Debatte um NPD-Verbot

Von Gudula Geuther |
Die Frage nach einem Verbot der NPD stellt sich heute anders als noch vor fünf Jahren. Nach dem gescheiterten Verbotsantrag hat die Partei nicht nur mehr Zulauf. Sie agiert auch dreister und offener, gerade im Bewusstsein der Hürden, die die Verfassungsrichter aufgestellt haben. Und wie damals vor dem Verfahren ist es mehr als verständlich, wenn viele meinen, dass die Demokratie das Zeichen setzen muss, dass solche Formen des Rechtsextremismus und der Fremdenfeindlichkeit in ihr keinen Platz haben. Zumal eine nicht verbotene Partei wie alle anderen Anspruch auf Steuergelder hat.
Anders als vor fünf Jahren haben sich aber auch die Bedenken der damaligen demokratischen Gegner eines Verfahrens bewahrheitet: Für die NPD-Agitatoren, die sich an diejenigen wenden, die ohnehin der bundesdeutschen Demokratie skeptisch bis ablehnend gegenüber stehen, gibt es kaum bessere Publicity.

Schon bevor das Verfahren scheiterte, wuchs das Interesse an der Partei im Rampenlicht. Das Scheitern von Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung vor Gericht dürfte zum später gewachsenen Erfolg einiges beigetragen haben. Und wie damals ist offen, was ein Verbot bewirken würde: ob sich dieselben Personen nicht neue parteipolitische Kanäle suchen würden und das Sympathisantenfeld schwerer im Blick zu behalten wäre.

Es gibt also durchaus Gründe, jetzt erneut über ein NPD-Verbot zu diskutieren. Die Ebene, auf der die Debatte zum Teil tatsächlich geführt wird, wird dem aber nicht gerecht. Nicht nur, weil das Thema reflexhaft und berechenbar nach fremdenfeindlichen Übergriffen auftaucht, um dann ebenso berechenbar wieder in der Versenkung zu verschwinden.

Da sagt ein Innenminister, man brauche V-Leute in der Partei, was nach den Vorgaben aus dem letzten Verfahren auch einen neuen Anlauf zum Scheitern verurteilen würde. Der andere meint, auf die Zuträger - zumal aus der Führungsriege - könne man gut verzichten. Ein solcher öffentlicher Meinungsaustausch bringt wenig, außer Aufmerksamkeit für die NPD. Da die Öffentlichkeit - mit guten Gründen - ohnehin nicht beurteilen kann, welcher Verfassungsschutz in welchen Gremien horcht und was das bringt.

Wenn dann auch noch ein SPD-Vorsitzender auf die Idee kommt, diese V-Leute sollten nicht mehr als agent provocateur auftreten, wird die Debatte zur Farce. Man kann hoffentlich aber auch recht sicher annehmen, dass sich Kurt Beck nur nicht ausreichend informiert hat. Denn es wäre ja noch schöner, wenn - wie eine solche Aussage unterstellt - Agitatoren von staatlichen Stellen auch noch ermutigt würden, Rechtsextremismus in der NPD anzuheizen. Wer so unüberlegt daherschwadroniert, trägt inhaltlich nichts zur Debatte bei. Sondern nützt wieder höchstens der NPD, im Gespräch zu bleiben.

Vor dem Hintergrund beteiligt sich zwar einerseits die Bundesregierung an eben der Diskussion, indem sie die V-Leute für unentbehrlich erklärt - und das möglicherweise sogar in der Führungsriege. In der Frage des Verbots aber ist ihre Haltung derzeit die einzig mögliche: Bis wir nicht wissen, welche Erfolgsaussichten ein solches Verfahren hätte, gibt es keinen Anlass, konkret über einen neuen Antrag nachzudenken.

Die Bundesregierung ist nicht das einzige Verfassungsorgan, das einen solchen Antrag stellen könnte. Aber auch die anderen wären gut beraten, wenn sie zuerst intern klären würden, wie sie es derzeit mit V-Leuten halten, wie sie es in Zukunft zu halten gedenken. Und dann die Debatte nur führen, wenn sie sie auch zu Ende bringen wollen. W e n n sie denn schon sicher sind, dass ein Verbot sinnvoll ist.