"Lewitscharoff wusste, was sie tat"
Der Chefdramaturg des Staatsschauspiels Dresden, Robert Koall, kritisiert eine Rede der Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff gegen künstliche Befruchtung.
Spätestens im zweiten Teil ihrer im Staatsschauspiel Dresden ihrer gehaltenen Rede sei klar geworden, dass Frau Lewitscharoff die Grenzen des guten Geschmacks unterschreite, sagte Koall im Deutschlandradio Kultur. "Ich weigere mich zu glauben, dass sie sich ihrer Wortwahl nicht exakt bewusst war. Sie ist eine Frau des Worts und sie weiß, dass wenn in ein und der selben Rede vom Leben, vom Tod, von Abscheu, von Widerwart, von Halbwesen die Rede ist und man dann mal eben nach Lebensborn abbiegt – dann weiß sie, was sie da tut."
Den offenen Brief an die Schriftstellerin habe er geschrieben, weil er sich über sich selbst geärgert habe, sagte Koall. Er sei nicht "genug kalten Blutes" gewesen, in den Schlussapplaus hinein auf die Bühne zu gehen und eine öffentliche Auseinandersetzung zu verlangen: "Ich habe die Kaltblütigkeit in dem Moment nicht besessen."
Sibylle Lewitscharoff hatte ihre Rede "Von der Machbarkeit. Die wissenschaftliche Bestimmung über Geburt und Tod" am 2. März im Staatsschauspiel Dresden gehalten.
Weil seine Wut groß gewesen sei, habe Koall sich veranlasst gesehen, in der Form des offenen Briefes zu reagieren: "Auf einer Theaterbühne darf alles der Fall sein, was auch in der Welt der Fall ist. Aber wenn jemand öffentlich auf unserer Bühne steht und Thesen vertritt – vor allen Dingen in einem Sprachduktus und mit einer Sprachwahl vertritt, die die Grenze des Justiziablen ankratzen und wenn auch dort die Würde des Menschen angetastet wird – dann kann das nicht unwidersprochen bleiben."
Das vollständige Interview mit Robert Koall können Sie in unserem Audio-on-Demand-Angebot hören.