Schweizer Unterstützung für afghanische Skisportler
In ihrer Heimat haben sie auf Brettern der Marke Eigenbau trainiert. Nun sind zwei afghanische Skiläufer in den mondänen Schweizer Skiort St. Moritz gekommen, um für die alpine WM zu trainieren. Ein gemeinnütziger Verein unterstützt den Aufbau einer Skischule im afghanischen Bamiyan.
Alishan Farhang ist jetzt 26 Jahre. Vor sechs Jahren hörte er vom Skisport. Und stand bald darauf erstmals auf selbstgebauten Brettern –in seiner afghanischen Heimat Bamiyan:
"Wir rutschten bei uns auf dem Schnee hinterm Haus herum, das war alles, meistens im März, wenn er hart war. Aber im Grunde hatte ich vor 2011 überhaupt keine Idee, was Skier sind."
Bereits den dritten Winter in der Schweiz
Seinem zwei Jahre jüngeren Landsmann Sajjad Husaini, der in Bamiyan als Bergführer arbeitet, ging es ähnlich. Jetzt verbringen die beiden bereits den dritten Winter in St. Moritz – auf Skiern:
"Um Viertel vor acht früh bis drei Uhr nachmittags sind wir auf der Piste, anschließend Krafttraining, dann wachsen wir die Skier für den nächsten Tag, essen, gehen schlafen."
Die beiden trainieren täglich im Skigebiet Corviglia - für nichts Geringeres als die Weltmeisterschaft im Riesenslalom.
"Ich merke jetzt, dass ich auch körperlich hart trainieren muss. Anfangs dachte ich, Technik reicht aus, aber jetzt verstehe ich das Skifahren besser."
Vermutlich wären die beiden jungen Männer nie nach St. Moritz gekommen, wenn Christoph Zürcher, Journalist bei der "Neuen Zürcher Zeitung", nicht 2011 während einer Reportage im zentralafghanischen Bamiyan festgesessen hätte:
"Es ist schwierig, auf der Straße nach Bamiyan zu kommen, ein bisschen unsicher. Es gab für mehrere Tage keine Flugzeuge zurück nach Kabul. Da saß ich fest und habe mir diese wunderbaren weißen Berge anschauen können, sehr ausgiebig, und dann dauert es bei Schweizern nicht so lange, wenn sie Berge und Schnee sehen, dass sie an Skifahren denken."
Wie vor 100 Jahren in St. Moritz
Kurzerhand organisierte Christoph Zürcher im von St. Moritz 8000 Kilometer entfernten Bamiyan ein Skirennen. Ein Film zeigt, wie Männer in den Bergen des Koh-e-Baba-Massivs auf ihren Brettern Marke Eigenbau - Holzlatten mit Lederriemen als Bindung und flach gepressten Cola-Dosen als Belag - den Berg hinaufrennen und dann durch den Pulverschnee wieder hinunterfahren.
Das Rennen in Afghanistan findet seitdem jedes Jahr statt und lockt inzwischen Skifreaks aus aller Welt in die verhältnismäßig friedliche Region mit ihrer unberührten Bergwelt.
"Ich war vor zwei Jahren in Bamiyan bei diesem Skirennen, und ich musste feststellen, dass es in Bamiyan so ist, wie hier vor 100 Jahren in St. Moritz."
Christoph Berthod, Sportdirektor von St. Moritz, hatte seinerzeit die Reportage von Christoph Zürcher über das afghanische Skirennen gelesen und wollte sich vor Ort engagieren.
"Wir haben einen Skiclub aufgebaut in Bamiyan. Es gibt das Skirennen einerseits, und wir schicken jedes Jahr auch noch einen Skilehrer nach Bamiyan. Und die beiden, die hier im Training sind, erlernen einerseits den Rennsport und andererseits ist es vorgesehen, dass sie sich eine Zukunft aufbauen können."
Eine Bar mit bunten Kissen aus Afghanistan
Das Geld kommt von Sponsoren und aus Erlösen eines Skirennens in St. Moritz, das der Bamiyan Ski Club alljährlich dort veranstaltet. Und von der gleichnamigen Pop-up-Bar im Zentrum von St. Moritz.
"Also der Club hat die Hintergründe von was Orientalischem, von Afghanistan, und bei uns gibt es orientalisch angehauchte Speisen. Wir geben St. Moritz doch eine gewisse kleine Oase, die sich mit nichts vergleichen lässt."
So Geschäftsführer Rene. Bunte Kissen und Decken aus Afghanistan verbreiten im Club eine gemütliche Atmosphäre, ganz anders als die in den schicken Bars, in denen sich viele St. Moritzer Gäste sonst tummeln.
Für das St. Moritzer Nachtleben haben Sajjad und Alishan wenig Zeit. Sie müssen trainieren. Nicht nur jetzt für die Weltmeisterschaft, sondern auch für Korea!
"Das Hauptziel sind die olympischen Winterspiele 2018."