Über das Leben eines Störenfrieds
07:24 Minuten
Der Borkenkäfer ist in den Medien eine Berühmtheit – und berüchtigt. Lässt er doch die vom Klimawandel ohnehin geschwächten Fichtenwälder absterben und richtet so Schäden in Millionenhöhe an. Über sein Leben ist aber nur wenig bekannt.
Ohne Taschenmesser geht Peter Biedermann nie aus dem Haus. Er forscht am Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie der der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Sein aktueller Schwerpunkt: der Borkenkäfer.
"Ich hab den Käfer zerquetscht." Das passiert nicht selten, immerhin ist so ein Borkenkäfer winzig klein. "Der Käfer ist so fünf bis sechs Millimeter groß. Sehen nicht besonders schön aus. So wie so braune Zylinder."
Auf den ersten Blick wirken die kleinen Insekten, die aussehen wie ovale Kugeln mit Flügeln, sechs Beinchen und zwei Fühlern, nicht sehr bedrohlich. Dabei richten sie derzeit großen Schaden an, nicht nur in Deutschlands Wäldern, sondern überall in Mitteleuropa und Nordamerika. Auch hier im Leipziger Norden, wo der Tierökologe weiter den Baum bearbeitet.
"Das ist ein Fichtenborkenkäfer und da ist ein zweiter." Peter Biedermann vermutet noch Hunderte weitere Käfer in dieser jetzt schon geschwächten Fichte, ihr Lieblingsort.
"Die beste Methode, einen Borkenkäfer zu erkennen, ist wahrscheinlich nach einer kränkelnden Fichte Ausschau zu halten. Und dann mal diesen Stamm sich genau anzusehen. Wenn man dann sieht: Ah, da sind so Harztröpfchen, dann mal ein Taschenmesser zu Hand nehmen und versuchen, diese Rinde abzunehmen."
"Ich hab den Käfer zerquetscht." Das passiert nicht selten, immerhin ist so ein Borkenkäfer winzig klein. "Der Käfer ist so fünf bis sechs Millimeter groß. Sehen nicht besonders schön aus. So wie so braune Zylinder."
Auf den ersten Blick wirken die kleinen Insekten, die aussehen wie ovale Kugeln mit Flügeln, sechs Beinchen und zwei Fühlern, nicht sehr bedrohlich. Dabei richten sie derzeit großen Schaden an, nicht nur in Deutschlands Wäldern, sondern überall in Mitteleuropa und Nordamerika. Auch hier im Leipziger Norden, wo der Tierökologe weiter den Baum bearbeitet.
"Das ist ein Fichtenborkenkäfer und da ist ein zweiter." Peter Biedermann vermutet noch Hunderte weitere Käfer in dieser jetzt schon geschwächten Fichte, ihr Lieblingsort.
"Die beste Methode, einen Borkenkäfer zu erkennen, ist wahrscheinlich nach einer kränkelnden Fichte Ausschau zu halten. Und dann mal diesen Stamm sich genau anzusehen. Wenn man dann sieht: Ah, da sind so Harztröpfchen, dann mal ein Taschenmesser zu Hand nehmen und versuchen, diese Rinde abzunehmen."
Durch Baumharz schwimmen
Diese Harztröpfchen entstehen immer dort, wo sich der männliche Borkenkäfer in den Baum gebohrt hat. Sie sind ein Zeichen dafür, dass sich der Baum versucht hat zu wehren.
"Für uns ist dieses Harz ja total klebrig. Bei den Käfern ist das dann so, dass die wie im Wasser in dem Harz rumschwimmen." Sobald sich der Käfer durch die Rinde des Baumes gebohrt hat, baut er eine sogenannte Rammelkammer. Sie dient zur Fortpflanzung. "Und dieses Männchen lockt dann über Pheromone Weibchen an. Die fliegen dann diesen Baum an, kriechen zum Männchen in die Rammelkammer. Dort verbaut sich das Männchen mit den Weibchen und die Weibchen machen dann Kammern nach oben und unten."
Die Gänge unterbrechen die Versorgung zwischen Wurzel und Krone. Einmal befallen, sind die Bäume nicht mehr zu retten und sterben ab. Auf der Borke entsteht ein Muster, dass dem Borkenkäfer seinen Zweitnamen "Buchdrucker" einbrachte.
"Der hat den Namen deshalb, weil: Wenn man diese Rinde abnimmt, dann sieht man das wie ein Gemälde. Einerseits sieht das teilweise aus wie Buchstaben. Man hat ja diese Rammelkammer in der Mitte. Das ist so eine kleine, runde Kammer. Dann ausgehend von dieser Rammelkammer die Gänge der Weibchen in verschiedene Richtungen. Und dann sieht man teilweise so 'Hs'."
