Debatte um Vier-Tage-Woche

Weniger Arbeit macht doch nicht glücklich!

02:49 Minuten
Kfz-Mechaniker an der offener Motorhaube eines Autos .
Die Linken-Politikerin Katja Kipping hat mit ihrer Forderung nach einer Vier-Tage-Woche eine Debatte ausgelöst. © picture-alliance/StockK4B/VisualEyze
Von Michael Watzke |
Audio herunterladen
Wer Arbeit generell als Last empfinde, für den sei eine Ein-Tage-Woche schon zu viel, meint der Journalist Michael Watzke. Da helfe dann eher ein Jobwechsel. Eine Vier-Tage-Woche auf Kosten des Steuerzahlers lehnt er ab.
Wie kommt Katja Kipping darauf, dass eine Vier-Tage-Woche "gesünder und produktiver" macht? Sollte die Chefin der Linkspartei in Zukunft tatsächlich nur noch an vier von sieben Tagen arbeiten und erreichbar sein, wird sie ihren Job sicher nicht produktiver ausüben als bisher. Nach der Kipping-Logik müssten Menschen, die nur einen Tag pro Woche arbeiten, am produktivsten sein, weil sie sich am längsten von der Arbeit erholen können.
Produktivität entsteht aber nicht durch immer längere Pausen, sondern durch die richtige Balance, den richtigen Arbeitsrhythmus. Wer den nicht findet, ist langfristig unproduktiv, egal ob an vier, fünf oder sieben Wochentagen.

Arbeit gesund gestalten

Weniger Arbeit macht nicht per se gesünder, wie Kipping behauptet. Gesundheit hat nichts mit vier oder fünf Tagen Arbeit pro Woche zu tun, sondern damit, wie man arbeitet. Wie man seinen Arbeitsplatz und seine Arbeitssituation gestaltet. Darauf sollte die Linken-Chefin ihr Augenmerk richten, nicht auf eine Vier-Tage-Woche.
Mag sein, dass manche Menschen glücklicher sind, wenn sie weniger arbeiten, wie Katja Kipping sagt. Wer Arbeit generell als Last empfindet, für den ist auch eine Ein-Tage-Woche noch zu viel. Da hilft dann eher ein Jobwechsel oder – wenn das nicht möglich ist – ein Leben mit weniger Arbeit und weniger Einkommen.

Die Kurzarbeit ist schon teuer

Wieso soll die Allgemeinheit eine Vier-Tage-Woche bezahlen? Die Steuerzahler – also wir alle – müssen in diesem Corona-Jahr schon die Kurzarbeit finanzieren. Das wird allein 2020 rund 30 Milliarden Euro kosten: Gut investiertes Geld für Menschen, die gerade nicht Vollzeit arbeiten können, obwohl sie gern würden. Durch die Kurzarbeit behalten sie ihren Job und können durchstarten, wenn die Pandemie hoffentlich bald überstanden ist. In dieser Situation eine Vier-Tage-Woche zu fordern, klingt für Menschen, die gern arbeiten, wie Hohn.
Kipping hat in ihrer Rechnung die Rente vergessen. Wer finanziert die Lücke in der Altersversorgung, wenn wir nur noch vier Tage arbeiten? Wiederum die Allgemeinheit? Die Linkspartei sollte sich lieber dafür einsetzen, dass wir in der schönen, neuen Arbeitswelt nicht ständig auf unser Handy schauen und erreichbar sein müssen – auch abends um zehn Uhr und sonntagfrüh. Das ist ein größeres Problem als die Fünf-Tage-Woche.
Mehr zum Thema