Der Beginn des "Blauen Reiters"
Als Gegenveranstaltung zur Jahresschau der "Neuen Münchner Künstlervereinigung" gründen Wassily Kandinsky, Franz Marc, Alexej von Jawlensky und Paul Klee die Künstlergruppe "Der Blaue Reiter". Dazu entstand ein sehr erfolgreicher Kunstalmanach.
Zitat Wassily Kandinsky
"Den ‘Blauen Reiter’ erfanden wir am Kaffeetisch, in der Gartenlaube in Sindelsdorf; beide liebten wir Blau. Franz Marc die Pferde, ich die Reiter. So kam der Name von selbst. Und der märchenhafte Kaffee von Frau Maria Marc mundete uns noch besser."
So erinnerte sich Wassily Kandinsky, einer der Väter des "Blauen Reiters". Er und Franz Marc, Alexej von Jawlensky und Paul Klee liebten das Land an der Loisach zwischen Murnau, Kochel und Sindelsdorf, wo die Familie Marc wohnte. Fuchs und Hase sagten sich Gute Nacht. Kuh, Ochs und Gaul waren den Künstlern nahe. Aber woher kam der Blaue Reiter? – Die Kunsthistorikerin Christine Hopfengarth:
"Die Figur des Reiters kommt von dem Ritter-Heiligen Georg. Das ist der Heilige, der die Jungfrau befreit; und diesen Kampf des Bösen gegen das Gute symbolisiert im Blauen Reiter den Kampf der neuen Kunst gegen die alte, überlebte Kunst."
"Blauer Reiter" – das war zunächst nur ein Name auf einem Plakat, das am 18. Dezember 1911 für eine Ausstellung in der Münchener Galerie Thannhauser warb, eine Gegenveranstaltung zur Jahresschau der "Neuen Künstlervereinigung München", die Kandinsky und seine Lebensgefährtin Gabriele Münter kurz zuvor mit begründet hatten. Nun brach die Künstlervereinigung auseinander, weil die Mehrheit ein abstraktes Bild Kandinskys, die "Komposition V", ablehnte. Doch die Posse aus Vereinsmeierei und beleidigter Eitelkeit wurde zum Treibsatz eines modernen, seiner Zeit weit vorauseilenden Unternehmens: "Blauer Reiter" – so wurde der ambitionierte Kunst-Almanach getauft, den Kandinsky zeitgleich herausgab. Neben Marc und Macke schrieben darin u. a. Alfred Kubin, die russischen Brüder Burliuk und der Wiener Komponist und Maler Arnold Schönberg. Der Almanach wurde ein PR-Erfolg. Franz Marc schwärmte:
"Der Eindruck des Buches ist ganz fabelhaft. Ich hatte ein solches Glücksgefühl, es endlich fertig vor mir zu sehen. Wir stehen an der Tür einer der größten Epochen, die die Menschheit bis jetzt erlebt hat, der Epoche des Großen Geistigen ..."
Dem "Geistigen in der Kunst" hatte Kandinsky soeben eine kunsttheoretische Schrift gewidmet, in der er die äußere Gestalt der realen Gegenstände als zufällig, ihre geistige Substanz dagegen als ewig begründete:
"Die Linie ist ein Ding wie ein Stuhl. Wenn also im Bild eine Linie von dem Ziel, einen Gegenstand zu bezeichnen, befreit ist, wird ihr innerer Klang durch keine Nebenrollen abgeschwächt, und sie bekommt ihre volle Kraft. Man sollte sich aus der Form keine Gottheit machen. Nicht die Form, die Materie, ist das Wichtigste, sondern der Inhalt, der Geist."
Den Geist suchten die "Blauen Reiter" in Tiersymbolik, Rittermotiven und aufgetürmten blauen Pferden. Kreatur und Natur verschwammen, das Reale löste sich auf – in einen universalen, vitalen Traum. Franz Marc konstruierte animalische Ikonen und Kandinsky erfand atemberaubende, zunehmend wildere, freiere Wege, um Figur und Bildrealität aufzulösen. Der Begriff Abstraktion wurde zum Zauberwort:
"Wir wollen nicht wie die lustigen Erben leben, von der Vergangenheit. Das Erbe ist aufgezehrt. Wir setzen großen Jahrhunderten ein ‘Nein’ entgegen. ... Es wird uns soweit gelingen, als wir den Logos von Jahrtausenden beim künstlerischen Schaffen überwinden."
Franz Marcs Zukunfts-Traum erfüllte sich nicht. Statt der "Epoche des Großen Geistigen" kam das Blutbad des Ersten Weltkriegs.
"Das bedeutete, dass Kandinsky als Russe aus Deutschland weggehen musste, er ging dann zurück nach Russland. Auch Gabriele Münter ist weggegangen. Marc hat sich sofort freiwillig in den Krieg gemeldet, fiel 1916. Macke wurde auch sofort eingezogen und fiel bereits wenige Wochen später im September 1914 – der Blaue Reiter war praktisch mit August 1914 zu Ende."
Geblieben ist der "Blaue Reiter"-Almanach: ein Kultbuch der Moderne, gefüllt mit alten und neuen, abstrakten und naiven Bildern, Schnitzereien aus Borneo, Volkskunst aus Russland und Alaska. Mit der Ausstellungstournee durch ganz Mitteleuropa – gemeinsam mit der Berliner Galerie "Der Sturm" – erfanden die "Blauen Reiter" ganz nebenbei auch den internationalen Kunstmarkt. Vor allem aber blieben Weite und Buntheit eines neuen künstlerischen Blicks; ihm verdankt sich die Popularität der Künstler des "Blauen Reiters" bis heute.
