Debatte um Probleme mit Polizeischülern

"Heute sind es die Migranten, früher waren es die Frauen"

Polizisten stehen vor der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule in Berlin.
Polizisten in Berlin © dpa / picture alliance / Paul Zinken
Rafael Behr im Gespräch mit Ute Welty |
Ausbilder der Berliner Polizei haben eine Debatte über die mangelnde Eignung vieler Polizeischüler in die Öffentlichkeit getragen. Rafael Behr von der Akademie der Polizei in Hamburg glaubt, dass dabei "AfD-Sprache" mitschwinge.
In der Berliner Polizei sind Vorwürfe der Disziplinlosigkeit gegen Auszubildende laut geworden. Die Rede ist von Gewalt, Hass und Lernverweigerung unter Schülern der Berliner Polizeiakademie. Auch um die Sprachkenntnisse sei es schlecht bestellt, nicht zuletzt weil rund 40 Prozent der Polizeischüler einen Migrationshintergrund hätten.
Diese Debatte kritisierte Rafael Behr, Professor für Polizeiwissenschaften an der Akademie der Polizei in Hamburg, im Deutschlandfunk Kultur. Er sprach von "Anpassungs- oder Modernisierungswiderständen" innerhalb der Berliner Polizei. "Das sind polizeiinterne Geschichten, die da konflikthaft verhandelt werden", meinte er. Solche Konflikte im Sozialisationsprozess – im Hineinwachsen in die Polizei – gebe es in jeder Generation:
"Heute sind es die Migranten, früher waren es die Frauen in der Polizei. Das ist immer sozusagen Thema von denjenigen, die eher fürs Bewahren stehen und für die Tradition, und denjenigen, die sagen: Wir schneiden mal alte Zöpfe ab und gehen mal neue Wege."

"Problem mit Pegida-Sprache und mit AfD-Sprache"

Gehäuft träten solche Konflikte mit Bewerbern allerdings in denjenigen Bundesländern auf, in denen es den so genannten mittleren Dienst – "eine etwas weniger stark angesehene Stufe" – noch gebe, so etwa in Berlin. Doch die Debatte deute auch darauf hin, "dass die Berliner Polizei nun auch ein Problem mit Pegida-Sprache und mit AfD-Sprache hat". Als Beispiel für diese These nannte Behr Begriffe wie "Unterwanderung", "Überschwemmung" oder "Auflösung der guten Sitten", die in der Debatte eine Rolle spielten.
Wenn die Polizeiführung glaube, dass mehr Migranten die Gesellschaft besser abbilden würden, dann sei eben "auf der Ausführungsebene natürlich auch damit zu rechnen, dass diese Gesellschaft auch Mitglieder hat, die nicht dem Ideal der Polizei entsprechen", sagte Behr.
Er fürchte, dass sich hier eine Stimmung breitmache, die sich "gegen Ausländer und gegen Integration und gegen Diversität und gegen kulturelle Vielfalt" richte.

"Ein Diebstahl macht noch keinen schlechten Menschen"

Der ideale Polizist oder die ideale Polizistin sei schwer zu definieren sei, meinte Behr – auch wegen der sehr verschiedenen Aufgaben in der Polizei, die im Alltag sehr bürgernah sein könnten und bis hin zu Großlagen reichten, wie etwa dem G20-Gipfel, die eine "militärische Komponente" hätten.
Im Hinblick auf die Einstellungsvoraussetzungen der Polizei sagte Rafael Behr: "Kleinere, jugendspezifische Straftaten werden zum Beispiel heute schon toleriert, weil man eben merkt, dass nicht alle Jugendlichen ganz ungeschoren am Strafgesetzbuch vorbeikommen, bevor sie sich zur Polizei melden. Und dagegen rebellieren dann auch Teile in der Polizei, weil sie glauben, ein junger Mensch müsste völlig – in Anführungsstrichen – sauber und unschuldig in die Polizei hinein. Und wenn sie die aussortieren, haben sie natürlich schon mal eine große Gruppe von Menschen, die keine Chancen hat."
Er selbst sei der Ansicht: "Ein Diebstahl oder eine Körperverletzung auf dem Schulhof macht noch keinen schlechten Menschen." (huc)
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