"Für uns ist dieses Harz ja total klebrig. Bei den Käfern ist das dann so, dass die wie im Wasser in dem Harz rumschwimmen." Sobald sich der Käfer durch die Rinde des Baumes gebohrt hat, baut er eine sogenannte Rammelkammer. Sie dient zur Fortpflanzung. "Und dieses Männchen lockt dann über Pheromone Weibchen an. Die fliegen dann diesen Baum an, kriechen zum Männchen in die Rammelkammer. Dort verbaut sich das Männchen mit den Weibchen und die Weibchen machen dann Kammern nach oben und unten."
Die Gänge unterbrechen die Versorgung zwischen Wurzel und Krone. Einmal befallen, sind die Bäume nicht mehr zu retten und sterben ab. Auf der Borke entsteht ein Muster, dass dem Borkenkäfer seinen Zweitnamen "Buchdrucker" einbrachte.
"Der hat den Namen deshalb, weil: Wenn man diese Rinde abnimmt, dann sieht man das wie ein Gemälde. Einerseits sieht das teilweise aus wie Buchstaben. Man hat ja diese Rammelkammer in der Mitte. Das ist so eine kleine, runde Kammer. Dann ausgehend von dieser Rammelkammer die Gänge der Weibchen in verschiedene Richtungen. Und dann sieht man teilweise so 'Hs'."
Borkenkäfer machen sich selbst Konkurrenz
In diesen H-förmigen Gängen legen die Weibchen ihre Larven ab. Sechs bis zehn Wochen später, je nach Witterung, sind die neuen Larven voll entwickelt. Bei durchschnittlich vier Weibchen pro männlichem Käfer können bis zu 50 neue Borkenkäfer entstehen. Und da das zuletzt warme, trockene Wetter die Fichten stark geschwächt hat, sieht es für die Brut der Borkenkäfer gerade ganz gut aus.
"Hier sehen Sie noch etwas besonders. Das ist eine Schlupfwespe, die da gerade lang gelaufen ist. Die Schlupfwespen sind natürliche Feinde der Borkenkäfer." Und fressen die Larven noch gleich an Ort und Stelle auf. In einem gesunden Wald halten sich so die Borkenkäfer die Waage.
Doch seit dem Sommer 2018 und seiner enormen Hitze ist alles anders. Immer wieder kommt es zu wahren Massenausbrüchen der Borkenkäfer. Denn die Bäume sind geschwächt, ihr Abwehrmechanismus gegen die Käfer funktioniert bei diesen Bedingungen nicht mehr.
"Interessanterweise ist es so, bei Kuferstechern, bei Fichtenborkenkäfern, eigentlich bei allen Borkenkäfern: Der größte Konkurrent ist eigentlich die eigene Art."
"Interessanterweise ist es so, bei Kuferstechern, bei Fichtenborkenkäfern, eigentlich bei allen Borkenkäfern: Der größte Konkurrent ist eigentlich die eigene Art."
Schäden in Millionenhöhe
Denn Borkenkäfer kämpfen miteinander um die sterbenden Bäume, dort fühlen sie sich nun mal am wohlsten. Insofern müssten sich die Populationen selbst im Schach halten. Tun sie aber nicht. Warum? Das wissen die Forscher nicht. Auch nicht, warum nur zwei von den rund 100 existierenden Borkenkäfer-Arten auch gesundes Holz befallen. Einer davon ist der Fichtenborkenkäfer: Er geht auch an gesunde Bäume.
"Der Fichtenborkenkäfer richtet jetzt Schäden an, die man so in Mitteleuropa noch nie gesehen hat. Im letzten Jahr ist 40 Millionen Festmeter Fichtenholz vernichtet worden vom Borkenkäfer. "
Ein immenser Schaden. Auch für die Waldbesitzer. Denn das Holz der von Borkenkäfer befallenden Bäume verkauft sich schwerer. So haben die Käfer zum Beispiel im vergangenen Jahr in Rheinland-Pfalz Schätzungen zufolge einen Schaden von rund 20 Millionen Euro angerichtet. Da sind aber nicht die Kosten für die Wiederaufforstung mit eingerechnet. Denn ist ein Baum befallen, raten die Experten, ihn sofort zu fällen.
"Wenn ich ein Waldbesitzer bin und ich darauf warte, dass ich nach 70 Jahren meine Fichten ernten kann. Und dann auf einmal die Fichten von Borkenkäfern befallen werden, dann hab ich natürlich keine große Freude damit."