"Den ‘Blauen Reiter’ erfanden wir am Kaffeetisch, in der Gartenlaube in Sindelsdorf; beide liebten wir Blau. Franz Marc die Pferde, ich die Reiter. So kam der Name von selbst. Und der märchenhafte Kaffee von Frau Maria Marc mundete uns noch besser."
So erinnerte sich Wassily Kandinsky, einer der Väter des "Blauen Reiters". Er und Franz Marc, Alexej von Jawlensky und Paul Klee liebten das Land an der Loisach zwischen Murnau, Kochel und Sindelsdorf, wo die Familie Marc wohnte. Fuchs und Hase sagten sich Gute Nacht. Kuh, Ochs und Gaul waren den Künstlern nahe. Aber woher kam der Blaue Reiter? – Die Kunsthistorikerin Christine Hopfengarth:
"Die Figur des Reiters kommt von dem Ritter-Heiligen Georg. Das ist der Heilige, der die Jungfrau befreit; und diesen Kampf des Bösen gegen das Gute symbolisiert im Blauen Reiter den Kampf der neuen Kunst gegen die alte, überlebte Kunst."
"Blauer Reiter" – das war zunächst nur ein Name auf einem Plakat, das am 18. Dezember 1911 für eine Ausstellung in der Münchener Galerie Thannhauser warb, eine Gegenveranstaltung zur Jahresschau der "Neuen Künstlervereinigung München", die Kandinsky und seine Lebensgefährtin Gabriele Münter kurz zuvor mit begründet hatten. Nun brach die Künstlervereinigung auseinander, weil die Mehrheit ein abstraktes Bild Kandinskys, die "Komposition V", ablehnte. Doch die Posse aus Vereinsmeierei und beleidigter Eitelkeit wurde zum Treibsatz eines modernen, seiner Zeit weit vorauseilenden Unternehmens: "Blauer Reiter" – so wurde der ambitionierte Kunst-Almanach getauft, den Kandinsky zeitgleich herausgab. Neben Marc und Macke schrieben darin u. a. Alfred Kubin, die russischen Brüder Burliuk und der Wiener Komponist und Maler Arnold Schönberg. Der Almanach wurde ein PR-Erfolg. Franz Marc schwärmte:
"Der Eindruck des Buches ist ganz fabelhaft. Ich hatte ein solches Glücksgefühl, es endlich fertig vor mir zu sehen. Wir stehen an der Tür einer der größten Epochen, die die Menschheit bis jetzt erlebt hat, der Epoche des Großen Geistigen ..."
Dem "Geistigen in der Kunst" hatte Kandinsky soeben eine kunsttheoretische Schrift gewidmet, in der er die äußere Gestalt der realen Gegenstände als zufällig, ihre geistige Substanz dagegen als ewig begründete:
"Die Linie ist ein Ding wie ein Stuhl. Wenn also im Bild eine Linie von dem Ziel, einen Gegenstand zu bezeichnen, befreit ist, wird ihr innerer Klang durch keine Nebenrollen abgeschwächt, und sie bekommt ihre volle Kraft. Man sollte sich aus der Form keine Gottheit machen. Nicht die Form, die Materie, ist das Wichtigste, sondern der Inhalt, der Geist."
Den Geist suchten die "Blauen Reiter" in Tiersymbolik, Rittermotiven und aufgetürmten blauen Pferden. Kreatur und Natur verschwammen, das Reale löste sich auf – in einen universalen, vitalen Traum. Franz Marc konstruierte animalische Ikonen und Kandinsky erfand atemberaubende, zunehmend wildere, freiere Wege, um Figur und Bildrealität aufzulösen. Der Begriff Abstraktion wurde zum Zauberwort:
"Wir wollen nicht wie die lustigen Erben leben, von der Vergangenheit. Das Erbe ist aufgezehrt. Wir setzen großen Jahrhunderten ein ‘Nein’ entgegen. ... Es wird uns soweit gelingen, als wir den Logos von Jahrtausenden beim künstlerischen Schaffen überwinden."
Franz Marcs Zukunfts-Traum erfüllte sich nicht. Statt der "Epoche des Großen Geistigen" kam das Blutbad des Ersten Weltkriegs.
"Das bedeutete, dass Kandinsky als Russe aus Deutschland weggehen musste, er ging dann zurück nach Russland. Auch Gabriele Münter ist weggegangen. Marc hat sich sofort freiwillig in den Krieg gemeldet, fiel 1916. Macke wurde auch sofort eingezogen und fiel bereits wenige Wochen später im September 1914 – der Blaue Reiter war praktisch mit August 1914 zu Ende."
Geblieben ist der "Blaue Reiter"-Almanach: ein Kultbuch der Moderne, gefüllt mit alten und neuen, abstrakten und naiven Bildern, Schnitzereien aus Borneo, Volkskunst aus Russland und Alaska. Mit der Ausstellungstournee durch ganz Mitteleuropa – gemeinsam mit der Berliner Galerie "Der Sturm" – erfanden die "Blauen Reiter" ganz nebenbei auch den internationalen Kunstmarkt. Vor allem aber blieben Weite und Buntheit eines neuen künstlerischen Blicks; ihm verdankt sich die Popularität der Künstler des "Blauen Reiters" bis heute.