Kritik jüdischer Verbände an Ruhrtriennale
Die Ruhrtriennale hatte eine Band eingeladen, die die Israel-Boykott-Bewegung BDS unterstützt. Nun soll es statt des Konzerts eine Diskussion geben. Abraham Lehrer von der Synagogen-Gemeinde Köln kritisiert die Zusammensetzung des Podiums.
Das Kultur-Festival Ruhrtriennale steht weiterhin in der Kritik. Erst wurde im Juni die schottische Band "Young Fathers" ein-, aus- und wieder eingeladen. Hintergrund: die Band soll die als antisemitisch kritisierte Israel-Boykott-Bewegung BDS (Boycott – Divestment – Sanctions) unterstützen.
Die Band lehnte schließlich die Wiedereinladung ab, nun soll statt des Konzerts am 15. August eine Podiumsdiskussion stattfinden. "Dabei geht es auch um Sinn und Legitimation von Boykott-Strategien im Bereich der Kultur", heißt es im Programm der Ruhrtriennale.
Die vier Landesverbände der Jüdischen Gemeine in Nordrhein-Westfalen kritisieren nun die Auswahl der Teilnehmer an der Diskussion zum Thema "Freiheit der Künste". Es fehle ein "Vertreter der jüdischen Gemeinschaft", lautet der Vorwurf im offenen Brief an Intendantin Stefanie Carp.
Verfasst haben den Brief jüdische Verbände aus Nordrhein-Westfalen, unter anderen der Vorstand der Synagogen-Gemeinde Köln. Dessen Mitglied Abraham Lehrer kritisiert im Deutschlandfunk Kultur, das Podium sei nicht ausgewogen besetzt.
"Keine Gegner von BDS auf diesem Podium"
Zwar sollten mit dem belgischen Choreografen Alain Platel und dem Komponisten und Musiker Elliot Sharp zwei Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft auf dem Podium sitzen, diese unterstützten aber die BDS-Bewegung, sagte Lehrer. "Und unserer Meinung nach wird es keinen Gegner von BDS auf diesem Podium geben."
Die Unterzeichner des offenen Briefes, so Lehrer, bemängelten, "dass die jüdische Stimme, die pro-israelische jüdische Stimme auf dem Podium viel zu wenig vertreten ist".
Neben den beiden Künstlern Platel und Sharp sei auf dem Podium noch Intendantin Carp und die nordrein-westfälische Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Pönsgen – der er für ihre Position danke, die klar Stellung bezogen habe.
"Nur das ist dann ein Verhältnis von drei zu eins – ob das eine ausgewogene Zusammensetzung ist, wenn ein Verhältnis von drei zu eins existiert, da wage ich große Zweifel anzumelden."
Lehrer rechnet damit die Ruhrtriennale-Intendantin den BDS-Unterstützern zu. Auf den Einwurf, Carp habe sich nie BDS-nahstehend geäußert, sagt Lehrer:
"Sie hat gesagt, dass diese Position legitim sei, und dass sie ein Anrecht darauf habe, diese Position auch während der Ruhrtriennale zu präsentieren. Da muss ich Ihnen sagen, dass ist für mich eine Unterstützung von BDS."
Absage der Botschaft Israels
Lehrer wollte die Absage der angefragten Botschaft Israels nicht kritisieren. Generell verträten die Botschaften Israels den Standpunkt, mit BDS-Befürwortern setze man sich nicht an einen Tisch. Er betont, von den vier Landesverbänden sei keiner von der Ruhrtriennale und Stefanie Carp angefragt worden. Der wohl angesprochene Zentralrat der Juden habe sich noch nicht geäußert.
"Dass jetzt bei der Gestaltung der Podiumsdiskussion bei keinem der vier Landesverbände ein Fingerzeig von der Ruhrtriennale eingegangen ist, dass sie mit uns ins Gespräch kommen möchte, wie man dieses Podium gestalten sollte, ist, glaube ich, ein klares Signal, dass sie kein Interesse an der Zusammenarbeit mit den jüdischen Landesverbänden aus NRW hat."
Lehrer macht den Vorschlag, den Autor, Schauspieler, Moderator und Regisseur Gerd Buurmann zu der Diskussionsrunde einzuladen: "Dann hätte die pro-jüdische Stimme einen guten und starken Vertreter dort auf dem Podium", sagt Lehrer.
"Aber zu sagen, es müssen alles nur Menschen sein, oder Schaffende sein, die irgendwie, irgendwo mit der Ruhrtriennale in Verbindung stehen – das ist ein vorgeschobenes Feigenblatt, was nur dazu dient, dass wir nur die Pro-BDS-Leute dort haben – und die Anti-BDS-Menschen leider ausgeschlossen werden."
(mf)