Der Falschparker-Jäger
Seit 15 Jahren jagt der Berliner Andreas Schwiede Falschparker, oft mehrere Stunden am Tag: Hunderte falsch geparkter Autos hat er bereits von der Polizei abschleppen lassen. Auf Twitter wird er dafür gefeiert. Anderen geht Schwiede zu weit - selbst der Polizei.
Feierabend in Berlin, die Autos rollen langsam über die sechsspurige Martin-Luther-Straße. Dafür hat Andreas Schwiede keinen Blick. Ihn interessiert der ruhende Verkehr. Konkret: die Falschparker. Hat er einen entdeckt, zückt er umgehend sein Handy und meldet bei der Polizei die VBH – im Polizeijargon: Verkehrsbehinderung.
"Das ist die Belziger Straße, PKW auf Radweg..."
- "Sie sind Herr?"
"Schwiede – Schule-Wilhelm-Ida-Emil-Dora-Emil"
– "Herr Schwiede, kommt selbstverständlich jemand hin!"
- "Sie sind Herr?"
"Schwiede – Schule-Wilhelm-Ida-Emil-Dora-Emil"
– "Herr Schwiede, kommt selbstverständlich jemand hin!"
Ein grauer VW-Kleinwagen steht auf dem Radstreifen. Bald hoffentlich nicht mehr, sagt Schwiede. Dabei ist er gar kein Polizist. Trotzdem hat der kleine Mann mit der Günter Netzer-Frisur und dem selbstbewussten Auftreten schon Hunderte Autos abschleppen lassen. Denn Schwiede ist Profi – und er hat eine Mission.
"Meine spezielle Nische, die ich da besetze, ist einfach, wie man es schafft, Autofahrer zurückzudrängen, die sich einfach immer Stadtraum und öffentliche Flächen aneignen."
1.500 Follower versorgen ihn auf Twitter mit aktuellen Infos
Tagsüber arbeitet Schwiede als Fremdenführer in Berlin, begleitet Reisegruppen, die mit Bussen unterwegs sind und musste dabei oft feststellen...
"...wie einfach Autofahrer rotzfrech auf Busparkplätzen parken, also wie man einfach gedanken- und gewissenlos auf Busparkplätzen steht, da fing dann auch so mein Hauptengagement an."
So ist Andreas Schwiede zum Jäger von Falschparkern geworden. Er ist hinter denen her, die ihr Auto vor Feuerwehrzufahrten, auf Rad- und Gehwegen oder auf Busspuren abstellen, seit 15 Jahren schon, oft mehrere Stunden am Tag. Auf Twitter hat er mehr als 1.500 Follower, die ihn mit aktuellen Informationen versorgen. Doch die braucht Schwiede heute gar nicht.
"Ist eine Ecke, die dauerzugeparkt ist, auch immer wieder von den gleichen Leuten, die auch oft zu den Läden gehören, die da drumherum liegen um diese Ecke, wenn die Polizei sehen, wird auch oft gegenseitig gewarnt."
Schwiede ist hier kein Unbekannter, viele Nachbarn sind nicht gut auf ihn zu sprechen, auch wenn sie das nicht ins Mikro sagen wollen. Eine Stunde nach dem ersten Anruf wird er unruhig, das Auto steht noch immer auf dem Radstreifen, er greift wieder zum Telefon.
"Schönen guten Abend, Schwiede, wollte mal nachfragen, hatte vor einer Stunde eine VBH gemeldet, hat sich nichts getan, Örtlichkeit war Belziger Straße 74."
Schwiede bleibt hartnäckig
Die Polizei verweist ihn ans Ordnungsamt. Aber Schwiede bleibt hartnäckig, ruft auch dort an.
"Schönen Guten Tag, Sie haben von der Polizei eine VBH, Belziger -74, Wie? Waren da schon gewesen? Ich habe Ihre Leute..."
Die Kollegin sei schon dagewesen, sagt das Ordnungsamt. Für einen Moment ist Schwiede sprachlos. Doch schnell fängt er sich wieder, poltert jetzt erst richtig los.
"Erstens haben wir Ihre Leute nicht gesehen, zweitens haben sie definitiv nicht freigemacht, weil, es ist nicht frei."
20 Minuten später ist das Ordnungsamt wieder da. Die Frau vom Ordnungsamt steigt aus dem Wagen und atmet tief durch.
"Schönen Guten Abend, das Ordnungsamt, - Herr Schwiede - Sie hatten gerade nochmal bei der Wache angerufen, weil wir waren ja schonmal vor Ort."
– "Ja ja, offensichtlich."
"Da haben Sie gesagt, dass wir noch nicht vor Ort waren, was ja nicht stimmt."
– "Nee, ich habe gesagt, dass ich nichts gesehen habe und der Radweg ist immer noch blockiert."
– "Ja ja, offensichtlich."
"Da haben Sie gesagt, dass wir noch nicht vor Ort waren, was ja nicht stimmt."
– "Nee, ich habe gesagt, dass ich nichts gesehen habe und der Radweg ist immer noch blockiert."
Schwiede fängt an, mit der Mitarbeiterin vom Ordnungsamt zu streiten. Die hat dem Falschparker auf dem Radweg nur einen Strafzettel verpasst. Das reicht ihm aber nicht, er will, dass abgeschleppt wird.
"Sie sind Ihrer Arbeit nicht nachgekommen."
– "Doch, bin ich schon."
"Weil, der Radweg ist immer noch blockiert."
- "Ich habe ein Ermessen, das Thema hatten wir schon öfters..."
– "Doch, bin ich schon."
"Weil, der Radweg ist immer noch blockiert."
- "Ich habe ein Ermessen, das Thema hatten wir schon öfters..."
Gegenwind ist er gewohnt
Andreas Schwiede und das Ordnungsamt sind alte Bekannte. Er ist Gegenwind gewohnt. Kopfschüttelnd belehrt er die Frau.
"Sie wollen ihn da jetzt so stehen lassen, ist das Ihr Ernst? Haben Sie wenigstens auch die Behinderung aufgeschrieben?"
- "Nee, Radweg kostet komplett 20 Euro."
"Nein, 30 Euro. Gucken Sie mal: Kommt ein Radfahrer, kann Radweg nicht benutzen, damit ist es eine Behinderung, damit sind es 30 Euro!"
- "Nee, Radweg kostet komplett 20 Euro."
"Nein, 30 Euro. Gucken Sie mal: Kommt ein Radfahrer, kann Radweg nicht benutzen, damit ist es eine Behinderung, damit sind es 30 Euro!"
Die Frau vom Ordnungsamt hat keine Lust, weiter zu diskutieren. Sie steigt in ihr Auto, fährt weg.
Inzwischen ist auch der Falschparker von dannen. Zurück bleibt Andreas Schwiede, verärgert und fassungslos.
"Also, der Typ hat gesehen: Ach, die schreiben nur Knöllchen, ok, das Knöllchen haste jetzt, kannste stehenbleiben. Und das ist schlimm."
Polizei nicht gekommen, Ordnungsamt unkooperativ, Auto nicht abgeschleppt. Kein guter Tag für Andreas Schwiede. Egal. Morgen geht es wieder los. Denn ein Schwiede schläft nicht, auch wenn der Verkehr längst ruht.