Der digitale Hinterhof

Von Anne Demmer |
Berlin gilt als Hauptstadt der sogenannten digitalen Boheme, die sich mit Laptop und Latte macchiato im Café zu dem, was sie Arbeit nennt, niederlässt. Doch auch ein freiberuflicher Einzelkämpfer wünscht sich manchmal eine etwas geregeltere Arbeitsumgebung. Flexible Schreibtischgemeinschaften in Berlins Hinterhöfen füllen die Lücke.
"Ich brauche eigentlich nur so was Flexibles. Ich bin zu Hause schon ganz gut eingerichtet, aber das ist einfach schon so ein bisschen langweilig. Ich will einfach nur ein bisschen Abwechslung."


"Also ich bin alleine in Berlin und mach so das Hauptstadtbüro, wie ich es so schön nenne, und suche einfach einen Platz, wo ich Kollegen habe, wo ich mich nicht alleine fühle."


"Ich bin viel unterwegs, weil die meisten Kunden sind, halt nicht in Berlin, aber ich bin halt aus privaten Gründen in Berlin, ich suche einen Arbeitsplatz, wo ich einfach nicht allein bin."

Von Vereinsamung bedrohte Soloselbstständige, Kreativarbeiter und flexible Globaldörfler auf der Suche nach Anschluss. Sie wollen nur das eine: raus aus ihren Küchen und Wohnzimmern, den Laptop auch mal wo anders aufklappen. Das Betahaus in Berlin-Kreuzberg verspricht eine flexible Lösung: Auf zwei Fabriketagen finden seit Anfang des Jahres bis zu 120 Leute keinen Arbeitsplatz, aber einen Platz zum Arbeiten. Im Café im Erdgeschoss, auch "Wissensarbeiterkantine" genannt, gibt es statt Schrippen Ciabatta und zum Latte macchiato natürlich auch drahtloses Internet. Eine Mischung aus Kaffeehaus, Büro und Staatsbibliothek - gepaart mit ein bisschen WG-Atmosphäre. Arbeiten nach dem Fitnessstudio-Prinzip, so das Konzept.

Zweimal in der Woche gibt es eine Führung durch die Fabrikhalle, für neue "User", wie sie ganz selbstverständlich genannt werden. Dafür ist Madeleine von Mohl zuständig. Eine von sechs Gründern des Betahauses. Mit drei Interessierten im Schlepptau fährt sie mit dem klapprigen Industrielastenaufzug in die dritte Etage des Fabrikgebäudes.

"Hier könnt ihr super sehen, der Unterschied zwischen Fix- und Flexdesk auf der Seite sind zum Beispiel Fixdesks, die haben sich komplett installiert, das ist wirklich deren Tisch da kann sich auch keiner dransetzen."

Die Gruppe bewegt sich ein Stück weiter und macht halt vor ein paar unbesetzten Tischen.

"Bei Flexdesk ist es einfach so, dass du einfach kommst und du deinen Laptop da aufbaust, wo ein freier Platz ist und abends den Platz einfach räumst und sich der Nächste wieder dransetzen kann."

Tom: "Das heißt, auch wenn die einen Monat mieten, räumen die am Abend alles weg und haben morgens einen ganz anderen Platz?

Madeleine: "Genau."

Im Betahaus-Jargon nennt sich das "Clean Desk Policy".

"Es ist ein bisschen so wie früher in der Bibliothek. Ein paar Leute haben so ihren Stammplatz und ein paar Leute wechseln dann durch. Aha."

Dutzende Schreibtische stehen aufgereiht. Dahinter junge Menschen auf braun gepolsterten Bürostühlen, die auf ihre Laptops starren. Die meisten zwischen Mitte 20 und Mitte 30.

"Wo habt ihr denn die abgefahrenen Bürostühle her? Sind schon 70er oder? Drei haben wir davon bei eBay gekauft."

Von der Decke baumeln schwarze Mehrfachstecker, damit überall im Raum die Laptops eingestöpselt werden können. Parallel dazu verlaufen nackte Glühbirnen - willkommen an der digitalen Werkbank.

"Das ist ja superschön hell hier. Das ist die Decke, alles weiß und alles hell."

