Der Aufstand der Palästinenser
"Krieg der Steine" ist die erste Intifada der Palästinenser in Gaza und Westjordanland genannt worden. Auslöser war ein Verkehrsunfall am 8. Dezember 1987. Der Aufstand, der mit dem Friedensabkommen von Oslo 1993 endete, war der Versuch einer Selbstbehauptung gegen eine 20-jährige Besatzung.
Der Auslöser war ein Verkehrsunfall: Am Nachmittag des 8. Dezember 1987 war ein israelischer Militärlaster im Gazastreifen mit zwei Taxen zusammengestoßen und hatte vier Palästinenser getötet. Als sich Gerüchte verbreiteten, der Unfall sei eine Vergeltungsaktion für einen kurz zuvor erstochenen Israeli gewesen, sammelten sich immer mehr Jugendliche vor einem israelischen Militärposten. Am Tag darauf, dem 9. Dezember, eskalierte die Situation: Steine flogen, die israelische Armee reagierte mit Tränengas und schärferer Munition. Der Aufstand breitete sich schnell auf das Westjordanland aus. Doch so sehr die Gewalt im Verlauf der Intifada eine Rolle spielte, im Kern ging es um etwas anderes, betont der palästinensische Architekturprofessor Yazeed Anani, der sich als Schüler in Ramallah an den Protesten beteiligt hat:
"Es ging weniger um den Feind als um die Sache: Wir wollten Befreiung. Natürlich wollten wir die israelische Militärverwaltung loswerden, zu der wir immer gehen mussten, um Genehmigungen für alles mögliche zu kriegen. Aber wir wollten eine Gesellschaft nach unseren eigenen Vorstellungen aufbauen, das war das Ziel der Intifada und nicht das Kämpfen als Selbstzweck."
Für Sumaya Farhat-Naser war es kein Wunder, dass es vor allem die Jungen waren, die auf die Straße gingen. Die palästinensische Friedensaktivistin verwies in einem Interview auf den Sechs-Tage-Krieg, in dem Israel zur Besatzungsmacht im Westjordanland und dem Gazastreifen geworden war:
"Die ganze Aufruhr und der Widerstand wird zurzeit getragen von der Generation des Krieges '67. Für die sind die israelischen Soldaten Menschen, die nur Gewehre in der Hand haben, die nur zuschlagen, die nur Land konfiszieren, die nur Menschen vertreiben."
Um die Besatzung abzuschütteln – und das bedeutet "Intifada" – weigerten sich die Palästinenser, Steuern zu bezahlen, boykottierten israelische Produkte und schufen ihre eigenen, von Israel unabhängigen Institutionen.
Yazeed Anani: "Er hat Getreide und Zucker in der ganzen Nachbarschaft verteilt, während sich die Frauen getroffen haben, um Brot für uns alle zu backen. Am wichtigsten aber waren die Schulen. Überall wurden Schulen gegründet, in denen die Leute ihr Wissen weitergegeben haben. Denn das war Teil des politischen Kampfes: Erziehung ist wichtig und muss weitergehen."
Wie die israelische Besatzungsmacht, die mit Verhaftungen und Repressalien auf den Aufstand reagierte, wurde auch die islamistische Moslembruderschaft von der Intifada überrascht. Der Nahostexperte Volker Perthes:
"Die Islamisten sahen, dass die jungen, nationalistischen Palästinenser die Dinge selbst in die Hand nehmen, wollten auch selber im Geschäft bleiben und mussten dann eine Bewegung gründen, um zu zeigen: wir sind mit dabei, sind auf den fahrenden Zug der Intifada gesprungen und wurden erst dadurch zu einer ernstzunehmenden Organisation, dann auch unter dem Namen Hamas, den es vorher noch nicht gab."
Auch die palästinensische Befreiungsbewegung PLO versuchte, auf diesen fahrenden Zug aufzuspringen, um ihren Führungsanspruch als Vertreterin aller Palästinenser zu behaupten. Knapp ein Jahr nach Beginn der Intifada rief das Parlament der PLO, der Palästinensische Nationalrat, in Algier den Staat Palästina aus - auf dem Gebiet des Westjordanlandes und des Gazastreifens. Die Proklamation hatte keine praktischen Konsequenzen, doch die implizite Anerkennung der Zwei-Staaten-Lösung, und damit Israels, öffnete die Türen für jene Kontakte, die fünf Jahre später zu den Oslo-Friedensabkommen führen sollten. Der Händedruck zwischen dem israelischen Ministerpräsidenten Rabin und PLO-Chef Arafat im September 1993 beendete die erste Intifada – aber nicht die Besatzung.
Yazeed Anani: "Die PLO hat nie transparent gemacht, worüber in Oslo wirklich verhandelt wurde. Wir haben uns auf sie verlassen: Sie wird schon das Beste für uns rausholen und die Besatzung beenden, aber als wir von den Details erfahren haben, war das das Ende dieser kollektiven Bewegung. Das wollen die Leute nicht noch mal erleben - ich denke, in diesem Punkt ist die Intifada gescheitert."