"Der Fichtenborkenkäfer richtet jetzt Schäden an, die man so in Mitteleuropa noch nie gesehen hat. Im letzten Jahr ist 40 Millionen Festmeter Fichtenholz vernichtet worden vom Borkenkäfer. "
Ein immenser Schaden. Auch für die Waldbesitzer. Denn das Holz der von Borkenkäfer befallenden Bäume verkauft sich schwerer. So haben die Käfer zum Beispiel im vergangenen Jahr in Rheinland-Pfalz Schätzungen zufolge einen Schaden von rund 20 Millionen Euro angerichtet. Da sind aber nicht die Kosten für die Wiederaufforstung mit eingerechnet. Denn ist ein Baum befallen, raten die Experten, ihn sofort zu fällen.
"Wenn ich ein Waldbesitzer bin und ich darauf warte, dass ich nach 70 Jahren meine Fichten ernten kann. Und dann auf einmal die Fichten von Borkenkäfern befallen werden, dann hab ich natürlich keine große Freude damit."
Auch stört so manchen privaten Waldbesitzer dann noch die Haltung der Vertreter des Nationalparks im Harz. Die weigern sich, trotz der enormen Schäden, etwas gegen den Borkenkäfer zu unternehmen. Ihr Argument: Die Natur solle ungestört ihren Lauf nehmen, der Borkenkäfer also in Ruhe fressen dürfen. Zumal das eigentliche Problem nicht der Fichtenborkenkäfer sei.
"Die Borkenkäfer sind nicht die Ursache, dass diese ganzen Fichten sterben, sondern der Klimawandel ist die Ursache. Und die Borkenkäfer zeigen einfach, dass der Fichtenwald sehr geschwächt ist im Moment."
Monokulturen und Klimawandel
Durch den Borkenkäfer sterben zwar Fichten, aber die Insekten sorgen auch dafür, dass neues Leben entsteht. In den zerfressenen Baumstämmen zum Beispiel siedeln sich wieder etwa viele neue Organismen wie Bockkäfer und Wildbienen an. Auf den freien Lichtungen tummeln sich Vögel. Und: Zukünftig soll es weniger Monokulturen geben.
"Die sinnvollste Maßnahme, um dem Käfer vorzubeugen, ist eigentlich für gesunde Wälder zu sorgen, also die Baumgesundheit zu stärken. Das kann man einerseits dadurch machen, dass man den Wald lichter macht, dass die Bäume weniger Konkurrenz miteinander haben. Und da ist oft auch Mischwald ganz gut, weil dann jeder Baum ja so seine eigene Nische hat."
Monokulturen sind aber auch nur ein Teil des Problems, sagt Peter Biedermann. Das größere sei: der Klimawandel.
"Wir wissen eh nicht, ob es schon zu spät ist. Versuchen müssen wir es trotzdem."
Dazu gehört auch, noch mehr über den Borkenkäfer zu lernen. Denn auch nach intensiver Forschung am kleinen Käfer bleiben noch offene Fragen – etwa wie sein Mikroorganismus funktioniert oder wie die Käfer im Harz herumschwimmen können, auch das ist auch noch nicht untersucht. Dieses Wissen könnte aber nützlich sein, um sowohl den Fichten als auch dem Borkenkäfer zu helfen.
"Die sinnvollste Maßnahme, um dem Käfer vorzubeugen, ist eigentlich für gesunde Wälder zu sorgen, also die Baumgesundheit zu stärken. Das kann man einerseits dadurch machen, dass man den Wald lichter macht, dass die Bäume weniger Konkurrenz miteinander haben. Und da ist oft auch Mischwald ganz gut, weil dann jeder Baum ja so seine eigene Nische hat."
Monokulturen sind aber auch nur ein Teil des Problems, sagt Peter Biedermann. Das größere sei: der Klimawandel.
"Wir wissen eh nicht, ob es schon zu spät ist. Versuchen müssen wir es trotzdem."
Dazu gehört auch, noch mehr über den Borkenkäfer zu lernen. Denn auch nach intensiver Forschung am kleinen Käfer bleiben noch offene Fragen – etwa wie sein Mikroorganismus funktioniert oder wie die Käfer im Harz herumschwimmen können, auch das ist auch noch nicht untersucht. Dieses Wissen könnte aber nützlich sein, um sowohl den Fichten als auch dem Borkenkäfer zu helfen.
"Wenn ich ehrlich bin, habe ich fast immer Borkenkäfer im Kühlschrank. Auch bei mir zu Hause, weil: Es ist halt so, wenn man schon die ganze Woche mit den Käfer befasst und dann macht man einen Ausflug am Wochenende, dann hat man den Blick für so Fichten."