Christiane Grefe/Gabriele von Arnim/Susanne Mayer/Elke Schmitter/Evelyn Roll: "Was tun. Demokratie versteht sich nicht von selbst"
Verlag Antje Kunstmann, München 2017
112 Seiten, 10 Euro
"Die seriösen Medien dürfen einfach keine Fehler machen"
Auswege aus der Krise der Demokratie zeigen fünf Journalistinnen in ihrem Buch "Was tun" auf. Dabei setzen sie auf Bildung, zivilgesellschaftliches Engagement - und Journalisten, die wieder klar zwischen Nachricht und Kommentar unterscheiden.
Die westliche Demokratie ist in der Krise - das haben spätestens das Brexit-Votum und die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten gezeigt.
"Offenbar ist Demokratie für uns so selbstverständlich geworden, dass wir gar nicht mehr wissen, in was für einer privilegierten, aber eben auch verpflichtenden Gesellschaft wir leben", sagte von Gabriele von Arnim im Deutschlandfunk Kultur. Gemeinsam mit Evelyn Roll, Elke Schmitters, Christiane Grefe und Susanne Mayer hat die Journalistin jetzt ein Buch veröffentlicht, das Auswege aus dieser Krise aufzeigen will: "Was tun: Demokratie versteht sich nicht von selbst".
Von Arnim hat für das Buch Menschen gefragt: Wie geht es Ihnen in der Demokratie? Und sie hat, wie sie sagt, "hochinteressante" Antworten bekommen. "Weil die meisten geschrieben haben: 'Demokratie ist eine Staatsform, mein Leben ist privat.' Und dann habe ich gesagt: Ja, aber versuch doch mal, Demokratie mit so einer kleinen, privaten Lebendigkeit zu füllen. Versucht doch mal zu gucken, was Demokratie im Alltag für euch bedeutet. Ganz viele schrieben: Danke für die Anregung, ich muss wirklich darüber nachdenken."
Fehler wie bei der Berichterstattung zu Schorndorf dürfen nicht passieren
Evelyn Roll, leitende Redakteurin bei der "Süddeutschen Zeitung", unterstreicht in ihrem Beitrag vor allem die Bedeutung, die die seriösen Medien in der Krise haben - Stichwort Fake-News, Facebook, "Lügenpresse"-Vorwürfe:
"Wir dürfen einfach keine Fehler machen", mahnt Roll. "Wir dürfen uns auch nicht die Dinge leisten, die so ein bisschen eingerissen sind in der letzten Zeit: Wir müssen wirklich wieder unterscheiden zwischen Nachrichten und Kommentar. Die Leute, die zu uns seriösen Medien kommen, die müssen wissen: Hier erfahren wir verlässliche Informationen. Deswegen ist es so furchtbar, wenn Fehler passieren."
Als Beispiel nannte sie die Berichterstattung über vermeintliche Migrantengewalt anlässlich eines Volksfestes im schwäbischen Schorndorf: "Da hat einfach dpa – superverlässliche Agentur – einen Polizeibericht missverstanden und hat genau die Vorurteile bedient, die von gezielten Fake-News auch immer geliefert werden. Dass das dann so eine Lawine gab, liegt daran."
Zu den am meisten geteilten Fake-News gehörten Nachrichten "mit irgendetwas Bösem, was Flüchtlinge getan haben", beklagt Roll. "Es gibt sehr, sehr viele Menschen da draußen, die am Ende auch wählen gehen, die diese Informationen für wahr und richtig halten und ihre Wahlentscheidung davon abhängig machen." Dagegen müssten die seriösen Medien etwas tun. "Und das funktioniert auch. Es ändert sich meiner Meinung nach gerade."
Hoffnung auf die junge Generation
Überhaupt äußern sich die Autorinnen insgesamt recht optimistisch: "Durch die vielen Geflüchteten, die untergebracht und versorgt werden mussten, haben sich sehr viele Bürger engagiert, sind im Grunde genommen in das eingesprungen, wo ihr Staat und ihre Kommunen nicht schnell genug in die Puschen kamen", sagt Roll. "Das haben die gemacht und haben dabei aber auch gemerkt, wie man sich vernetzt, wie man Facebook-Gruppen gründet, wie man Nachbarn anspricht: hey, könnt ihr auch was helfen? Das ist jetzt alles da, das muss nur erhalten werden, das muss bis über die Wahl hinaus getragen werden."
Gabriele von Arnim setzt dabei vor allem auf die Jugend: "Ich glaube, dass sehr viele junge Leute aufgewacht sind. Es gibt so viele Organisationen, wenn man im Netz schaut, die sich zusammengetan haben, die sagen: Wir wollen etwas für die Demokratie tun. Die Vorschläge machen, die sich zusammengesetzt haben. Also, das finde ich sehr, sehr beruhigend, was da passiert. Gerade auch in der jungen Generation."
(uko)