Lesben- und Schwulenverband kritisiert ARD
Tobias Zimmermann vom Lesben- und Schwulenverband (LSVD) kritisiert ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber für dessen Verteidigung des umstrittenen ESC-Kandidaten Xavier Naidoo. Die verbalen Entgleisungen des Sängers seien "nicht hinnehmbar".
Tobias Zimmermann vom Lesben- und Schwulenverband (LSVD) hat den ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber für dessen Verteidigung des umstrittenen Sängers und ESC-Kandidaten Xavier Naidoo kritisiert. Naidoo wird vorgeworfen, in Liedern gegen Juden und Homosexuelle zu hetzen. Die Entscheidung der ARD, ihn als Vertreter Deutschlands zum diesjährigen Eurovision Song Contest ESC zu entsenden, sorgte für heftige Debatten.
Schreibers Verteidigung Naidoos gegen den Vorwurf des Rechtsradikalismus und der Homophobie und seine Erklärung, der radikale Text des Liedes "Wo sind sie jetzt" sei offenbar darauf zurückzuführen, dass Naidoo als Acht- oder Neunjähriger "in die Hände eines pädophilen Mannes gefallen" sei, der Song drehe sich um Kindesmissbrauch und werde aus der Perspektive der "Rachefantasie eines inhaftierten und geschändeten Kindes" präsentiert, überzeuge ihn nicht, sagte Zimmermann im Deutschlandradio Kultur.
Die Trennung, die Schreiber zwischen dem Künstler und dem Bürger Naidoo vornehme, wenn er auf das Recht des Künstlers poche, in Rollen zu schlüpfen, sei speziell in diesem Fall problematisch, so Zimmermann: "Nicht wenn (...) die Begründung für das Ganze ist, dass er ja seine persönlichen Erfahrungen gemacht hat, das widerspricht sich ja von alleine."
"Dies als Entschuldigung zu nehmen für etwas, was in seiner Abartigkeit, in seiner unglaublich ausfallend-verbalen Art, das damit zu rechtfertigen (...) das kann man damit nicht begründen", kritisierte Zimmermann.
"Äußerst fahrlässige Gewaltfantasien"
In dem 2012 veröffentlichten Song würden "äußerst fahrlässigen Gewaltfantasien" ausgesprochen. Angesichts des auch jüngeren Publikums von Naidoo müsse sich dieser der Verantwortung bewusst sein, "was man anrichtet, wenn man solch einen Text veröffentlicht. (...) Wir leben in einer Welt, wo wir uns darüber unterhalten müssen, wie gehe ich gegen Homophobie, gegen Rassismus, gegen Islamfeindlichkeit und Antisemitismus vor. Und wenn das dann so öffentlich von einem Künstler das Ganze propagandiert wird, durch seine Musik, durch seine Macht und die Macht eine Musikers ist seine Musik, sein Text, das finde ich nicht in Ordnung, das als Begründung dann zu nehmen, als Entschuldigung für diese verbale Entgleisung nicht hinnehmbar."
Wie mit dem Recht auf künstlerische Freiheit umgehen?
Zimmermann begrüßte zwar grundsätzlich das Recht auf künstlerische Freiheit, die Frage sei aber vielmehr "wie gehe ich damit um, wie äußere ich mich auch? Ich finde die Macht der Worte, die ein Künstler hat, muss er auch verantwortungsvoll nutzen".
Begrüßenswert sei zwar, dass Naidoo 2014 die Petition an die Bundeskanzlerin für die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften unterzeichnet hat, wie er aber alles andere verantworten wolle, bleibe für ihn offen, kritisierte Zimmermann.
Auftritt vor rechtspopulistischen Reichsbürgern
Auch angesichts des Auftritts Naidoos 2014, der am Tag der Deutschen Einheit vor rechtspopulistischen Reichsbürgern sprach, die Deutschland nicht als souveränen Staat anerkennen, bezeichnete Zimmermann als fragwürdig: "Dann frage ich mich, ob er sich dessen bewusst ist, die Aufgabe, die er hat für unser Land unter anderem wenn man darüber redet, ihn zum Eurovision Song Contest zu senden, dann muss man sich fragen, ist sich dieser Künstler sich auch dieser Aufgabe bewusst? Und das empfinde ich bei ihm nicht so", sagte Zimmermann, der seit 2013 im Bundesvorstand des LSVD sitzt und sich auf die internationale Zusammenarbeit spezialisiert hat.