Der Alltag schreibt die schönsten Geschichten
Frau Blum und der Milchmann schreiben sich seit Jahren Zettelchen. Persönlich kennen sie sich aber nicht. Aus solchen Alltagsbegebenheiten schreibt der Schweizer Schriftsteller Peter Bichsel seit den 60er Jahren seine Erzählungen. Jetzt wurde der erfolgreiche Geschichtenerzähler 70 Jahre.
Heise : "Eigentlich möchte Frau Blum den Milchmann kennenlernen" - so lautete der Titel, der über 21 kurzen Geschichten stand. Das war der erste Band mit Erzählungen von Peter Bichsel, das war 1963 und da war der Schweizer Schriftsteller und Publizist gerade 28 Jahre alt und Lehrer. Heute ist er ein vielfach ausgezeichneter Literat und hat im Laufe der Jahre weit über 300 Zeitungskolumnen geschrieben, nicht zu vergessen seine vielen Geschichten und Erzählungen. Heute wird Peter Bichsel 70 Jahre alt, herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag.
Bichsel: Dankeschön.
Heise: Frau Blum möchte den Milchmann kennenlernen - erinnern Sie sich noch, warum Frau Blum den Milchmann kennenlernen wollte?
Bichsel: Haha, eigentlich ist es eine Geschichte über eine ganz besondere Kommunikation. Frau Blum schreibt dem Milchmann Zettelchen, wie viel Milch und Butter sie braucht. Sie kennen sich nicht, weil der Milchmann morgens um vier kommt, aber im Grunde genommen sind ein Leben lang beide miteinander beschäftigt.
Heise: Und wollen sich eigentlich mal kennenlernen und kommunizieren immer über diese Zettel. Das ist ja so eine richtig winzig kleine Alltagsbegebenheit, Auslöser für Ihre Kolumnen und Geschichten waren meistens Beobachtungen, zum Beispiel in der Bahn oder in der Kneipe. Was weckt denn da Ihre Aufmerksamkeit, was interessiert Sie?
Bichsel: Nein, ich glaube, Beobachtungen sind falsch, ich bin ein sehr schlechter Beobachter. Wenn auch überall in Besprechungen und irgendwelchen Artikeln vom guten Beobachter die Rede ist, das ist ein fürchterliches Klischee. Ich lebe halt in dem drin, in dem ich lebe. Ich lebe hier in einer Kleinstadt unter den Leuten, die auch hier leben und da braucht man nicht zu beobachten, da ist man einfach drin.
Heise: Wenn Sie solche Begebenheiten, wie zum Beispiel diese kleinen Zettel, die da vor der Türe immer hin- und hergeschoben werden, was sind so die Auslöser, wenn Sie denken, das könnte eine gute Geschichte werden?
Bichsel: Im Grunde genommen war ich ursprünglich ein Lyriker, wenn es auch kaum irgendwo Gedichte gibt von mir, die waren damals alle zerstreut in Zeitschriften und so weiter. Es geht mir im Grunde genommen gar nicht um Inhalte, es geht mir um das Erzählen, irgendetwas erzählen. Und dazu braucht man nicht Riesenereignisse, dazu braucht man nur Buchstaben und Sätze.
Heise: Sie wollten, haben Sie mal gesagt, kein Berufsliterat werden, also keiner, der von seinen Geschichten lebt. Warum wollten Sie das nicht?
Bichsel: Das ist ein Missverständnis. Ich habe von meinen Geschichten gelebt, natürlich habe ich das. Und ich fürchte mich in diesen Dingen vor dem Professionalismus. Ich glaube, Schreiben ist - und das ist das Wunderbare an diesem Beruf - ein dilettantischer Beruf. Man darf in diesem Beruf Dilettant sein und man darf es bleiben. In diesem Sinne fürchtete ich mich immer vor einem Professionalismus.
Heise: Wenn man wie Sie so viele Charaktere beschrieben hat und sich eben auch so viele Kleinigkeiten angeschaut hat, begleiten einen eigentlich einige Figuren so durchs ganze Schriftstellerleben?
