Muhterem Aras und Hermann Bausinger: "Heimat. Kann die weg? Ein Gespräch"
Klöpfer/ Narr, Tübingen 2019
150 Seiten, 20 Euro
Ein Begriff zwischen Tradition und Kampf
15:44 Minuten
Hermann Bausinger und Muhterem Aras haben sich intensiv mit Heimat auseinandergesetzt. Nun ist ihr Buch dazu erschienen: "Heimat. Kann die weg?". Mit Christian Rabhansl diskutieren sie darüber, warum der Begriff gerade in Deutschland so schwierig ist.
Kaum ein Begriff kann so zuverlässig die Gemüter erhitzen wie der Begriff "Heimat". Ist das ein rechter Kampfbegriff heimattreuer Neonazis, also in Tradition der Nationalsozialisten? Oder ist die Tradition eine der, naja, eben Tradition, heimelig und wärmend? Was sagt uns heute die Heimat noch, jenseits von Heimatfilm, Heimatmuseum und Heimatministerium? Oder, etwas flapsig zugespitzt: Heimat, kann die weg?
So heißt ein Buch, das am Montag herauskommt. Ein Gesprächsband, das ein 150-Seiten-Gespräch ist zwischen Prof. Hermann Bausinger, emeritiertem Kulturwissenschaftler und schwäbischer Heimatforscher, und der ebenfalls schwäbischen Politikerin Muhterem Aras, bundesweit bekannt geworden spätestens als sie vor drei Jahren in Baden-Württemberg Deutschlands erste muslimische Landtagspräsidentin geworden ist.
Bewusst provokant gewählte Frage
"Natürlich nicht!" sagt Aras auf die Frage, ob Heimat wegkönne. Die Frage sei bewusst provokant gewählt, um eine Debatte anzuregen, gibt sie zu: "Wer sind wir, wer gehört dazu, was hält unsere Gesellschaft zusammen?" Ihre Heimat sei Stuttgart, Baden-Württemberg, Deutschland, sagt sie. Die Türkei seien vor allem Kindheitsprägungen für sie. Mit der Annahme des deutschen Passes sei die deutsche Geschichte ihre eigene Geschichte geworden.
Man denke ja nicht ständig darüber nach, ob man in einer Heimat lebe oder nicht, gibt Bausinger zu bedenken. Es handle sich um eine Gefühlsebene, meint er. Bei "Heimat" ginge es "nicht zuletzt um Selbstverständlichkeiten". Heimatgefühl käme am deutlichsten beim "Heimweh" zum Ausdruck, meint er. Und man könne mehrere Heimaten haben, ist er überzeugt. Diesen Plural habe es "früher nicht gegeben – inzwischen steht er im Duden."
(inh)