"Der deutsche Freund"

Gesehen von Jörg Taszman |
Buenos Aires in den 50er-Jahren. Sulamit und Friedrich lernen sich gegen den Willen ihrer Eltern kennen und lieben - obwohl sie jüdische Wurzeln hat und Friedrich der Sohn eines SS-Funktionärs ist. Nur schwer entfaltet sich die Liebesgeschichte zwischen den beiden.
Um Antisemitismus, das Verhältnis zwischen Juden und Deutschen geht es auch einer weiteren Filmemacherin in dieser Woche. Jeanine Meerapfel, Jahrgang 1943, wuchs in einer jüdischen Familie in Argentinien auf, bevor sie in den 1960er-Jahren nach Deutschland kam, um Film und Journalismus zu studieren. In ihrem autobiographisch gefärbten Spielfilm geht es um das Zusammenleben von deutschen Nazis und jüdischen Flüchtlingen, die in Buenos Aires in den 50er Jahren pikanterweise oft in unmittelbarer Nachbarschaft lebten.

So auch die 13-jährige Sulamit und der gleichaltrige Friedrich, die sich gegen den Willen ihrer jeweiligen Elternhäuser anfreunden. Das Mädchen ist der Liebling des Vaters und rebelliert nach seinem Tod auch gegen jüdische Traditionen. Sie fühlt sich hauptsächlich als Argentinierin, versteht auch genau deshalb nie, warum ihre Familie Friedrich immer nur auf den "deutschen Freund" reduziert. Als junge Frau engagiert sich Sulamit dann politisch gegen den Faschismus und sieht sich antisemitischen Übergriffen ausgesetzt. Friedrich hingegen bricht mit seinem Elternhaus als er herausfindet, dass sein Vater ein SS Obersturmbannführer und Kriegsverbrecher war. Er geht nach Deutschland, um sich selbst zu finden.

Vor allem die zentrale Liebesgeschichte funktioniert nur gegen Ende des Films. Jeanine Meerapfel gelingt es in ihren Bildern und mit einer vorzüglichen Ausstattung Zeitkolorit einzufangen. Sie hakt jedoch die politischen und privaten Eckpunkte ihrer Geschichte zu hastig ab, nimmt sich zu wenig Zeit für Tiefe. So bleibt die Inszenierung ungeschickt und steif, was durch die unvorteilhafte, deutsche Synchronfassung noch verstärkt wird. Gerade die Zweisprachigkeit, der Unterschied zwischen dem Deutschen und Spanischen ist ein dramaturgisches Plus, das die deutsch durchsynchronisierte Fassung verschenkt.

Deutschland / Argentinien 2012; Regie: Jeanine Meerapfel; Darsteller: Max Riemelt, Celeste Cid, Benjamin Sadler, Julieta Vetrano, Juan Francisco Rey, Noemí Frenkel, Jean-Pierre Noher, Katja Alemann; ab 12 Jahren; Länge: 104 Minuten

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