Zu den Problemen, die in den Oslo-Abkommen nicht gelöst, sondern nur auf später vertagt worden waren, zählte vor allem die Zukunft der jüdischen Siedlungen in den besetzten Gebieten - und damit die Frage, wer im Westjordanland und dem Gazastreifen eigentlich das Sagen hat. Die Enttäuschung, dass die Friedensabkommen nicht zu einem unabhängigen Staat führten, entlud sich schließlich sieben Jahre später – mit Beginn der 2. Intifada im September 2000.
"Es ging weniger um den Feind als um die Sache: Wir wollten Befreiung. Natürlich wollten wir die israelische Militärverwaltung loswerden, zu der wir immer gehen mussten, um Genehmigungen für alles mögliche zu kriegen. Aber wir wollten eine Gesellschaft nach unseren eigenen Vorstellungen aufbauen, das war das Ziel der Intifada und nicht das Kämpfen als Selbstzweck."
Für Sumaya Farhat-Naser war es kein Wunder, dass es vor allem die Jungen waren, die auf die Straße gingen. Die palästinensische Friedensaktivistin verwies in einem Interview auf den Sechs-Tage-Krieg, in dem Israel zur Besatzungsmacht im Westjordanland und dem Gazastreifen geworden war:
"Die ganze Aufruhr und der Widerstand wird zurzeit getragen von der Generation des Krieges '67. Für die sind die israelischen Soldaten Menschen, die nur Gewehre in der Hand haben, die nur zuschlagen, die nur Land konfiszieren, die nur Menschen vertreiben."
Um die Besatzung abzuschütteln – und das bedeutet "Intifada" – weigerten sich die Palästinenser, Steuern zu bezahlen, boykottierten israelische Produkte und schufen ihre eigenen, von Israel unabhängigen Institutionen.
Yazeed Anani: "Er hat Getreide und Zucker in der ganzen Nachbarschaft verteilt, während sich die Frauen getroffen haben, um Brot für uns alle zu backen. Am wichtigsten aber waren die Schulen. Überall wurden Schulen gegründet, in denen die Leute ihr Wissen weitergegeben haben. Denn das war Teil des politischen Kampfes: Erziehung ist wichtig und muss weitergehen."
Wie die israelische Besatzungsmacht, die mit Verhaftungen und Repressalien auf den Aufstand reagierte, wurde auch die islamistische Moslembruderschaft von der Intifada überrascht. Der Nahostexperte Volker Perthes:
"Die Islamisten sahen, dass die jungen, nationalistischen Palästinenser die Dinge selbst in die Hand nehmen, wollten auch selber im Geschäft bleiben und mussten dann eine Bewegung gründen, um zu zeigen: wir sind mit dabei, sind auf den fahrenden Zug der Intifada gesprungen und wurden erst dadurch zu einer ernstzunehmenden Organisation, dann auch unter dem Namen Hamas, den es vorher noch nicht gab."
Auch die palästinensische Befreiungsbewegung PLO versuchte, auf diesen fahrenden Zug aufzuspringen, um ihren Führungsanspruch als Vertreterin aller Palästinenser zu behaupten. Knapp ein Jahr nach Beginn der Intifada rief das Parlament der PLO, der Palästinensische Nationalrat, in Algier den Staat Palästina aus - auf dem Gebiet des Westjordanlandes und des Gazastreifens. Die Proklamation hatte keine praktischen Konsequenzen, doch die implizite Anerkennung der Zwei-Staaten-Lösung, und damit Israels, öffnete die Türen für jene Kontakte, die fünf Jahre später zu den Oslo-Friedensabkommen führen sollten. Der Händedruck zwischen dem israelischen Ministerpräsidenten Rabin und PLO-Chef Arafat im September 1993 beendete die erste Intifada – aber nicht die Besatzung.
Yazeed Anani: "Die PLO hat nie transparent gemacht, worüber in Oslo wirklich verhandelt wurde. Wir haben uns auf sie verlassen: Sie wird schon das Beste für uns rausholen und die Besatzung beenden, aber als wir von den Details erfahren haben, war das das Ende dieser kollektiven Bewegung. Das wollen die Leute nicht noch mal erleben - ich denke, in diesem Punkt ist die Intifada gescheitert."
Zu den Problemen, die in den Oslo-Abkommen nicht gelöst, sondern nur auf später vertagt worden waren, zählte vor allem die Zukunft der jüdischen Siedlungen in den besetzten Gebieten - und damit die Frage, wer im Westjordanland und dem Gazastreifen eigentlich das Sagen hat. Die Enttäuschung, dass die Friedensabkommen nicht zu einem unabhängigen Staat führten, entlud sich schließlich sieben Jahre später – mit Beginn der 2. Intifada im September 2000.