Der Club der polnischen Versager

Mit Satire gegen Rechtspopulismus

Der Satiriker Adam Gusowski hat 2001 den "Club der polnischen Versager" mitgegründet.
Der Satiriker Adam Gusowski hat 2001 den "Club der polnischen Versager" mitgegründet. © imago/Christian Schroth
Adam Gusowski im Gespräch mit Timo Grampes |
In Polen ist das Absurde zur Normalität geworden, kritisieren die Künstler des "Clubs der polnischen Versager". Doch was tun Satiriker, wenn die politische Realität selbst zur Realsatire wird? Sie gründen selbst eine Partei: die "Polnische Partei Deutschlands", kurz PPD.
Polen hatte 2017 unter seiner nationalkonservativen PiS-Regierung wenig zu lachen. Die Partei Recht und Gerechtigkeit hat in beiden Parlamentskammern die absolute Mehrheit und hat diese genutzt, um eine umstrittene Justizreform zu verabschieden, wegen derer viele um die Unabhängigkeit der polnischen Justiz fürchten. Die Situation ist also ernst und das scheinbar selbst für diejenigen, die es sonst mit Humor nehmen. Der Satiriker Adam Gusowski lebt als Exil-Pole in Berlin und hat 2001 den Club polnischer Versager gegründet: als Kommunikationsplattform zwischen Polen und Deutschen. Die politischen Ereignisse in Polen habe die beteiligten Künstler und Satiriker alarmiert und auch politisiert, erklärt Adam Gusowski:
"Durch die ernste Lage in Polen zum ersten Mal richtiggehend politisiert. Zum ersten Mal sind wir mit politischen Themen konfrontiert worden, die uns nicht in Ruhe gelassen haben."

Satire als Waffe

Seit zwei Jahren werfen die Künstler des Clubs der polnischen Versager deshalb in ihrem Bühnenprogramm einen kritischen Blick auf das Nachbarland. Ihre Waffe ist die Satire, erklärt Adam Gusowski:
"Der Club polnischer Versager hat sich sehr der Satire verschrieben. Satire als ein Sprachrohr, als eine Möglichkeit aufzuklären, als eine Möglichkeit in Kommunikation zu treten."
Neben ihrem eingedeutschten Late-Night-Format, die "Leutnant-Show", stehen sie seit kurzem auch mit der Show "Polenversteher" auf der Bühne. Das Motto: Polen erklären, um aufzuklären. Um auf Missstände aufmerksam zu machen, vergleichen die Satiriker die politische Situation in Polen auch schon mal mit einer Krankheit. In "Der Assistent klärt auf" untersucht ein Arzt beispielsweise den Zustand Polens, indem er den polnischen PSI-Politiker Jarosław Kaczyński auf Herz und Nieren prüft. Was lustig anfängt, werde im Verlauf der Bühnenshow immer ernster, erklärt Gusowski:
"Und so langsam kommen wir auf den Gedanken, dass es kein normaler Mensch ist, sondern eine Maschine, die diese Maschinerie in Gang gebracht hat. Und das Lachen am Anfang wird immer leiser im Saal und dann am Ende erlöscht das Ganze."

Kritische Kulturschaffende werden ausgetauscht

Wie ernst die Lage in Polen ist, beschreibt Gusowski anschaulich am Beispiel der polnischen Kulturschaffenden. Die polnische Regierung ersetze kritische Kulturschaffende zunehmend durch unkritische Personen, erklärt Gusowski:
"Schlüsselfiguren in den Theaterhäusern werden ausgetauscht. Aber auch im Kunstbereich, also im Museumsbetrieb, also auch in den nationalen Kunsthallen werden Schlüsselfiguren ausgetauscht. Und es macht auch nicht vor dem Film Halt."
So sei, erklärt Gusowski, die Leitung der nationalen Filmförderung, die bisher durch die Förderung kritischer Filme auffiel, kürzlich durch einen Filmproduzenten ersetzt worden, der auf Komödien spezialisiert sei. Mit seinem Bühnenprogramm wollte der Club der polnischen Versager eigentlich immer einen Blick in die Zukunft werfen. Doch seitdem die politische Realität die Satire einholt, sei das schwieriger geworden.
"Wir können jetzt nicht sagen, was in zehn Jahren passiert. Also die Lage ist angespannt. Das, was wir uns mal ausgedacht haben, ist fast schon eingetreten. Und wir müssen etwas schneller reagieren. Das ist vielleicht die größte Herausforderung momentan für unsere Satire, dass die Realsatire wirklich in Polen passiert, sehr schnell passiert, mit einer unglaublichen Wucht, mit einem unglaublichen Tempo."

Parallelen zu Deutschland

Doch nicht nur die politischen Ereignisse in Polen beunruhigen die Satiriker. Gusowski sieht durchaus auch Parallelen zu der politischen Situation in Deutschland.
"Wir wurden politisiert durch die Situation in Polen, aber bestimmte Parallelitäten sehen wir auch in Deutschland. Ich vergleiche immer wieder die Partei Recht und Gerechtigkeit mit der AfD. Die Rhetorik ist die gleiche, das Tempo vielleicht auch schon mal zumindest in den Anfängen von Recht und Gerechtigkeit. Wir schauen mit Sorge nach Polen, aber wir schauen genauso mit Sorge nach Deutschland."

Gründung der "Polnischen Partei Deutschlands"

Um der Realsatire deutscher und polnischer Politiker etwas entgegenzusetzen, haben sich die Satiriker gewissermaßen entschieden "Realpolitiker" zu werden. Für 2018 planen sie die Gründung einer Partei – die "Polnische Partei Deutschlands", kurz PPD.
"Wir begleiten das Projekt von der Parteigründung bis zur Flügelbildung, bis zum Vorsitzenden-Streit, Parteiskandale, vielleicht eine schwarze Kasse. Das ist schon sehr ernst gemeint. Und das Ziel dieses Projektes ist eine Art Manifest zu erstellen von Leuten, die sich in dieser Partei engagiert haben. Ein Manifest an die richtigen Parteien, an die richtigen Politiker: Was finden wir gut? Was finden wir nicht gut? Wo muss man nochmal an den Rädchen drehen, damit wir auch mitgenommen werden in die Politik, in die aktive Politik, in die aktive Demokratiegestaltung. Das ist unser Ziel. Aber das langfristiges Ziel ist natürlich ein polnischer Kanzler."
(mw)
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