Warum braucht die Ukraine Waffen aus dem Ausland?
Der ukrainische Präsident Poroschenko fordert vom Westen Waffenlieferungen. Dabei hat das Land selber große Rüstungsschmieden. Dass diese die Streitkräfte nicht mit modernen Waffen versorgen, liegt auch am ukrainischen Verteidigungsministerium, wie mehrere Abgeordnete der Rada vermuten.
Die ukrainische politische Elite ist sich einig: Alle unterstützen Präsident Poroschenkos Bitte um Waffenlieferungen aus dem Ausland. Gemeint sind dabei nicht Panzer oder ähnliches, sondern moderne Funk- und Radartechnik, aber auch Panzerabwehr- sowie Luftabwehrraketen. Der ehemalige Feldkommandeur Andrii Teteruk diente zweimal mit der KFOR im Kosovo, jetzt ist er Abgeordneter in der Werchowna Rada.
"Das ist eine Frage, die uns mehr als alle besorgt. Sogenannte tödliche Waffen sind ungeheuer wichtig, wir brauchen dringend zusätzliche Unterstützung, um die russische Aggression abzuwehren."
Die amerikanische Diskussion über Waffenlieferungen an die Ukraine hat Begehrlichkeiten in Kiew ausgelöst. Deutschlands Zögern nimmt man nicht übel, allerdings hat es zu Fragen geführt, weshalb eigentlich die eigenen großen Rüstungsschmieden in Charkiw oder Dnipropetrowsk, die bislang zu den weltgrößten Waffenexportunternehmen gehörten, nicht in der Lage sind, das eigene Land in dieser existentiellen Bedrohung zu versorgen.
Hindernisse im Verteidigungsministerium
Hanna Gopko, eine der hoffnungsvollen Polittalente, von denen sich der Maidan viel mehr im neuen Parlament gewünscht hätte, erklärt sich die Unfähigkeit der eigenen Waffenschmieden so:
"Wir reden über Rüstungsbetriebe, die zu Sowjetzeiten berühmt waren. Aber die stehen vor dem Bankrott. Wir brauchen Investitionen in der Rüstungsindustrie und ein modernes Management. Auch bei solchen Betrieben wie dem Raketenbauer Juschmasch in Dnipropetrowsk."
Der Ex-Berufssoldat Teteruk hat die ukrainische Rüstungsindustrie noch nicht derart abgeschrieben. Doch warum wird die eigene Armee nicht mit - wenn auch veralteten - Waffen versorgt? Fragen, die er und andere Abgeordneten Vertretern des Verteidigungsministeriums in der Werchowna Rada stellten.
Diese Woche wird das Komitee für nationale Sicherheit und Verteidigung auch Minister Stepan Poltarak einvernehmen, der bereits der vierte Verteidigungsminister innerhalb eines Jahres ist. Es mehren sich Hinweise, dass in seinem Haus die größten Hindernisse liegen.
Illoyalität als eines der größten Probleme
Andrii Teteruk, der bis zu seiner Wahl ins Parlament Kommandeur des Freiwilligenbataillons "Mirotworez" war, kommt nach der Befragung der Ministerialvertreter zu dem Schluss, dass im Verteidigungsministerium selbst Sabotage betrieben wird.
"Wir haben den Vertretern des Verteidigungsministeriums die Fragen gestellt, welches Potential die Rüstungsindustrie hat, wie weit es ausgeschöpft ist und wann die Ukraine sich selbst versorgen kann. Bislang wurden die Waffen exportiert, nun werden sie hier gebraucht. Und das diese Umstellung nicht klappt, liegt an hochrangigen Offizieren im Ministerium, die ihre Pflichten nicht erfüllen.
Das Ministerium bestellt einfach nicht die dringend benötigten Waffen bei der Rüstungsindustrie. Was für ein Unsinn. Das ist Nonsens, Sabotage. Sie gehen ihren Interessen nach, ihren Geschäften, es ist Korruption."
Für die junge Parlamentarierin Hanna Gopko ist Illoyalität eines der größten Probleme der Ukraine.
"Wir sind mitten in einem Übergang. Unsere 23 Jahre Unabhängigkeit nutzten Russlands Geheimdienste für die Infiltration unsere Institutionen. Deswegen müssen alle Mitarbeiter überprüft werden, wer Teil der Fünften Kolonne ist, nicht nur im Verteidigungsministerium, auch in anderen staatlichen Behörden, wo ständig Entscheidungen blockiert werden. Nur so erfahren wir, wer als Agent des Kremls gegen unser Land arbeitet. Es sind viele, sie zu finden ist wichtig für das Überleben der Ukraine."
Erst letzte Woche hat der ukrainische Geheimdienst einen ranghohen Offizier des Generalstabes festgenommen, der Stellungen der ukrainischen Streitkräfte an Vertreter der sogenannten Volksrepublik verraten hat.