Debattenkultur im Bundestag

"Schäuble ist ein wahnsinnig kluger politischer Kopf"

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) spricht (20.10) während der Bundestagsdebatte über die Beteiligung des Bundes an den Kosten für die Integration der Flüchtlinge.
Wolfgang Schäuble sei ein Garant für eine gute Debattenkultur im Bundestag, sagt Studiogast Andreas Rosenfelder. © dpa picture alliance /Wolfgang Kumm
Andreas Rosenfelder im Gespräch mit Korbinian Frenzel |
Rechtspopulisten im Bundestag - was bedeutet das für die die Debattenkultur? Sie werde auf jeden Fall lebendiger, glaubt Kulturjournalist Andreas Rosenfelder. Wolfgang Schäuble könnte als möglicher Bundestagspräsident einen rhetorisch klugen Gegenpol bilden.
Welchen Politikertypus und welche Debattenkultur braucht die Demokratie? Sind erfahrene Recken und strenge Zuchtmeister im Bundestag wie der voraussichtlich künftige Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble zum Großmeister des Parlamentarismus berufen? Das fragten wir unseren Studiogast, den Kulturjournalisten Andreas Rosenfelder. Seine Antwort:
"Das ist vielleicht ein bisschen dick aufgetragen." Aber in der Tendenz könne man das so sagen, meinte Rosenfelder. Ob man Schäuble - so lautete eine andere Frage - auch als eine Art Drachentöter wider die Rechtspopulisten bezeichnen könne, bezweifelt Rosenfelder allerdings. Denn dieser Begriff ziele ja darauf, den Gegner zu beseitigen. Doch darum könne es nicht gehen - "das Phantasma eines Sieges über die Rechten sei Teil des Problems".

Besser und klüger auftreten als die AfD

Vielmehr müsse nun daran gearbeitet werden, in jedem Fall besser und klüger als die AfD-Abgeordneten im Bundestag aufzutreten und zu reden. Sich mit der Rhetorik der AfD auseinanderzusetzen, könne den Parlamentarismus durchaus beleben. Aber: Auch wenn die misslungenen Metaphern und die mitunter schiefe Sprache eines Björn Höcke unfreiwillig komisch wirkten und für Unterhaltung sorgten, sei es eine ernst zu nehmende Aufgabe, bei Bundestagsdebatten dagegen zu halten.
Der Feuilletonchef der Welt, Andreas Rosenfelder, zu Besuch bei Deutschlandfunk Kultur
Der Feuilletonchef der Tageszeitung "Die Welt", Andreas Rosenfelder, zu Besuch bei Deutschlandfunk Kultur© Thomas Groh / Deutschlandradio
Schäuble sei für diese Aufgabe sehr gut geeignet. Der CDU-Politiker sei "ein wahnsinnig kluger politischer Kopf. Ich glaube, damit hat man eine Instanz, die das leisten kann." Schäuble könne zwar "unglaublich giftig sein - aber auf eine kühle, rationale, schwäbisch-protestantische Weise, wo immer auch die politische Vernunft mitspricht, wenn er sich artikuliert. Er ist kein reiner Polemiker".

Grundvertrauen in Kohl und Merkel

"Mit jemandem wie Martin Schulz, der ja im Europaparlament doch dann eher mal auf die Pauke gehauen hat und öfter auch Leute rausgeschmissen hat und selbst auch auf das Niveau der Stammtisch-Streitigkeit runtergegangen ist, hätte ich eher Bedenken".
Mit Blick auf Österreich sagte Rosenfelder aus aktuellem Anlass: Deutschland und Österreich hätten unterschiedliche politische Kulturen entwickelt - dazu müsse man nur einmal die Werke des österreichischen Autors Thomas Bernhard lesen.
Deutschland hingegen sie in den zurückliegenden Jahrzehnten durch Kanzler wie Helmut Kohl und Angela Merkel geprägt worden. Diese hätten den Bürgern ein Grundvertrauen eingeflößt, dass das politische Geschehen "zumindest nicht in die Katastrophe abgleiten" werde. Weimarer Verhältnisse würden im deutschen Parlament sicherlich nicht wieder einkehren.
(mkn)

Die komplette Sendung mit Andreas Rosenfelder hören Sie hier:
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