Der Deutschen liebster Dichter
Joseph von Eichendorff verkörpert mit seiner Dichtkunst wie kein anderer die deutsche Romantik. Sein echtes Leben war weit von seinen sehnsuchtsvollen Poemen entfernt, denn er musst sich als preußischer Regierungsbeamter verdingen, um seine Familie zu ernähren. Veronika Beci stellt in ihrer Eichendorff-Biographie den Dichter im den Zusammenhang seiner Zeit dar und porträtiert die gesellschaftlichen Umstände.
Der Deutschen liebster Dichter wird er hin und wieder genannt - und das vielleicht zu Recht, denn es gibt Gedichte von ihm, die von einer solchen Sprachschönheit beseelt von Wort zu Wort sich weben, dass man sie mit Demut und Hingabe liest und immer wieder liest, ohne ihrer je überdrüssig zu werden.
Gern wird er romantisch verklärt und war doch eben kein Romantiker im heutigen plätschernden Sinne des Wortes, weil Romantik in Wahrheit ja die ewige Sehnsucht nach einer unerreichbaren Vollkommenheit ist, die trauernden Blicks den Schrecken der Welt, das Abgründige im Menschen nur umso deutlicher sieht.
Joseph Freiherr von Eichendorff war das Dichten nicht in die Wiege gelegt, sondern ein Leben als schlesischer Junker. Am 10.März 1788 wurde er auf Schloss Lubowitz geboren. Hätte sein Vater nicht unsinnig spekuliert und das Vermögen der Familie fast gänzlich verloren, wäre sein Leben wohl sehr anders verlaufen.
Natürlich hätte er geschrieben. Er musste schreiben. Das verlangte seine Natur, sein Geist, seine Phantasie. Aber er hätte nicht die Mühsal des Beamtendaseins auf sich nehmen müssen, um leben, um seine Familie ernähren zu können. Er hätte wohl behaglich auf einem der Eichendorffschen Güter residiert oder auch in Wien, wo er sich so vergnügt und frei fühlte in den Jahren, die er dort verbrachte, und nicht in Berlin, Danzig und Königsberg in Amtsstuben hinter Akten gehockt. Preußischer Oberpräsidialrat wäre er wohl nie geworden. Und ist es übrigens auch nicht lange geblieben. Er war zu eigenwillig in den Augen seiner Vorgesetzten und überdies für die protestantischen Preußen auch zu katholisch.
Immer wieder bewirbt Eichendorff sich um Stellen, bittet um Gehaltserhöhungen, Beförderungen. Immer wieder wird er übergangen, abgelehnt, gedemütigt. Wie konnte er da nebenbei noch dichten? Oder sollte man eher fragen: Wie hätte er die Schikanen überleben können, ohne zu dichten?
Jetzt, zu seinem 150. Todestag, ist eine neue Biographie des Dichters erschienen. Von einer jungen Autorin, die über Pfitzners Vertonungen von Eichendorff-Poemen promovierte. Da schreibt keine Literatin über Literatur, aber Veronika Beci ist ein lebhaftes, informatives Buch gelungen, in dem sie den Dichter einbettet in seine Zeit, die gesellschaftlichen und politischen Umstände erörtert, die Städte porträtiert, in denen er lebte und seine Position des Weltkinds in der Mitten aufzeigt.
Denn Eichendorff mäanderte nicht nur zwischen Amt und Poesie, sondern auch zwischen Säkularisierung und Katholizismus, zwischen Revolutionären und Chauvinisten. Er ist viel zu besonnen, zu nachdenklich, um einem Fundamentalismus - gleich welcher Couleur - zu erliegen. ("Das Pöbelregiment ist dumm, das Säbelregiment noch dümmer.") Eichendorff war nicht zu vereinnahmen. Was das Leben nicht einfacher machte. Weil ihn keiner sicher auf seiner Seite wusste. Das behagt Bürokraten nun gar nicht, die ihn daher stets mit Argwohn beäugten.
Mit Akribie bringt uns Veronika Beci auch jene Dichtungen Eichendorffs in Erinnerung, die den Weg in unser kulturelles Gedächtnis nicht geschafft haben. Denn Eichendorff ist nicht nur der Dichter des Taugenichts und der vielen heiteren oder auch melancholischen Poeme, die vielfach - u.a. von Schumann - vertont wurden und bis heute weltweit als Lieder bekannt sind. (In einem kühlen Grunde)
Er hat Dramen, Märchen, Novellen, Epen verfasst und immer wieder ausgesprochen satirisch seine Zeit und Zeitgenossen parodiert, seinen Spott ausgegossen über die Philister, die Schmeichler, die "moralische Fäulnis" der Gesellschaft.
