Hilfsangebote für Menschen mit Depressionen
Wenn Sie das Gefühl haben, an einer psychischen Krankheit zu leiden oder Suizidgedanken Sie beschäftigen, wenn Sie sich in einer scheinbar ausweglosen Lebenssituation befinden oder das auf einen Ihrer Angehörigen zutrifft, zögern Sie nicht, Hilfe anzunehmen bzw. anzubieten.
Hilfe bietet unter anderem die Telefonseelsorge in Deutschland unter 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222 (gebührenfrei) und im Internet unter telefonseelsorge.de.
Depressionen am Arbeitsplatz
Tabu Depression: Viele Menschen versuchen, ihre Erkrankung zu verbergen. © imago / Malte Mueller
Ein offener Umgang mit der Krankheit ist hilfreich
08:37 Minuten
Depressionen gehören zu den häufigsten Krankheiten in Deutschland - und zu den am meisten unterschätzten. Frank Rennemann plädiert für einen offenen Umgang mit dem Thema am Arbeitsplatz. In seinem Betrieb ist er Ansprechpartner für Betroffene.
"Ich finde es toll, dass du so offen damit umgehst." Diesen Satz habe er inzwischen oft gehört, nachdem er aus seiner depressiven Erkrankung am Arbeitsplatz kein Geheimnis mehr mache, erzählt Frank Rennemann. Und nicht selten sei darauf der Nachsatz gefolgt: "Ich habe mich nicht getraut, es zu sagen, als es mir auch so ging." Statistisch betrachtet gibt es in nahezu jedem Unternehmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Depressionen. Aber die Krankheit ist nach wie vor mit einem Stigma belegt.
Rennemann kehrte vor zehn Jahren an seine Arbeitsstelle zurück, nachdem er mit der Diagnose Depression zuvor ein halbes Jahr krankgeschrieben worden war. Durch seinen Entschluss, die Erkrankung nicht länger zu verbergen, wurde er in seinem Betrieb, einem Tochterunternehmen der Deutschen Bahn, bald zum Ansprechpartner für Beschäftigte, die ebenfalls mit der Krankheit zu kämpfen hatten.
Wegweiser zu professioneller Hilfe
Seit vier Jahren übt er die Aufgabe nun auch offiziell aus: als "Kollegialer Depressionsbegleiter" im Rahmen des Projekts "Peers at Work" der Stiftung Deutsche Depressionshilfe. "Ich bin kein ausgebildeter Psychotherapeut, sondern ein Betroffener, der weiß, wovon er redet", sagt Rennemann. Er versteht sich als Wegweiser. Aufgrund seiner eigenen Erfahrung könne er Kolleginnen oder Kollegen helfen, professionelle Unterstützung zu finden. Bei psychischen Erkrankungen sei das nach wie vor nicht ganz einfach:
"Wenn Sie sich ein Bein gebrochen haben, kommen sie ins Krankenhaus, das Bein wird gerichtet, es kommt eine Schiene drum oder ein Gips, und nach sechs Wochen wird der Verband abgenommen. Bei Depressionen kann es Sie drei bis vier Monate kosten, bis Sie überhaupt einen Arzt sehen."
In Deutschland erkranken knapp acht Prozent der Bevölkerung im Laufe eines Jahres an einer unipolaren oder anhaltenden depressiven Störung. Diese Zahlen legt die Stiftung Deutsche Depressionshilfe in ihrem aktuellen Deutschland-Barometer vor.
Nur ein Drittel der Betroffenen geht laut der Studie im beruflichen Umfeld offen damit um. Die Mehrheit macht damit positive Erfahrungen. Doch immerhin rund ein Viertel derer, die sich vorwagen und über ihre Erkrankung sprechen, haben das Gefühl, dass dann nicht mehr ihre Leistung, sondern die Krankheit im Vordergrund steht.
Zuspitzung durch die Pandemie
Der Einfluss der Arbeit als Ursache von Depressionen werde stark überschätzt, sagt Ulrich Hegerl, der Vorsitzende der Stiftung: "Wenn man in eine Depression hinein rutscht, hat man immer den Eindruck, dass die Arbeit einem über den Kopf wächst. Aber in den allermeisten Fällen ist nicht die Arbeit schuld, im Gegenteil: Arbeit hat oft etwas Produktives, weil sie es erleichtert, den Tag zu strukturieren. Auch soziale Kontakte und gewisse Erfolgserlebnisse können hilfreich sein."
Dennoch können Arbeitgeber aus Sicht der Stiftung mehr für Betroffene tun, zum Beispiel, indem sie ihnen helfen, schneller zu einer professionellen Behandlung zu kommen. In der Coronapandemie ging es vielen Menschen schlechter, die bereits zuvor wegen Depressionen behandelt wurden, berichtet die Stiftung: Termine bei Therapeuten oder stationäre Aufenthalte wurden abgesagt. Durch Arbeit im Homeffice kamen oft noch Bewegungsmangel, zu viel Schlaf und der Verlust gewohnter Strukturen hinzu.