Der Afrikaforscher Heinrich Barth

Ein Unbekannter vom Range Humboldts

Portrait des deutschen Afrikaforschers Heinrich Barth (1821-1865).
Der deutsche Afrikaforscher Heinrich Barth. © imago/Leemage
Von Mathias Schulenburg |
Der Forscher Heinrich Barth bereiste Mitte des 19. Jahrhunderts Afrika und verfasste darüber Berichte, die bis heute Bestand haben. Sein Afrika-Bild war dem seiner Zeit weit voraus. Doch in Deutschland ist er wenig bekannt. Vor 150 Jahren starb Heinrich Barth.
Heinrich Barth, 1821 in Hamburg als Sohn eines wohlhabenden Geschäftsinhabers geboren, hätte das Zeug und die Mittel gehabt, in Sachen Ruhm mit den berühmtesten Reisenden seiner Zeit gleichzuziehen. Schon in jungen Jahren bereiste er, vom Vater großzügig gefördert – nach dem Studium der Philologie, des klassischen Altertums und geografischen Vorlesungen – die Schauplätze der Antike.
Seine längste und ergiebigste Reise führte ihn in britischen Diensten, 1849 beginnend, in fünf Jahren zu Fuß und zu Pferde, auf Kamelen, Ochsenkarren und Booten durch die Sahara, die Sahelzone, durch die heutigen Staaten Libyen, Algerien, Niger, Nigeria, Tschad, Kamerun, Burkina Faso und Mali. Gleichwohl, sagt Klaus Schneider, Direktor des Kölner Rautenstrauch-Joest-Museums und Präsident der Heinrich-Barth-Gesellschaft in Köln:
"Heinrich Barth ist in Deutschland nahezu unbekannt. Der Grund dafür liegt in einer eigenartigen Konstellation von Nicht-Vermarktung seiner selbst, das haben nämlich die anderen Forscher seiner Zeit viel, viel besser verstanden, zum Beispiel Livingston oder Stanley. Barth verstand sich aber als seriöser Wissenschaftler und ausschließlich als solcher. Und deshalb hat er das nicht gemacht und deshalb fehlte ihm einfach diese Publicity, die andere Forscher so mitgenommen haben und auch im Bewusstsein der Bevölkerung verankert hatten."
Ein Ungläubiger in der Stadt
In Mali, Niger und dem Tschad kennt ihn jedes Schulkind. Nicht so in Europa, dabei hatte es bei der fast 20.000 Kilometer langen Reise an berichtenswerten Abenteuern nicht gefehlt: "Es sprach sich herum, da kommt einer, der hat viele interessante Dinge dabei, und da tappte er in die eine oder andere Falle. Aber er kam interessanterweise immer sehr geschickt da raus, und das lag daran, dass er die Sprachen konnte. Er konnte sich, von den Tuareg angefangen bis hin zu den Songhai, also den afrikanischen Bevölkerungen in Mali, unterhalten, er war ein unglaubliches Sprachtalent, und in Timbuktu war es wirklich allein die schützende Hand des Sheikhs al-Baqqai, der ihn dort überleben ließ."
Die Protektion kam Heinrich Barth sehr gelegen. Als in Timbuktu bekannt wurde, dass ein Ungläubiger in der Stadt war, forderten Hardliner dessen sofortige Tötung – vergeblich. Derweil diskutierte Barth mit dem Sheikh religiöse Feinheiten wie die Ähnlichkeit von Islam und Christentum.
Das Mühen um wissenschaftliche Genauigkeit sollte sich einmal auszahlen: "Deutschland hat in Mali einen sehr guten Ruf, weil Deutschland das erste europäische Land war, das Mali nach der Unabhängigkeit anerkannte. Das haben die Malier nicht vergessen. Und Heinrich Barth ist so ein Vorzeigedeutscher, der eben in der Historie als erster diese Verbindungen zum heutigen Mali hergestellt hatte." Barth gilt auch als Erster, der den Afrikanern eine eigene Geschichte zuschrieb, festgehalten in Felsbildern.
Ein Scheich ermöglichte die friedliche Rückreise
Die Rückreise nach Europa war für Barth Dank der energischen Intervention des Sheik al-Baqqai friedlich: "Als er in Timbuktu abreiste, bekam er quasi von ihm ein Beglaubigungsschreiben, was ihn bis zum nächsten Einflussgebiet sicher geleitete, und dann war dort die Bitte formuliert, praktisch an seinen Kollegen 500 Kilometer weiter östlich, bitte kümmere dich so wie ich um diesen Mann, damit er sicher nach Hause zurückkehrt."
Aber es gelang Heinrich Barth nicht, in der Heimat wie erhofft Fuß zu fassen. Er hatte die Gelehrtenmeinung gegen sich und war selbst wohl auch ein wenig undiplomatisch: "Heinrich Barth verstarb ja dann, sehr überraschend, an einer aus Afrika mitgebrachten Magenkrankheit, er hatte einen Magendurchbruch, da war er gerade mal 44 Jahre alt, und ein Grund, warum er wahrscheinlich auch krank war, und blieb, das war seine große Enttäuschung, dass er nach der Rückkehr nicht in eine andere Art der Würdigung geriet. Er blieb auch als Wissenschaftler blass, ihm wurde vorgeworfen, die Hälfte seiner Beschreibungen hätte er frei erfunden. Er hatte sich erhofft, dass er eine große Professur in Berlin bekommen würde, und die bekam er nicht. Und vielleicht ist er daran zerbrochen."
Heinrich Barth starb am 25.11.1865; manche Fachleute messen ihm heute einen Rang zu, wie ihn Alexander von Humboldt hat.