Bichsel: Das mag bei einzelnen Kollegen so gewesen sein, als ein gewisser Detektiv sie ein Leben lang begleitete. Nein, so habe ich es eigentlich nie gesehen.
Heise: Warum haben Sie eigentlich nie einen Roman geschrieben?
Bichsel: Das ist die Frage an einen Geiger im Symphonieorchester: Sie sind doch Musiker, warum spielen Sie nicht Trompete, Trompete ist doch auch Musik. Das hat nichts mit Interesse zu tun, man kann nicht anders. Das sind zwei verschiedene Berufe, einen Roman schreiben und eine Kurzgeschichte schreiben, so wie der Trompeter und der Geiger beides Musiker aus den zwei verschiedenen Berufen innerhalb der Musik sind. Ich hätte bestimmt einen Roman geschrieben, wenn ich das gekonnt hätte.
Heise: Wie wichtig ist Ihnen denn dann die Verknappung, das Reduzieren auf die Kernaussage? Ist es das?
Bichsel: Nein, das ist es nicht. Man tut, was man kann, ich habe geschrieben, ich habe versucht, mit dem Material Sprache umzugehen. Das ist alles.
Heise: Sie waren aber neben Ihrer Schriftstellerei nicht nur Lehrer, Sie waren außerdem noch Politikberater in der Schweiz, in den 70er Jahren haben Sie den sozialdemokratischen Bundesrat Willi Ritschard beraten. Wollten Sie damals die Schweiz verändern?
Bichsel: Hm, damals wohl schon nicht mehr. Die Politiker verändern die Welt nicht, sie verwalten sie nur und das ist auch richtig so. Ich hatte immer ein sehr kritisches Verhältnis zu diesem Land und bin alles andere als ein Patriot. Patriotismus ist mir fremd.
Heise: Sie sind in Deutschland außerdem gewesen, haben auch immer wieder in den USA gelebt, sind aber immer wieder in die Schweiz zurückgegangen. Also dort leben wollten Sie doch.
Bichsel: Irgendwo muss man ja sein und nachdem ich da in der Schweiz aufgewachsen bin und immer in der Schweiz gelebt habe - ich bin halt jetzt hier. Wenn ich umziehe nach Hamburg, dann kämen alle und würden sagen, warum ausgerechnet Hamburg. Und wenn ich umziehen würde nach Recklinghausen, dann kämen alle und würden sagen, warum ausgerechnet Recklinghausen. Solange ich hier bleibe, habe ich es nicht zu begründen.
Heise: Sie haben eben über die Politiker gesagt, dass sie die Welt oder die Länder nicht verändern, sondern nur verwalten.
Bichsel: Ich hoffe, dass es so ist.
Heise: Warum hoffen Sie das, warum wollen Sie nicht, dass die Politiker die Welt verändern?
Bichsel: Es gibt die Politiker, die verändern wollen. In der Regel läuft das schief.
Heise: Die machen Ihnen eher Angst?
Bichsel: Im Augenblick sehr, ja. In den heutigen Zeiten sehr.
Heise: Was sehen Sie da?
Bichsel: Mitunter Leute mit einem sehr eigenartigen Verhältnis zum Staat. Ich habe mehr und mehr das Gefühl, die Staatsfeinde kommen mehr und mehr an die Macht. Berlusconi zum Beispiel. Das ist beängstigend.
Heise: Sie haben Angst vor den Rechtspopulisten in Europa?
Bichsel: Ja.
Heise: Sie haben die Schweiz mal ein unbeobachtetes Land genannt. Was meinen Sie damit?
Bichsel: Ich glaube, die Hauptschuldigen daran, dass dieses Land allzu lange Zeit unbeobachtet war, waren die Deutschen, die uns so furchtbar liebten, die uns so grauenhaft liebten und alles hier war gut und alles anderswo war schlecht und wir haben dieses deutsche Urteil damals vor 30, 40 Jahren dankbar übernommen und es führt uns mehr und mehr in eine Krise, genau dieses Urteil.
Heise: Weil man sich nicht gefordert fühlt als Schweizer?
