Debatte um Ramelows Thüringen-Plan

Corona-Regeln aufheben − eine gute Idee?

08:58 Minuten
Bodo Ramelow (Linke), Thüringens Ministerpräsident
„Keine Verbote, sondern Gebote“: Ministerpräsident Bodo Ramelow will manche Corona-Regeln lockern, andere verschärfen. © Michael Reichel/dpa-ZB
Susanne Hennig-Welsow und Bernhard Stengele im Gespräch mit Nicole Dittmer |
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Mit seinem Vorstoß, Schutzmaßnahmen aufzuheben, ist Thüringens Landeschef Bodo Ramelow auf Kritik gestoßen. Die linke Fraktionsvorsitzende im Landtag verteidigt die Pläne. Der grüne Landesvorsitzende kritisiert die Art der Kommunikation.
Am 6. Juni sollen in Thüringen landesweite Kontaktbeschränkungen zum Schutz vor dem Coronavirus aufgehoben werden. Das hat Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) angekündigt. Er will seinen Vorschlag am 26. Mai dem Kabinett vorstellen. "Keine Verbote, sondern Gebote", lautet das Motto, mit dem an mehr Eigenverantwortlichkeit appelliert werden soll. Dafür sollen lokale Maßnahmen ergriffen werden, wenn Infektionszahlen steigen. Der Grenzwert wird dafür von 50 auf 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen gesenkt.
Für den Vorstoß gab es unter anderem Kritik von Bundesgesundheitsminiser Jens Spahn (CDU) und aus anderen Ländern. Die Landes- und Fraktionsvorsitzende der Linken in Thüringen, Susanne Hennig-Welsow, verteidigte im Deutschlandfunk Kultur den Vorschlag: "Wir müssen als Politiker jede Einschränkung begründen." Angesichts der wenigen Infektionsfälle in Thüringen lasse sich das mit einer Pandemie nicht begründen, betonte sie. "Deshalb ist es richtig, eine gewisse Normalisierung auf den Weg zu bringen."
Hennig-Welsow sagte, dass Regeln wie Mundschutzpflicht und Abstandhalten auch weiter bestehen würden. Zudem sollten manche Maßnahmen sogar verschärft werden − etwa das Senken des Grenzwertes. Es werde eine Task Force geben, um bei Bedarf regional eingreifen zu können. "Das ist die Chance, im ländlichen Thüringen Politik in den Regionen machen zu können."

Kritik an Kommunikation

Bernhard Stengele, Landesvorsitzender der Grünen, plädierte im Deutschlandfunk Kultur dagegen für Maßnahmen, die für das ganze Land gelten. Außerdem sei es nach seiner Einschätzung zu früh, eine solch "radikale Wende" anzukündigen. Man hätte es zunächst intern besprechen müssen, damit es "enthysterisiert" werde. Da Verhalten erlernt werden müsse und Maßnahmen nur mit Verzögerung wirksam seien, sei es nicht hilfreich, wenn von einem Tag auf den anderen die Regeln geändert würden.
"Es geht vor allem darum, den Leuten ein Gefühl der Sicherheit, der Verlässlichkeit und der Stetigkeit zu vermitteln", sagte Stengele. Man solle es besser ein "konsequentes Fortführen" nennen. So sei der falsche Eindruck eines Überbietungswettberwebs entstanden, der die Menschen verunsichere.
(leg)
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