Eugene Delacroix & Paul Delaroche - Geschichte als Sensation
Ausstellung im Museum der bildenden Künste Leipzig
11. Oktober 2015 bis 17. Januar 2016
Hofmaler der geköpften Majestäten
Eugene Delacroix (1798–1863) und sein Zeitgenosse Paul Delaroche (1797–1856) zählten zu ihrer Zeit zu den bedeutenden Historienmaler, die ausgewählte geschichtliche Ereignisse in großformatigen Bildern festhielten. Erstmals sind ihre Werke zusammen in einer Ausstellung zu sehen.
Die beiden kleinen Neffen Richard III. sitzen ängstlich auf ihrem Bett und lesen im Stundenbuch. Der Betrachter weiß, dass ihre letzte Stunde gekommen ist. Die Mörder kündigen sich schon an, mit ihren Schatten, die durch den erleuchteten Türspalt zu sehen sind.
Der englische Königsmörder Oliver Cromwell schaut sich den Leichnam Karls I. noch einmal genau im Sarg an: Es sind die düsteren, wegweisenden Momente der Geschichte, die die beiden französischen Maler Eugène Delacroix und Paul Delaroche Anfang des 19. Jahrhunderts auf die Leinwand brachten und damit große Triumphe in Paris feierten.
Dort hatte man gerade mit der französischen Revolution erlebt, wie Könige stürzen, dass die Geschichte einfach zuschlagen kann. Das musste die Volksseele verarbeiten und schrie nach Künstlern, die sich der Geschichtsaufarbeitung, wie wir heute sagen würden, annahmen.
Die neue Schau im Leipziger Museum der bildenden Künste stellt rund 40 Gemälde und zahlreiche Zeichnungen von Delacroix und Delaroche aus; an großen Werken mehr Delaroche als Delacroix. Jan Nicolaisen, der Kurator:
"Delacroix ist der freiere Interpret von Themen und Motiven aus der Geschichte, während Delaroche versucht, möglichst faktengetreu, fast wie jemand, der eine Chronik schreibt, das durch einen plausiblen Realismus zu vergegenwärtigen, die Geschichte."
Noch nie wurden die beiden zusammen ausgestellt
Die Leipziger Sonderschau kann auf den Superlativ verweisen, dass Delacroix und Delaroche noch nie zusammen ausgestellt wurden. Obwohl beide Meister ihres Fachs, sind sie zudem in Deutschland eher unbekannt. Mancher kennt jedoch das Bild "Die Freiheit führt das Volk" von Delacroix, das die Marianne auf der Barrikade zeigt, neben ihr einen Jungen, der Victor Hugo später zu "Gavroche" inspirierte.
Die Ausstellung in Leipzig ist ein Mammutprojekt, Leihgaben kommen aus dem Louvre oder aus Versailles. Im Vorfeld hat man mit französischen Kunsthistorikern konferiert, auch für sie ist die Gegenüberstellung der beiden Maler eine Neuheit. Das Institut für Kunstgeschichte der Uni Leipzig hat Konzept und Katalog der Ausstellung mit erarbeitet.
So ganz erschließt sich ein Leipzig-Bezug der Sonderschau zwar nicht, die Bilder sind jedoch großartig! Deutschland hat ja nur wenige bekannte Historienmaler, Adolf von Menzel ist wohl der bedeutendste.
Jan Nicolaisen: "Die Franzosen freuen sich natürlich und sind auch daran interessiert, dass ein deutsches, ein mittelgroßes Kunstmuseum, sich interessiert für die französische Malerei dieser Zeit, und auch, neben Delacroix, der natürlich so eine Art Nationalheiliger in Frankreich ist, auch für so einen Maler wie Delaroche."
Barolo heißt die Farbe, in der das Bildermuseum große Teile der Wände hat streichen lassen, die nun wunderbar mit den gewaltigen goldenen Rahmen und ihren dramatischen Inhalten korrespondieren.
Delacroix interpretiert Goethe
Die Schau ist thematisch gegliedert, nach religiösen Themen etwa, nach Delacroix‘ Vorliebe für Raubkatzen oder nach Vorlagen aus der Literatur. Neben Shakespeare und seinen Königsdramen findet sich hier auch Goethe ein mit Faust I und II, wonach Delacroix eine, wie der Geheimrat selbst befand, "besonders merkwürdige" Bildfolge zeichnete.
Jan Nicolaisen: "Und er hat, schreibt Goethe, 'mich selbst übertroffen, in seinen Szenen'. Ein größeres Lob gibt’s ja für eine Illustration eigentlich nicht."
Natürlich wird in der Schau auch Heinrich Heine zitiert, der spöttisch Delaroche als Hofmaler der "geköpften Majestäten" bezeichnete und der über die "Liberté", die "Freiheit" von Delacroix aus Paris zu berichten wusste, dass er vor dem Bild im Salon "immer einen großen Volkshaufen stehen sah".
Wir sollten Heines Beobachtung als Zeichen für die Leipziger Ausstellung nehmen!