Bichsel: Hm - ja. Wer nicht beobachtet ist, hält sich für den Besten.
Heise: Sie haben die Schweiz immer beobachtet, mal von Deutschland, mal von den USA. Wie würden Sie sagen, hat sich die Schweiz verändert?
Bichsel: Leider nicht. Sie ist eingeschlafen, die Schweiz.
Heise: Die Schweiz liegt mitten in Europa, gehört nicht zur EU, jetzt wird auch noch die Fluggesellschaft swiss deutsch. Fühlt man sich als Schweizer manchmal ein bisschen umzingelt?
Bichsel: Als Schweizer können Sie bei mir ja nicht sagen, aber der Durchschnittsschweizer weiß nicht einmal, dass er geographisch zu Europa gehört. Und wissen Sie, wenn Sie die "Neue Zürcher Zeitung" aufschlagen, da gibt es zwei Teile. Der eine Teil heißt Ausland und der andere Teil heißt Inland. Die Schweizer sind überzeugt, dass es eine zweigeteilte Welt gibt. Die eine Hälfte ist die Schweiz und die andere Hälfte ist das Ausland.
Heise: Das ist natürlich ein hartes Urteil, das Sie da fällen über die Schweiz. Sie haben sich auch ernüchtert beziehungsweise völlig enttäuscht aus der Politik ganz und gar zurückgezogen.
Bichsel: Ja. Man wird älter. Ich bin jetzt 70.
Heise: Ihr Einstieg in die Literatur ist ja jetzt über 40 Jahre her. Wie würden Sie sagen hat sich das Schreiben im Laufe der Jahre verändert?
Bichsel: Wenn ich das spontan beantworte, würde ich sagen, es hat sich sehr verändert, wenn ich es mir genau überlege, ist es doch ein Leben lang im Gleichen geblieben und das ist mir auch recht so. Ich mag Gewohnheiten, ich wohne gerne, ich liebe das Gewöhnliche, in dem man wohnen kann. Also ist es mir recht, wenn es sich nicht allzu sehr verändert. Ganz nebenbei: mitunter geht es mir auch mit der Schweiz so.
Heise: Dass Sie froh sind, dass sie sich nicht verändert?
Bichsel: Ja, in einzelnen Teilen wirklich.
Heise: Was ist für Sie das wichtigste als Literat?
Bichsel: Das Lesen. Ich habe nichts in meinem Leben mit so viel Leidenschaft betrieben wie das Lesen. Nicht das Schreiben, sondern das Lesen war mir immer das Wichtigste.
Bichsel: Dankeschön.
Heise: Frau Blum möchte den Milchmann kennenlernen - erinnern Sie sich noch, warum Frau Blum den Milchmann kennenlernen wollte?
Bichsel: Haha, eigentlich ist es eine Geschichte über eine ganz besondere Kommunikation. Frau Blum schreibt dem Milchmann Zettelchen, wie viel Milch und Butter sie braucht. Sie kennen sich nicht, weil der Milchmann morgens um vier kommt, aber im Grunde genommen sind ein Leben lang beide miteinander beschäftigt.
Heise: Und wollen sich eigentlich mal kennenlernen und kommunizieren immer über diese Zettel. Das ist ja so eine richtig winzig kleine Alltagsbegebenheit, Auslöser für Ihre Kolumnen und Geschichten waren meistens Beobachtungen, zum Beispiel in der Bahn oder in der Kneipe. Was weckt denn da Ihre Aufmerksamkeit, was interessiert Sie?
Bichsel: Nein, ich glaube, Beobachtungen sind falsch, ich bin ein sehr schlechter Beobachter. Wenn auch überall in Besprechungen und irgendwelchen Artikeln vom guten Beobachter die Rede ist, das ist ein fürchterliches Klischee. Ich lebe halt in dem drin, in dem ich lebe. Ich lebe hier in einer Kleinstadt unter den Leuten, die auch hier leben und da braucht man nicht zu beobachten, da ist man einfach drin.
