Der Bär ist los - noch!
Nicht mal auf das gute alte deutsche Sprichwort ist noch Verlass: Alter Hund macht gute Jagd – heißt es da, aber was die finnischen Spezialhunde – oder sind es karelische Elchhunde…? – da im bayerisch-österreichischen Grenzgebiet vollführen, hat mit einer gekonnten Jagd nicht viel zu tun.
Seit fast zwei Wochen versuchen eigens aus Finnland angeheuerte Jäger, Bruno, den Braunbären, zu stellen. Vielleicht liegt es an ihrem Auftrag, dass sich die begleitenden Spezialhunde so dämlich anstellen, denn das Tier soll nicht mit scharfer Munition erlegt, sondern lediglich narkotisiert werden. Solch eine Jagd macht Spezialhunden vermutlich keinen Spaß.
Die Häscher jedenfalls sind mit Problemen konfrontiert, von denen unsereins dachte, sie seien eigentlich Bestandteil des jagdlichen Alltags. Zum Beispiel einbrechende Dunkelheit, oder aber eine Fährte, die aufgrund der großen Hitze so schnell verdunstet, dass sie selbst von Hunden nicht mehr wahrgenommen werden kann.
Billig ist solch ein finnischer Suchtrupp übrigens nicht. Der zweiwöchige Einsatz kostet rund 25.000 Euro, den sich Bayern und Tirol teilen. Bruno hat nicht nur Schafe und Hühner gerissen, sondern auch ein großes Loch in die Kasse des österreichischen World Wildlife Fund. Dort schätzt man, dass die Jagd auf Bruno schon rund 100.000 Euro verschlungen hat, zum Beispiel für den Bau einer Spezialfalle, die allerdings bisher noch ihrer erste Nutzung harrt.
Fragen über Fragen: weshalb müssen in Ländern, in denen es vor Jägern nur so wimmelt, eigentlich speziell Jägersleute aus dem Ausland angeheuert werden?
Von den bundesweit fast 300.000 Jägern sind allein in Bayern mehr als 50.000 beheimatet. Wahrscheinlich können die nur scharf schießen... andererseits: auch das finnische Team soll keinen ausgesprochenen Betäubungsspezialisten in seinen Reihen haben…
Übrigens: Auf der Internetseite des österreichischen Jagdverbandes - der übrigens weitere 100.000 Waffenträger registriert - hätte man schon frühzeitig etwas über die Sorgen mit Braunbären erfahren können. Da steht zu lesen, dass es mit einigen der rund 35 Braunbären in der Alpenrepublik immer wieder Probleme gibt. Da handelt es sich nämlich nicht nur um liebe Brummbären, sondern vor allem um Tiere, die keine natürliche Scheu vor Menschen haben, wie ihre wildlebenden Artgenossen. Schuld daran sind nach Ansicht der österreichischen Jäger vor allem die Naturschutzorganisationen. In plakativ-medienwirksamer Weise hätten sie in den vergangenen Jahren Bären ausgesetzt, die sich eher so benehmen wie Bruno.
Ihm haben Tierexperten ja schon frühzeitig Verhaltensstörungen attestiert. Dass es so etwas gibt, war mir neu. Bruno ist sozusagen Angehöriger einer rüpelhaften Familie. Bärentechnisch gesehen könnte man sagen, er stammt aus dem Neukölln Norditaliens. Sein Zwillingsbruder JJ2 ist auch schon auffällig geworden, und seiner Mutter Jurka stellen Jäger in der Heimat nach. Bislang ohne Erfolg – möglicherweise sind auch das Finnen. Mutter Jurka hat übrigens noch drei weitere Junge, von denen zur Zeit keiner weiß, ob sie uns im bayerisch-österreichischen Grenzgebiet nicht später auch noch beglücken werden.
"Bruno" ist ein schlauer Bär. Nicht nur, dass er seinen Fängern eine nach dem anderen ausgewischt hat. Er spazierte schon seelenruhig durch den oberbayerischen Ferienort Kochel am See und machte sogar vor dem dortigen Polizeirevier kurz Rast. Als das Team der Bärenjäger eintraf, war "Bruno" längst verschwunden. Inzwischen hat er einen leichten Autounfall überstanden, und ist sogar in der Nähe von Wildbad Kreuth gesehen worden, wo sich das Bildungszentrum der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung befindet. Was will uns das sagen?
Vielleicht fragen Sie sich, ob solcher Wirbel angesichts eines Bären überhaupt gerechtfertigt ist. Nach Ansicht von Experten schon, denn niemand weiß, ob der Bär nicht bei einer seiner nächsten Begegnungen einem Touristen in Badeschlappen begegnet. Und dann fragt Bruno sicher auch nicht mehr nach guten oder schlechten Manieren.
Die Zeit arbeitet gegen den Bären, und am Samstag könnte für Bruno Feierabend sein, wie sich das fürs Wochenende gehört. Dann nämlich ist für die finnische Spezialtruppe auch Schicht. Wie soll es dann weitergehen? Entweder die Bären-Kopfjäger bekommen eine Vertragsverlängerung und fangen ihn lebend. Dann droht dem ungeliebten Asylanten die Abschiebung in ein bayerisches Wildgehege, oder – schlimmer noch – zurück zu seiner Problemfamilie ins Trentino.
