Booster: Im Kampf gegen die Vierte Welle" [AUDIO]
Vor allem ältere Menschen und Risikogruppen sollten sich jetzt um eine Auffrischung ihrer Corona-Impfung bemühen, sagt Wissenschaftsredakteur Martin Mair.
Debatte um Booster-Impfungen
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat mit seinem Vorstoß für Booster-Impfungen eine Kontroverse ausgelöst. © imago images / NurPhoto / Sebastian Barros
"Nach sechs Monaten sind 85 Prozent der Antikörper verschwunden"
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Die Menge der Antikörper nach einer Corona-Impfung nimmt offenbar schneller ab als zunächst angenommen, so der Immunologe Reinhold Förster. Booster-Impfungen für alle hält er deshalb für sinnvoll. Allerdings nicht in beliebiger Reihenfolge.
Die vierte Coronawelle rollt: Die Neuinfektionen steigen rasant, die Sieben-Tages-Inzidenz liegt bei 154,8 (Stand 1.11., 3 Uhr). Angesichts dieser Entwicklung fordert der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Booster-Impfungen für alle. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt dagegen bisher nur eine Auffrischungsimpfung für die Altersgruppe Ü70 und für spezielle Gruppen. Auch Ärztevertreter mahnen eher zur Zurückhaltung. Was also tun – sich ein drittes Mal impfen lassen oder nicht?
Im Prinzip ja. Aus fachlicher Sicht sei eine dritte Impfung sinnvoll, sagt der Leiter des Instituts für Immunologie an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), Reinhold Förster. So habe Israel mit Booster-Impfungen für alle die drohende nächste Welle "komplett eingefangen".
Allerdings kommt es Förster zufolge dabei durchaus auch auf die Reihenfolge an, in der die Booster-Impfungen verabreicht werden. So seien aus den Risikogruppen bisher zu wenige Menschen ein drittes Mal geimpft worden. Die Empfehlung der STIKO, mit den besonders gefährdeten Gruppen zu beginnen, hält der Immunologe insofern für "vollkommen richtig". Doch im Gegensatz zur STIKO würde Förster die Gruppe der zu boostenden weiter fassen: "Es spricht auch nichts dagegen, jetzt die über 60-Jährigen, vielleicht auch die über 50-Jährigen zu impfen."
Generell zeigt sich dem Immunologen zufolge, dass die Menge der Antikörper sehr schnell abnimmt: So habe gerade eine Studie der Medizinischen Hochschule Hannover ergeben, dass bei Menschen, die vor sechs Monaten ihre Zweitimpfung mit Biontech hatten, bereits 85 Prozent der Antikörper verschwunden seien. "Von daher ist die Gefahr schon reell, dass zumindest die, die ein höheres Risiko haben, sich auch wieder infizieren und auch wieder erkranken."
Allerdings: Für den Einzelnen sei der Zeitpunkt, an dem eine Booster-Impfung notwendig wird, nicht ohne großen Aufwand identifizierbar, sagt Förster. Denn nicht allein die Reaktion auf den Impfstoff bestimme, ob sich jemand infiziert, es gibt noch andere Faktoren. "Man hat mittlerweile gelernt, dass das sogenannte angeborene Immunsystem insbesondere bei Kindern dafür zuständig ist, dass Kinder in der Regel nicht schwer erkranken. Und auf der anderen Seite ist natürlich auch die Menge und die Viruslast, der der Einzelne ausgesetzt ist, dafür entscheidend, ob es zu einer Reinfektion kommt."
Ja, denn, so Förster, der Impfstoff ist sicher. "In Israel hat sich gezeigt, dass bei 3,5 Millionen Menschen, die diese Booster-Impfung bekommen haben, es bei zehn Impflingen zu Herzmuskelentzündungen gekommen ist", betont er. "Von daher ist die Idee, zu sagen, wir bieten jetzt allen eine dritte Impfung, eine Boosterimpfung an, schon richtig, weil wir sonst diese Pandemie in diesem Winter wahrscheinlich nicht in den Griff kriegen werden."
Nein, sagt der Immunologe. Für die dritte Impfung seien ohnehin nur die Impfstoffe von Biontech und Moderna zugelassen. "Und es gibt hier momentan keine Anhaltspunkte, dass das einen Unterschied machen würde, ob man nach Biontech mit Moderna geimpft wird oder umgekehrt."