Heise: Wenn Sie solche Begebenheiten, wie zum Beispiel diese kleinen Zettel, die da vor der Türe immer hin- und hergeschoben werden, was sind so die Auslöser, wenn Sie denken, das könnte eine gute Geschichte werden?
Bichsel: Im Grunde genommen war ich ursprünglich ein Lyriker, wenn es auch kaum irgendwo Gedichte gibt von mir, die waren damals alle zerstreut in Zeitschriften und so weiter. Es geht mir im Grunde genommen gar nicht um Inhalte, es geht mir um das Erzählen, irgendetwas erzählen. Und dazu braucht man nicht Riesenereignisse, dazu braucht man nur Buchstaben und Sätze.
Heise: Sie wollten, haben Sie mal gesagt, kein Berufsliterat werden, also keiner, der von seinen Geschichten lebt. Warum wollten Sie das nicht?
Bichsel: Das ist ein Missverständnis. Ich habe von meinen Geschichten gelebt, natürlich habe ich das. Und ich fürchte mich in diesen Dingen vor dem Professionalismus. Ich glaube, Schreiben ist - und das ist das Wunderbare an diesem Beruf - ein dilettantischer Beruf. Man darf in diesem Beruf Dilettant sein und man darf es bleiben. In diesem Sinne fürchtete ich mich immer vor einem Professionalismus.
Heise: Wenn man wie Sie so viele Charaktere beschrieben hat und sich eben auch so viele Kleinigkeiten angeschaut hat, begleiten einen eigentlich einige Figuren so durchs ganze Schriftstellerleben?
Bichsel: Das mag bei einzelnen Kollegen so gewesen sein, als ein gewisser Detektiv sie ein Leben lang begleitete. Nein, so habe ich es eigentlich nie gesehen.
Heise: Warum haben Sie eigentlich nie einen Roman geschrieben?
Bichsel: Das ist die Frage an einen Geiger im Symphonieorchester: Sie sind doch Musiker, warum spielen Sie nicht Trompete, Trompete ist doch auch Musik. Das hat nichts mit Interesse zu tun, man kann nicht anders. Das sind zwei verschiedene Berufe, einen Roman schreiben und eine Kurzgeschichte schreiben, so wie der Trompeter und der Geiger beides Musiker aus den zwei verschiedenen Berufen innerhalb der Musik sind. Ich hätte bestimmt einen Roman geschrieben, wenn ich das gekonnt hätte.
Heise: Wie wichtig ist Ihnen denn dann die Verknappung, das Reduzieren auf die Kernaussage? Ist es das?
Bichsel: Nein, das ist es nicht. Man tut, was man kann, ich habe geschrieben, ich habe versucht, mit dem Material Sprache umzugehen. Das ist alles.
Heise: Sie waren aber neben Ihrer Schriftstellerei nicht nur Lehrer, Sie waren außerdem noch Politikberater in der Schweiz, in den 70er Jahren haben Sie den sozialdemokratischen Bundesrat Willi Ritschard beraten. Wollten Sie damals die Schweiz verändern?
Bichsel: Hm, damals wohl schon nicht mehr. Die Politiker verändern die Welt nicht, sie verwalten sie nur und das ist auch richtig so. Ich hatte immer ein sehr kritisches Verhältnis zu diesem Land und bin alles andere als ein Patriot. Patriotismus ist mir fremd.
Heise: Sie sind in Deutschland außerdem gewesen, haben auch immer wieder in den USA gelebt, sind aber immer wieder in die Schweiz zurückgegangen. Also dort leben wollten Sie doch.
Bichsel: Irgendwo muss man ja sein und nachdem ich da in der Schweiz aufgewachsen bin und immer in der Schweiz gelebt habe - ich bin halt jetzt hier. Wenn ich umziehe nach Hamburg, dann kämen alle und würden sagen, warum ausgerechnet Hamburg. Und wenn ich umziehen würde nach Recklinghausen, dann kämen alle und würden sagen, warum ausgerechnet Recklinghausen. Solange ich hier bleibe, habe ich es nicht zu begründen.
