Der Blick auf den christlichen Fundamentalismus
Auch in diesem Jahr wurden in Madrid wieder die spanischen Filmpreise - die sogenannten Goyas - verliehen. José Luis Cuerdas Film "Los girasoles ciegos" über den Spanischen Bürgerkrieg hatte zwar die meisten Nominierungen, erhielt schließlich aber nur einen Goya. Der Überraschungssieger war Javier Fessers Film "Camino".
Der große Gewinner des Abends war wie so oft bei den Goyas eine Überraschung. Javier Fesser erzählt in "Camino" vom Krebstod eines 11-jährigen Mädchens aus einer strenggläubigen Familie der katholischen Laienorganisation Opus Dei und erhielt den Goya für den besten Film, für die beste Hauptdarstellerin, die beste Nachwuchsdarstellerin. Camino basiert auf der realen Geschichte des spanischen Mädchens Alexia González - Barros, (1971 - 1985) die nach ihrem Tod auf Betreiben des Opus Die selig gesprochen werden soll.
Javier Fesser verlegt die Leidensgeschichte seiner Heldin allerdings in die Gegenwart, und inszeniert das Leiden und die erste Liebe der 11-jährigen Camino mit opulenten und teilweise exzentrisch naiven Traumsequenzen und kindlichen Phantasiebildern fast wie ein spirituelles Bollywood. Gleichzeitig zeigt er Camino in ihrem familiären Umfeld mit den Wertvorstellungen des Opus Dei und die langsame Vereinnahmung des Sterbens des Kindes durch den rechtskonservativen Fundamentalismus innerhalb der katholischen Kirche.
Dabei ist Camino kein anklagender Politfilm, sondern Javier Fesser inszeniert die Geschichte visuell verspielt, stellenweise fast wie einen Horrorfilm mit faszinierenden Bildkompositionen und ist so trotz seiner Länge von zweieinhalb Stunden sehr kurzweilig. In "Camino" erzählt Javier Fesser am Beispiel eines Mädchens und seiner Familie viel über christlichen Fundamentalismus, bisher kein Thema im spanischen Film:
"Camino versucht eine bestimmte Wahrheit aufzudecken. Und ich konnte mich auf zahlreiche Zeugnisse stützen, von wunderbaren Menschen, von denen viele in eine Organisation verstrickt waren, die zu Unrecht "Werk Gottes" genannt wird."
Der große Verlierer des Abends war der sehr konventionell erzählte Ausstattungsfilm über die unmittelbare Zeit nach dem Spanischen Bürgerkrieg "Los girosoles ciegos" (Die blinden Sonnenblumen). Im Zentrum der Geschichte steht eine junge Frau, die ihren vom Regime zum Tode verurteilten Mann in einer Dachkammer versteckt hält. Die Katastrophe kommt, als ein junger Priester beginnt, der vermeintlichen Witwe nachzustellen. Von 15 Nominierungen erhielt der Film nur den Goya für das beste, nach einer literarischen Vorlage adaptierte Drehbuch. Wie andere Ausstattungsfilme zum Spanischen Bürgerkrieg in den letzten Monaten thematisiert auch der 62-jährige José Luis Cuerda die Rolle der katholischen Kirche. Seinen Kritikern hält er entgegen, dass die Aufarbeitung von Bürgerkrieg und Diktatur in Spanien noch nicht abgeschlossen ist:
"Ich bin es leid, dass 40 Jahre wurde doch immer nur die eine Sicht auf die Geschichte vermittelt wurde, ihre Sicht. Und die Kirche indoktriniert seit Hunderten von Jahren mit ihren Dogmen und ihrer Moral und auch ihre Darstellung der Geschichte, die teilweise völlig falsch ist. Jetzt sprechen Sie wieder hunderte von im Bürgerkrieg umgekommenen Priestern heilig, aber andere Geschichten verschweigen sie. Etwa das in Badajoz ein Priester einen unbewaffneten Milizionär im Beichtstuhl erschossen hat, wo er sich versteckt hatte."
Jüngere Filmemacher beschäftigen sich mit anderen Brennpunkten der spanischen Gesellschaft, jenseits der Vergangenheitsbewältigung. Ein Thema ist die Immigration oder das Leben in den grauen Vorstädten spanischer Großstädte.
