zusätzlich im ihrem Willen bestärkt worden, den Anteil von Frauen bei den Lehrenden zu erhöhen.
Insgesamt bezeichnete Roloff die Atmosphäre am Institut trotz der Auseinandersetzungen als "konstruktiv". Wichtig sei auch, sich selbst für das Thema zu sensibilisieren.
Von der Beek erklärte, das Institut sei den Studierenden in der Debatte "ganz gut" entgegenkommen. Das Thema werde ernstgenommen, dennoch müsse man bedenken, dass Veränderungen Zeit bräuchten.
Im Literaturbetrieb besetzen Männer die Führungspositionen
In Hildesheim beträgt der Anteil von Frauen unter den Studierenden rund 80 Prozent. Auch der Literaturbetrieb werde mehrheitlich von Frauen besetzt, sagte Roloff. Das finde aber keinen Widerhall, wenn es um die wichtigen Positionen in den Betrieben gehe. Im Lektorat sind über 60 Prozent der Angestellten Frauen, aber nur 20 Prozent der Entscheiderpositionen sind weiblich besetzt. Insofern sei die Schreibstube "sozusagen ein Spiegel des Literaturbetriebs". Seine Hoffnung sei nun, dass sich das Institut weiterentwickle und auch in den Literaturbetrieb hineinwirke, betonte Roloff.