Wie man Schlösser vor dem Verfall rettet
Rund 29.000 Gebäude sollen in Sachsen-Anhalt unter Denkmalschutz stehen. Vielen von ihnen droht der Verfall, etwa 500 wurden bereits abgerissen. Sanierungen sind teuer - und Investoren scheitern oft an Bauauflagen. Müssen die Behörden kulanter werden?
Die pompöse Fassade glänzt im barocken Gelb. Auf dem Dach prangt eine herrschaftlich goldene Krone, das Zarensymbol. Das Schloss Dornburg wurde 1751 nach Plänen des Saarbrücker Hofbaumeisters Friedrich Joachim Stengel gebaut und ist ein Beispiel französischer Schlossarchitektur im Stil Ludwig des XV.
Für den 55-jährigen Egbert Platte – Vorsitzender des Stengel-Vereins - ist das nichts Besonderes. Er kennt das kleine Versailles vor den Toren Magdeburgs schon seit Kindheitstagen.
"Das Besondere an unserem Schloss, ist dieses etwa in seiner Originalität erhaltene Treppenhaus, nach barockem Vorbild. Und soll zu der damaligen Zeit eine Einmaligkeit dargestellt haben, indem man die freitragende Treppe ohne stützende Mittelsäule errichtet hat."
1932 fällt Schloss Dornburg an die Nazis. Nach dem Krieg wird ein Teil des DDR-Staatsarchivs mit sensiblen Akten - wie einer Wehrmachtskartei - untergebracht. Weshalb die Stasi das Schloss gar mit Hundelaufanlagen und Stacheldraht schützen ließ. BuVom alten Prunk im Schlossinnern ist daher nur noch wenig zu sehen.
Der Putz blättert, der Wind pfeift durch die Mauerritzen
Seit 1990 steht es nun leer. Es blättert der Putz, an den bis zum Boden reichenden Rundbögen-Fenstern sind Risse zu sehen, durch Mauerritzen pfeift der Wind.
"Das Schloss liegt im Eigentum des Landes. Und das Land ist schon seit Jahren bemüht, dieses Schloss zu privatisieren."
Jedoch ohne Erfolg, erzählt Jens Hünerbein, Bürgermeister der Gemeinde Gommern – zu der Dornburg gehört.
Etwa 29.000 denkmalgeschützte Gebäude – viele davon im Eigentum der öffentlichen Hand - gibt es in Sachsen-Anhalt. Viele davon leer stehen, die exakte Zahl kennt keiner genau.
Sicher ist, dass es allein 2014, 72 Abrissanträge gab. Seit 2007 wurden nach Angaben des Landesverwaltungsamtes in Sachsen- Anhalt etwa 500 Baudenkmäler dem Erdboden gleichgemacht.
"Ich glaube, dass im ostdeutschen Vergleich, dass das wirkliche Verschwinden und Vergehen von Denkmalen nicht höher ist, als in anderen ostdeutschen, vielleicht auch nicht höher, als in anderen westdeutschen Bundesländern."
So Landeskonservatorin Ulrike Wendland.
Kritiker sagen, dass Denkmalschutzbehörden gern jedes Detail schützen würden. Das führe aber dazu, dass sich in vielen Fällen eine Investition letztendlich nicht rechne. Die Konsequenz: Investoren springen ab, Denkmale verfallen und verrotten.
Die aus Hamburg stammende Kunsthistorikerin Wendland bestreitet, dass Denkmalschutzbehörden zu unbeweglich seien. Für den Leerstand denkmalgeschützter Gebäude müsse man verschiedene Faktoren in Betracht ziehen, sagt sie. Banken, die keine Kredite geben, finanzschwache Kommunen und Investoren, die lieber auf der grünen Wiese bauen, statt alte Bausubstanz zu sanieren.
"Es gibt dann schwieriger zu lösende Zielkonflikte, wenn sich die Nutzung sehr stark unterscheidet von dem ursprünglichen Nutzungszweck des Denkmals. Wenn ich in eine Schule eine Jugendherberge baue oder wenn ich in ein Schloss ein Altersheim baue. Da sind so viele Vorsichtsmaßnahmen vorzusehen, wie zum Beispiel der Brandschutz oder die Barrierefreiheit, die schlecht vereinbar sind mit historischer Substanz."
Investoren sagen: Nur durch moderne Nutzung können Denkmäler erhalten werden
Aber genau das sei das Problem, sagen Investoren, die ungern am Mikrofon reden.
Denn nur durch eine heutige und moderne Umnutzung können Herrenhäuser, alte Burgen oder Schlösser – wie das Schloss Dornburg erhalten werden. Das Festhalten und Pochen der Denkmalschützer an alten Innenraumstrukturen sei da eher hinderlich.
Kritik, auf die Landeskonservatorin Ulrike Wendland eher allergisch reagiert.
"Wenn wir als Kulturland Denkmalschutz in der Verfassung stehen haben, dann gilt das für alle. Es gibt einfach bestimmte Grundregeln, für die stehen wir.
Aber nicht nur klassizistische Gebäude aus dem 19. Jahrhundert sind vom Verfall oder Abriss bedroht, auch Bauten der klassischen Ostmoderne, wie die Hyparschale in Magdeburg.
Ein expressionistischer Bau, der an eine viereckige Muschel erinnert, an deren spitzen Öffnungen große Glasfronten den Blick nach draußen freimachen. Gebaut von Ulrich Müther.
Seit 18 Jahren steht die Hyparschale nun leer, zweimal konnte der Abriss in letzter Sekunde abgewendet werden. Wer sie erwerben will muss lediglich einen jährlichen Erbpachtzins von rund 11.000 Euro zahlen. Doch bisher ist niemand in Sicht.
Anders im Fall Schloss Dornburg. Dort ist man derzeit im Gespräch mit Investoren, die gern eine hochpreisige Senioren-Residenz aus dem Schloss machen wollen. Für Denkmalschützer ein harter Brocken, für Bürgermeister Jens Hünerbein wäre es ein Glücksfall.
"Sonst habe ich tatsächlich die Befürchtung, dass dieses Schloss noch ewig den Dornröschenschlaf lang hinschlummern wird."