Heise: Sie haben eben über die Politiker gesagt, dass sie die Welt oder die Länder nicht verändern, sondern nur verwalten.
Bichsel: Ich hoffe, dass es so ist.
Heise: Warum hoffen Sie das, warum wollen Sie nicht, dass die Politiker die Welt verändern?
Bichsel: Es gibt die Politiker, die verändern wollen. In der Regel läuft das schief.
Heise: Die machen Ihnen eher Angst?
Bichsel: Im Augenblick sehr, ja. In den heutigen Zeiten sehr.
Heise: Was sehen Sie da?
Bichsel: Mitunter Leute mit einem sehr eigenartigen Verhältnis zum Staat. Ich habe mehr und mehr das Gefühl, die Staatsfeinde kommen mehr und mehr an die Macht. Berlusconi zum Beispiel. Das ist beängstigend.
Heise: Sie haben Angst vor den Rechtspopulisten in Europa?
Bichsel: Ja.
Heise: Sie haben die Schweiz mal ein unbeobachtetes Land genannt. Was meinen Sie damit?
Bichsel: Ich glaube, die Hauptschuldigen daran, dass dieses Land allzu lange Zeit unbeobachtet war, waren die Deutschen, die uns so furchtbar liebten, die uns so grauenhaft liebten und alles hier war gut und alles anderswo war schlecht und wir haben dieses deutsche Urteil damals vor 30, 40 Jahren dankbar übernommen und es führt uns mehr und mehr in eine Krise, genau dieses Urteil.
Heise: Weil man sich nicht gefordert fühlt als Schweizer?
Bichsel: Hm - ja. Wer nicht beobachtet ist, hält sich für den Besten.
Heise: Sie haben die Schweiz immer beobachtet, mal von Deutschland, mal von den USA. Wie würden Sie sagen, hat sich die Schweiz verändert?
Bichsel: Leider nicht. Sie ist eingeschlafen, die Schweiz.
Heise: Die Schweiz liegt mitten in Europa, gehört nicht zur EU, jetzt wird auch noch die Fluggesellschaft swiss deutsch. Fühlt man sich als Schweizer manchmal ein bisschen umzingelt?
Bichsel: Als Schweizer können Sie bei mir ja nicht sagen, aber der Durchschnittsschweizer weiß nicht einmal, dass er geographisch zu Europa gehört. Und wissen Sie, wenn Sie die "Neue Zürcher Zeitung" aufschlagen, da gibt es zwei Teile. Der eine Teil heißt Ausland und der andere Teil heißt Inland. Die Schweizer sind überzeugt, dass es eine zweigeteilte Welt gibt. Die eine Hälfte ist die Schweiz und die andere Hälfte ist das Ausland.
Heise: Das ist natürlich ein hartes Urteil, das Sie da fällen über die Schweiz. Sie haben sich auch ernüchtert beziehungsweise völlig enttäuscht aus der Politik ganz und gar zurückgezogen.
Bichsel: Ja. Man wird älter. Ich bin jetzt 70.
Heise: Ihr Einstieg in die Literatur ist ja jetzt über 40 Jahre her. Wie würden Sie sagen hat sich das Schreiben im Laufe der Jahre verändert?
Bichsel: Wenn ich das spontan beantworte, würde ich sagen, es hat sich sehr verändert, wenn ich es mir genau überlege, ist es doch ein Leben lang im Gleichen geblieben und das ist mir auch recht so. Ich mag Gewohnheiten, ich wohne gerne, ich liebe das Gewöhnliche, in dem man wohnen kann. Also ist es mir recht, wenn es sich nicht allzu sehr verändert. Ganz nebenbei: mitunter geht es mir auch mit der Schweiz so.
Heise: Dass Sie froh sind, dass sie sich nicht verändert?
Bichsel: Ja, in einzelnen Teilen wirklich.
Heise: Was ist für Sie das wichtigste als Literat?
Bichsel: Das Lesen. Ich habe nichts in meinem Leben mit so viel Leidenschaft betrieben wie das Lesen. Nicht das Schreiben, sondern das Lesen war mir immer das Wichtigste.