Er hatte fraglos ein Renommee, hatte seine Leser, seine Bewunderer. War aber zeit seines Lebens nicht wirklich erfolgreich - und reich wurde er schon gar nicht. Dafür aber hinterließ er uns allen ein unsterbliches Erbe.
Rezensiert von Gabriele von Arnim
Veronika Beci: Joseph von Eichendorff. Biographie
Artemis und Winkler 2007
220 S., EUR 24.90
Gern wird er romantisch verklärt und war doch eben kein Romantiker im heutigen plätschernden Sinne des Wortes, weil Romantik in Wahrheit ja die ewige Sehnsucht nach einer unerreichbaren Vollkommenheit ist, die trauernden Blicks den Schrecken der Welt, das Abgründige im Menschen nur umso deutlicher sieht.
Joseph Freiherr von Eichendorff war das Dichten nicht in die Wiege gelegt, sondern ein Leben als schlesischer Junker. Am 10.März 1788 wurde er auf Schloss Lubowitz geboren. Hätte sein Vater nicht unsinnig spekuliert und das Vermögen der Familie fast gänzlich verloren, wäre sein Leben wohl sehr anders verlaufen.
Natürlich hätte er geschrieben. Er musste schreiben. Das verlangte seine Natur, sein Geist, seine Phantasie. Aber er hätte nicht die Mühsal des Beamtendaseins auf sich nehmen müssen, um leben, um seine Familie ernähren zu können. Er hätte wohl behaglich auf einem der Eichendorffschen Güter residiert oder auch in Wien, wo er sich so vergnügt und frei fühlte in den Jahren, die er dort verbrachte, und nicht in Berlin, Danzig und Königsberg in Amtsstuben hinter Akten gehockt. Preußischer Oberpräsidialrat wäre er wohl nie geworden. Und ist es übrigens auch nicht lange geblieben. Er war zu eigenwillig in den Augen seiner Vorgesetzten und überdies für die protestantischen Preußen auch zu katholisch.
Immer wieder bewirbt Eichendorff sich um Stellen, bittet um Gehaltserhöhungen, Beförderungen. Immer wieder wird er übergangen, abgelehnt, gedemütigt. Wie konnte er da nebenbei noch dichten? Oder sollte man eher fragen: Wie hätte er die Schikanen überleben können, ohne zu dichten?
Jetzt, zu seinem 150. Todestag, ist eine neue Biographie des Dichters erschienen. Von einer jungen Autorin, die über Pfitzners Vertonungen von Eichendorff-Poemen promovierte. Da schreibt keine Literatin über Literatur, aber Veronika Beci ist ein lebhaftes, informatives Buch gelungen, in dem sie den Dichter einbettet in seine Zeit, die gesellschaftlichen und politischen Umstände erörtert, die Städte porträtiert, in denen er lebte und seine Position des Weltkinds in der Mitten aufzeigt.
Denn Eichendorff mäanderte nicht nur zwischen Amt und Poesie, sondern auch zwischen Säkularisierung und Katholizismus, zwischen Revolutionären und Chauvinisten. Er ist viel zu besonnen, zu nachdenklich, um einem Fundamentalismus - gleich welcher Couleur - zu erliegen. ("Das Pöbelregiment ist dumm, das Säbelregiment noch dümmer.") Eichendorff war nicht zu vereinnahmen. Was das Leben nicht einfacher machte. Weil ihn keiner sicher auf seiner Seite wusste. Das behagt Bürokraten nun gar nicht, die ihn daher stets mit Argwohn beäugten.
Mit Akribie bringt uns Veronika Beci auch jene Dichtungen Eichendorffs in Erinnerung, die den Weg in unser kulturelles Gedächtnis nicht geschafft haben. Denn Eichendorff ist nicht nur der Dichter des Taugenichts und der vielen heiteren oder auch melancholischen Poeme, die vielfach - u.a. von Schumann - vertont wurden und bis heute weltweit als Lieder bekannt sind. (In einem kühlen Grunde)
Er hat Dramen, Märchen, Novellen, Epen verfasst und immer wieder ausgesprochen satirisch seine Zeit und Zeitgenossen parodiert, seinen Spott ausgegossen über die Philister, die Schmeichler, die "moralische Fäulnis" der Gesellschaft.
Er hatte fraglos ein Renommee, hatte seine Leser, seine Bewunderer. War aber zeit seines Lebens nicht wirklich erfolgreich - und reich wurde er schon gar nicht. Dafür aber hinterließ er uns allen ein unsterbliches Erbe.
Rezensiert von Gabriele von Arnim
Veronika Beci: Joseph von Eichendorff. Biographie
Artemis und Winkler 2007
220 S., EUR 24.90