2008 war kein besonders gutes Jahr für den spanischen Film, weder an der heimischen Kinokasse noch bei internationalen Festivals. Wirklich bekannt geworden sind spanische Produzenten im Filmjahr 2008 durch internationale Koproduktionen mit spanischer Finanzierung. So erhielt Penelope Cruz den Goya für die beste Nebendarstellerin in Woody Allens "Vicky, Christina, Barcelona" und Benicio del Toro erhielt für seine Darstellung in Steven Soderbergh "Che Guevara" den Preis für die beste männliche Hauptrolle.
173 Filme wurden 2008 in Spanien produziert. Viele davon kommen nie in die Kinos. Auch keiner, der für die Goya-Preise nominierten Kandidaten gehörte zu den zehn erfolgreichsten Filmen des vergangenen Jahres. Als Grund führen spanische Produzenten die Dominanz amerikanischer Verleiher an und die Videopiraterie. Es liegt aber auch an der konservativen Grundeinstellung der spanischen Verleiher und Kinobesitzer und oft sind die Filme inhaltlich und gestalterisch zu hausbacken sagt Nacho Vigalondo, der mit seinem Film "Los Chronocrimenes - Die Zeiträuber" für den besten Erstlingsfilm nominiert war. Er gehört auch zu einer neuen Generation, die auf innovative Weise mit alten Genremustern arbeitet:
"Ich glaube der spanische Filmmarkt ist sehr delikat. Wenn schon die ganz konventionellen Filme um die Kinostarts kämpfen, haben eigenwillige Filme, wie die unseren kaum eine Chance. Wir machen die Filme, die uns schon als Kinder fasziniert haben, Genrefilme, Science fiction, Horrorfilme aber wir machen sie auf unsere Weise, jeder mit seiner eigenen Gefühlslage."
Das dürfte den Altmeister Jesús Franco erfreuen, der gestern Nacht den Ehrengoya für sein Lebenswerk erhielt. Fast 200, zumeist im Ausland gedrehte skurrile und oft mit minimaler Finanzierung entstandene Horror- und Erotikfilme, wie "Der schreckliche Dr. Orloff" oder "Killerbarbies versus" die nicht nur in Spanien eine treue Anhängerschaft, aber auch viele Jungfilmer begeistert und inspiriert haben, gehören zu seiner Filmografie. Jesus Franco widmete den Ehrengoya seiner Frau, dem spanischen Altmeister Juan Antonio Bardem und dem Filmarchiv in Paris und dem Nachwuchs:
"Wo ich in der finstersten Zeit der Franco-Diktatur, als ich aus Madrid geflüchtet war, all diese wunderbaren Filme sehen konnte, die in Spanien zensiert waren, oder nur verstümmelt zu sehen waren. Ich möchte den Preis aber auch dem Nachwuchs widmen den mehr als 4000 jungen Mädchen und Jungen widmen, die nur darauf warten das endlich einer ihre wunderbaren Kurzfilme produziert."
Javier Fesser verlegt die Leidensgeschichte seiner Heldin allerdings in die Gegenwart, und inszeniert das Leiden und die erste Liebe der 11-jährigen Camino mit opulenten und teilweise exzentrisch naiven Traumsequenzen und kindlichen Phantasiebildern fast wie ein spirituelles Bollywood. Gleichzeitig zeigt er Camino in ihrem familiären Umfeld mit den Wertvorstellungen des Opus Dei und die langsame Vereinnahmung des Sterbens des Kindes durch den rechtskonservativen Fundamentalismus innerhalb der katholischen Kirche.
Dabei ist Camino kein anklagender Politfilm, sondern Javier Fesser inszeniert die Geschichte visuell verspielt, stellenweise fast wie einen Horrorfilm mit faszinierenden Bildkompositionen und ist so trotz seiner Länge von zweieinhalb Stunden sehr kurzweilig. In "Camino" erzählt Javier Fesser am Beispiel eines Mädchens und seiner Familie viel über christlichen Fundamentalismus, bisher kein Thema im spanischen Film:
"Camino versucht eine bestimmte Wahrheit aufzudecken. Und ich konnte mich auf zahlreiche Zeugnisse stützen, von wunderbaren Menschen, von denen viele in eine Organisation verstrickt waren, die zu Unrecht "Werk Gottes" genannt wird."
