Der buddhistische Mönch Tenzin Peljor

Auf der Suche nach Glück

Eine Buddha-Statue
Verzichten und glücklich werden? Tenzin Peljor lebt nach den buddhistischen Prinzipien. © Deutschlandradio / Ellen Wilke
Von Gerhard Richter |
Erreicht man Glück durch Wohlstand und Konsum? Nein, sagt der buddhistische Mönch Tenzin Peljor. Mitten in Berlin findet er Harmonie und Glück auch ganz ohne materiellen Reichtum.
"Aber das ist doch total idiotisch!"
Mönch Tenzin kann sich aufregen. Darüber zum Beispiel, dass Menschen Konsum mit Glück verwechseln.
"Wer konsumiert denn so hart wie die Deutschen? Und die Deutschen sind nicht das glücklichste Volk auf der Welt. Der Reichtum in Deutschland hat sich verdreifacht nach dem Weltkrieg, aber das Glück der Deutschen hat sich nicht verdreifacht."
Tenzin Peljor trägt das traditionelle Gewand des buddhistischen Mönchs - ein langes dunkelrotes Tuch, so um den Körper geschlungen, dass die rechte Schulter frei bleibt. Mit seiner Glatze und der schlichten Brille sieht er ein bisschen aus wie der Dalai Lama. Aber anders als das tibetische Oberhaupt stammt der 50-Jährige aus Thüringen. Er hat Wirtschaftsinformatik studiert. Dann Theater-Pädagogik. Erfüllend war das alles nicht.
"So eine ganz intuitive Ahnung, dass das nicht ganz rund ist."
Dann stößt er auf die Lehren Buddhas und entdeckt seinen Weg. Es folgen Stationen in England, Deutschland, Indien, Italien, wo er Buddhismus studiert. Vom Dalai Lama bekommt er schließlich die Vollordinierung zum Mönch. Seitdem versucht er die Regeln zu befolgen, zum Beispiel ab Mittag zu fasten.

Was er nicht braucht, verschenkt er weiter

"Es funktioniert exzellent, wenn ich im Kloster lebe, also unter anderen Mönchen. Es fällt mir schwer, wenn ich in Berlin bin, und total auf mich allein gestellt. Das gebe ich ganz ehrlich zu."
Zurzeit lebt er in einer kleinen Dachgeschosswohnung in einem buddhistischen Zentrum in Berlin. Freunde spenden ihm monatlich 470 Euro. Was er nicht braucht, verschenkt er weiter. Er gibt Kurse für Kinder in Achtsamkeit und emotionaler Intelligenz. Erwachsenen hilft er mit Wut umzugehen, übt mit ihnen Gelassenheit, Konzentration, Liebe und Mitgefühl. Im Gefängnis meditiert er mit Häftlingen.
Die Grundursache von Leid, so Mönch Tenzin, ist die Begierde. Wir beuten die Erde aus, wir zerstören die Umwelt, wir knüpfen unser Glück an materielle Dinge, die letztlich wertlos sind.
"Der Buddha sagt: Nicht-Begierde ist höchstes Glück."
Klingt einfach, ist im Alltag aber knifflig. Als gelernter Informatiker betreut Tenzinviele buddhistische Webseiten. Er steht mit beiden Beinen in der digitalen Welt. Wenn er eine neue Software kaufen will oder einen neues Notebook, dann fragt er sich genau, ob er das tatsächlich braucht oder ob es nur die Begierde ist, die ihm das Objekt attraktiv erscheinen lässt. Eine scheinbar alltägliche Überlegung, hinter der sich mehr verbirgt. Eine Übung in Selbstwahrnehmung, Loslassen. Alles Übungen auf dem Weg zu innerer Freiheit. Eine Voraussetzung für Glück.
"Und im Westen wird Freiheit, soweit ich das überblicke, hauptsächlich äußerlich festgemacht. Freiheit heißt, ich kann tun und lassen was ich will. Und das ist eigentlich der Witz: Im Buddhismus ist das gar keine Freiheit. Im Buddhismus ganz anders, lass das los, die Objekte nach denen du so gierst, und dann bist du innerlich frei."
Die innere Unabhängigkeit bewahren– das ist für Mönch Tenzin ein täglicher Kampf: Plakate am Straßenrand, Werbespots in U-Bahnen, Kaufhäuser und Shopping Malls – wir sind einer Flut von Reizen ausgesetzt, deren einziger Zweck es ist, uns zum Kaufen zu animieren.

Nur das Nötigste kaufen

"Wie quasi diese Plakate den Geist im wahrsten Sinne des Wortes ein- und aufsaugen und Bedürfnisse produzieren. Das habe ich zum ersten Mal richtig beobachten können durch den Abstand, welche Macht dahinter steht. Und ich muss sagen, sich dem zu entziehen, ohne ein bewusstes Ziel zu haben. Das wird schwer."
Wenn Mönch Tenzin doch mal ins Kaufhaus geht, dann überlegt er vorher, was er braucht. Und er sucht genau danach und lässt sich von nichts ablenken. Auch auf seinen Wegen durch Berlin nutzt er eine mentale Technik, um sein Bewusstsein nicht aus der Ruhe zu bringen.
"Die heißt: Die Tore der Sinneskräfte schließen. D.h. man geht dann eben auf der Straße mit gesenktem Blick und versucht also nicht die Aufmerksamkeit hin auf die Sinnesobjekte zu richten. Man nimmt Dinge noch wahr, aber ohne festzustellen, was es ist. Also man merkt, da ist ein Geräusch, da ist eine Farbe, aber man sieht nicht mehr genau, was es ist. Und das Resultat ist, dass der Geist sich nicht mehr so stark damit verbindet und ruhig sein kann."
Über Wohlfühl-Shampoos und Entspannungsbäder, die gewiefte Marketing-Abteilungen an gestresste Mitmenschen zu hohen Preisen verkaufen, kann Mönch Tenzin nur lachen.
Harmonie und Glück, so der buddhistische Mönch, findet man nicht in der Badewanne.
"Zufriedenheit entsteht, dass man den Reichtum erkennt, den man hat und würdigt und genießt und die Wünsche loslässt, noch mehr haben zu wollen. Dann ruht man nämlich entspannt im Ist-Zustand und genießt, und kann genießen, was man hat. Dadurch wird man glücklich."
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