Falls das fehlschlägt, wird's ganz eng für Bruno: fallen seine Sympathiewerte weiter so wie die der großen Koalition, wird sich im medialen Sommerloch sicher jemand finden, der dem finalen Rettungsschuss das Wort redet. Tötet Bruno! – oder versucht es wenigstens, denn dazu muss man ihn ja auch erstmal erwischen…
Harald Prokosch, Jahrgang 1959, Redakteur und Fernsehmoderator mit Stationen Stuttgarter Zeitung, Süddeutscher Rundfunk, SAT 1, ntv, Hauptabteilungsleiter Regionales SFB, jetzt Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Siemens Deutschland, Berlin
Die Häscher jedenfalls sind mit Problemen konfrontiert, von denen unsereins dachte, sie seien eigentlich Bestandteil des jagdlichen Alltags. Zum Beispiel einbrechende Dunkelheit, oder aber eine Fährte, die aufgrund der großen Hitze so schnell verdunstet, dass sie selbst von Hunden nicht mehr wahrgenommen werden kann.
Billig ist solch ein finnischer Suchtrupp übrigens nicht. Der zweiwöchige Einsatz kostet rund 25.000 Euro, den sich Bayern und Tirol teilen. Bruno hat nicht nur Schafe und Hühner gerissen, sondern auch ein großes Loch in die Kasse des österreichischen World Wildlife Fund. Dort schätzt man, dass die Jagd auf Bruno schon rund 100.000 Euro verschlungen hat, zum Beispiel für den Bau einer Spezialfalle, die allerdings bisher noch ihrer erste Nutzung harrt.
Fragen über Fragen: weshalb müssen in Ländern, in denen es vor Jägern nur so wimmelt, eigentlich speziell Jägersleute aus dem Ausland angeheuert werden?
Von den bundesweit fast 300.000 Jägern sind allein in Bayern mehr als 50.000 beheimatet. Wahrscheinlich können die nur scharf schießen... andererseits: auch das finnische Team soll keinen ausgesprochenen Betäubungsspezialisten in seinen Reihen haben…
Übrigens: Auf der Internetseite des österreichischen Jagdverbandes - der übrigens weitere 100.000 Waffenträger registriert - hätte man schon frühzeitig etwas über die Sorgen mit Braunbären erfahren können. Da steht zu lesen, dass es mit einigen der rund 35 Braunbären in der Alpenrepublik immer wieder Probleme gibt. Da handelt es sich nämlich nicht nur um liebe Brummbären, sondern vor allem um Tiere, die keine natürliche Scheu vor Menschen haben, wie ihre wildlebenden Artgenossen. Schuld daran sind nach Ansicht der österreichischen Jäger vor allem die Naturschutzorganisationen. In plakativ-medienwirksamer Weise hätten sie in den vergangenen Jahren Bären ausgesetzt, die sich eher so benehmen wie Bruno.
Ihm haben Tierexperten ja schon frühzeitig Verhaltensstörungen attestiert. Dass es so etwas gibt, war mir neu. Bruno ist sozusagen Angehöriger einer rüpelhaften Familie. Bärentechnisch gesehen könnte man sagen, er stammt aus dem Neukölln Norditaliens. Sein Zwillingsbruder JJ2 ist auch schon auffällig geworden, und seiner Mutter Jurka stellen Jäger in der Heimat nach. Bislang ohne Erfolg – möglicherweise sind auch das Finnen. Mutter Jurka hat übrigens noch drei weitere Junge, von denen zur Zeit keiner weiß, ob sie uns im bayerisch-österreichischen Grenzgebiet nicht später auch noch beglücken werden.
"Bruno" ist ein schlauer Bär. Nicht nur, dass er seinen Fängern eine nach dem anderen ausgewischt hat. Er spazierte schon seelenruhig durch den oberbayerischen Ferienort Kochel am See und machte sogar vor dem dortigen Polizeirevier kurz Rast. Als das Team der Bärenjäger eintraf, war "Bruno" längst verschwunden. Inzwischen hat er einen leichten Autounfall überstanden, und ist sogar in der Nähe von Wildbad Kreuth gesehen worden, wo sich das Bildungszentrum der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung befindet. Was will uns das sagen?
Vielleicht fragen Sie sich, ob solcher Wirbel angesichts eines Bären überhaupt gerechtfertigt ist. Nach Ansicht von Experten schon, denn niemand weiß, ob der Bär nicht bei einer seiner nächsten Begegnungen einem Touristen in Badeschlappen begegnet. Und dann fragt Bruno sicher auch nicht mehr nach guten oder schlechten Manieren.
Die Zeit arbeitet gegen den Bären, und am Samstag könnte für Bruno Feierabend sein, wie sich das fürs Wochenende gehört. Dann nämlich ist für die finnische Spezialtruppe auch Schicht. Wie soll es dann weitergehen? Entweder die Bären-Kopfjäger bekommen eine Vertragsverlängerung und fangen ihn lebend. Dann droht dem ungeliebten Asylanten die Abschiebung in ein bayerisches Wildgehege, oder – schlimmer noch – zurück zu seiner Problemfamilie ins Trentino.
Falls das fehlschlägt, wird's ganz eng für Bruno: fallen seine Sympathiewerte weiter so wie die der großen Koalition, wird sich im medialen Sommerloch sicher jemand finden, der dem finalen Rettungsschuss das Wort redet. Tötet Bruno! – oder versucht es wenigstens, denn dazu muss man ihn ja auch erstmal erwischen…
Harald Prokosch, Jahrgang 1959, Redakteur und Fernsehmoderator mit Stationen Stuttgarter Zeitung, Süddeutscher Rundfunk, SAT 1, ntv, Hauptabteilungsleiter Regionales SFB, jetzt Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Siemens Deutschland, Berlin