Der große Verlierer des Abends war der sehr konventionell erzählte Ausstattungsfilm über die unmittelbare Zeit nach dem Spanischen Bürgerkrieg "Los girosoles ciegos" (Die blinden Sonnenblumen). Im Zentrum der Geschichte steht eine junge Frau, die ihren vom Regime zum Tode verurteilten Mann in einer Dachkammer versteckt hält. Die Katastrophe kommt, als ein junger Priester beginnt, der vermeintlichen Witwe nachzustellen. Von 15 Nominierungen erhielt der Film nur den Goya für das beste, nach einer literarischen Vorlage adaptierte Drehbuch. Wie andere Ausstattungsfilme zum Spanischen Bürgerkrieg in den letzten Monaten thematisiert auch der 62-jährige José Luis Cuerda die Rolle der katholischen Kirche. Seinen Kritikern hält er entgegen, dass die Aufarbeitung von Bürgerkrieg und Diktatur in Spanien noch nicht abgeschlossen ist:
"Ich bin es leid, dass 40 Jahre wurde doch immer nur die eine Sicht auf die Geschichte vermittelt wurde, ihre Sicht. Und die Kirche indoktriniert seit Hunderten von Jahren mit ihren Dogmen und ihrer Moral und auch ihre Darstellung der Geschichte, die teilweise völlig falsch ist. Jetzt sprechen Sie wieder hunderte von im Bürgerkrieg umgekommenen Priestern heilig, aber andere Geschichten verschweigen sie. Etwa das in Badajoz ein Priester einen unbewaffneten Milizionär im Beichtstuhl erschossen hat, wo er sich versteckt hatte."
Jüngere Filmemacher beschäftigen sich mit anderen Brennpunkten der spanischen Gesellschaft, jenseits der Vergangenheitsbewältigung. Ein Thema ist die Immigration oder das Leben in den grauen Vorstädten spanischer Großstädte.
2008 war kein besonders gutes Jahr für den spanischen Film, weder an der heimischen Kinokasse noch bei internationalen Festivals. Wirklich bekannt geworden sind spanische Produzenten im Filmjahr 2008 durch internationale Koproduktionen mit spanischer Finanzierung. So erhielt Penelope Cruz den Goya für die beste Nebendarstellerin in Woody Allens "Vicky, Christina, Barcelona" und Benicio del Toro erhielt für seine Darstellung in Steven Soderbergh "Che Guevara" den Preis für die beste männliche Hauptrolle.
173 Filme wurden 2008 in Spanien produziert. Viele davon kommen nie in die Kinos. Auch keiner, der für die Goya-Preise nominierten Kandidaten gehörte zu den zehn erfolgreichsten Filmen des vergangenen Jahres. Als Grund führen spanische Produzenten die Dominanz amerikanischer Verleiher an und die Videopiraterie. Es liegt aber auch an der konservativen Grundeinstellung der spanischen Verleiher und Kinobesitzer und oft sind die Filme inhaltlich und gestalterisch zu hausbacken sagt Nacho Vigalondo, der mit seinem Film "Los Chronocrimenes - Die Zeiträuber" für den besten Erstlingsfilm nominiert war. Er gehört auch zu einer neuen Generation, die auf innovative Weise mit alten Genremustern arbeitet:
"Ich glaube der spanische Filmmarkt ist sehr delikat. Wenn schon die ganz konventionellen Filme um die Kinostarts kämpfen, haben eigenwillige Filme, wie die unseren kaum eine Chance. Wir machen die Filme, die uns schon als Kinder fasziniert haben, Genrefilme, Science fiction, Horrorfilme aber wir machen sie auf unsere Weise, jeder mit seiner eigenen Gefühlslage."
Das dürfte den Altmeister Jesús Franco erfreuen, der gestern Nacht den Ehrengoya für sein Lebenswerk erhielt. Fast 200, zumeist im Ausland gedrehte skurrile und oft mit minimaler Finanzierung entstandene Horror- und Erotikfilme, wie "Der schreckliche Dr. Orloff" oder "Killerbarbies versus" die nicht nur in Spanien eine treue Anhängerschaft, aber auch viele Jungfilmer begeistert und inspiriert haben, gehören zu seiner Filmografie. Jesus Franco widmete den Ehrengoya seiner Frau, dem spanischen Altmeister Juan Antonio Bardem und dem Filmarchiv in Paris und dem Nachwuchs:
"Wo ich in der finstersten Zeit der Franco-Diktatur, als ich aus Madrid geflüchtet war, all diese wunderbaren Filme sehen konnte, die in Spanien zensiert waren, oder nur verstümmelt zu sehen waren. Ich möchte den Preis aber auch dem Nachwuchs widmen den mehr als 4000 jungen Mädchen und Jungen widmen, die nur darauf warten das endlich einer ihre wunderbaren Kurzfilme produziert."