Nils Heisterhagen, Die liberale Illusion. Warum wir einen linken Realismus brauchen
Dietz Verlag 2019, 352 Seiten, 22 Euro.
Carlo Strenger, Diese verdammten liberalen Eliten. Wer sie sind und warum wir sie brauchen
Suhrkamp 2019, 171 Seiten, 16 Euro.
Auf der Suche nach dem neuen "Wir"
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Als "Einer unter Gleichen" fühlt sich der Sozialdemokrat und Buchautor Nils Heisterhagen. Für ihn ist der Begriff "Elite" keineswegs positiv besetzt, er sieht die Polarisierung der Gesellschaft mit Sorge. Eine Lösung sieht Heisterhagen in einem neuen "Wir".
Immer öfter erklingt Kritik an den liberalen Eliten. Sie hörten nicht zu und seien fern von der Lebenswirklichkeit vieler Menschen. Der Psychologe Carlo Strenger, Professor an der Universität Tel Aviv, hat das Buch "Diese verdammten liberalen Eliten" über diese Gruppe geschrieben. Er zählt sich selbst auch dazu – wie laut einer US-Studie übrigens über 90 Prozent der Sozial- und Geisteswissenschaftler – und sagt, die liberalen Eliten, seien weitaus besser als ihr Ruf. Ihr globales Denken helfe dabei, weltweite Probleme wie den Klimawandel zu lösen, sagte er im Deutschlandfunk Kultur. Allerdings müssten sie lernen, besser zuzuhören.
Lieber einer unter Gleichen
Aber es gibt auch andere Stimmen: Für den Sozialdemokraten und Buchautor Nils Heisterhagen ist der Begriff "Elite" keineswegs positiv besetzt. Auch wenn er vermutlich selbst zur politischen Elite gehöre, fühle er sich eher als Bürger, im "klassischen Sinne als Citoyen". Er versuche mit seinen Mitbürgern ins Gespräch zu kommen und verstehe sich als "Einer unter Gleichen", sagte der Autor des Buches "Die liberale Illusion" im Deutschlandfunk Kultur. Er beobachte eine Polarisierung in der Gesellschaft, bei der gesagt werde: "Wir hier und die da." Das werde von Rechtspopulisten betrieben, aber auch von Teilen der liberalen Eliten.
Keine Autobahn des Fortschritts
Heisterhagen sagte, er werfe den Eliten eine große Selbstzufriedenheit vor. Sie glaubten an eine Art "Autobahn des Fortschritts". Die politische Linke sei dagegen immer eine politische Kraft gewesen, die gewusst habe, dass Geschichte gestaltet werde, man dafür kämpfen müsse und dies anstrengend sei.
"Da sehe ich bei den sogenannten liberalen Eliten heute eine große Illusion, zu glauben, dass alles von alleine irgendwie gut wird." Der Meinungselite und der Wirtschaftselite fehle es auch an einem Blick für die "Klasse", die "Unterschicht" oder den "normalen Facharbeiter". Insofern hätten sie sich aus der Solidargesellschaft ein wenig verabschiedet. Als Sozialdemokrat laute sein Plädoyer deshalb, dass man zu einem neuen "Wir" kommen müsse.
(gem)