900 Quadratmeter für freiberufliche Einzelkämpfer, die sich hier nicht nur digital sondern auch physisch vernetzen wollen, Konferenzräume nutzen oder einfach nur ein Postfach mieten. Eine Sofaecke, der Telefonierraum und die Teeküchennische sind für alle da. Jeder Nutzer hat die Möglichkeit die Bedingungen für seinen Arbeitsplatz seinen Bedürfnissen anzupassen: Vollzeit oder Teilzeit - Fixdesk oder Flexdesk, je nach Bedarf und Auftragslage. Die sechs Gründer sind allesamt Uniabsolventen. Einige von ihnen haben bereits mit der großen Freiheit der "Selbstständigkeit" Erfahrung. Sie sind einfach von ihren eigenen Bedürfnissen ausgegangen und haben sie umgesetzt, so Madeleine von Mohl:

"Unser typisches Userprofil, das sind Leute, die nur den Laptop als Arbeitsmittel brauchen, die auch von zu Hause arbeiten könnten, die genug Raum haben, auch räumlich frei sind also nicht eine feste Büroadresse brauchen für ihren Job, aber gerne etwas hätten, wo sie zwei drei Tage einfach hingehen können, damit sie eine Arbeitsatmosphäre haben, wo sie nicht gerade davon abhängen, ob im Café das W-LAN funktioniert, wo sie nicht zu Hause abgelenkt werden, von den dreckigen Fenstern. Also hier können sie zwei drei Tage die Woche ein bisschen das Gefühl haben sie gehen ins Büro, sie haben Kollegen, der Typ am Nachbartisch arbeitet schon vier Stunden an seinem Ding, dann könnten sie es theoretisch ja dann auch hinkriegen. Also das würde ich sagen ist so der größte Teil unserer User. Und vor allen Dingen wollen sie von diesem Diversität profitieren. Du hast jemanden, der hier Grafik macht, du hast jemanden, der die PR machen könnte, du hast einen Raum, wo du dich gut präsentieren kannst und du hast teilweise noch Spaß bei der Arbeit."

Und die Nachfrage ist groß.

"Die meisten Anfragen kommen per E-Mail oder als Reaktion auf unseren Blog, unsere Facebook-Gruppe oder Xing-Gruppe oder per Twitter. Ich würde sagen es sind ungefähr 10 Interessenten am Tag. Die einziehen oder Verträge unterschreiben würde ich sagen pro Woche ungefähr 5 bis 10 Leute."

Ali Gezginoglu ist so ein klassischer flexibler User, der sobald er geht, einen leeren Tisch hinterlässt - als sei er nie da gewesen. Er arbeitet mal von zu Hause, im Café und eben ein paar Tage in der Woche im Betahaus. In T-Shirt und Jeans wirkt er jünger. Mit seinen 39 Jahren gehört er aber eindeutig zu den Älteren im Betahaus.

"Das ist dieses 99 Euro Paket. Ich hab hier nen Spint und ein Postfach und kann glaub ich 10 Tage im Monat herkommen und hab einen Schlüssel. Unser Posteingang ist da und das ist halt geordnet, nach Buchstaben. Ich heiße Gezginoglu, ja und da hol ich mir meine Post unter G ab. Ich kann mich auch überall hinsetzen, vorher war ich drüben im Raum. An sonnigen Tagen ist es nicht so gut am Fenster zu sitzen, damit man auch noch was sieht auf dem Bildschirm. Aber ja, das war's. Hier verdiene ich mein Geld."

Ohne Postfach und Schließfach gibt's den Flexdesk bereits für 79 Euro den halben Monat, im Sommer sogar um 10 Euro günstiger: eine schwarze Tischplatte mit zwei Böcken und einen Drehstuhl dazu. Je teurer desto mehr Zusatzleistungen und desto solider auch der Tisch. Zum Arbeiten braucht Ali Gezginoglu nicht viel:

"Mein Arbeitsgerät hier MacBook pro. Ein Handy, superwichtig, mein Kommunikationsmittel, Arbeitsmittel. Ein bisschen Retro. Ein bisschen was zu schreiben, ein Stift und ein Notizheft. Ein bisschen Post, eine Flasche Wasser und das war's. Ich bin Webdesigner und gestalte eben Seiten. Ich verkaufe halt Layouts und da sind die Preise eigentlich ganz gut so. Und wenn man ganz gute Kunden hat, aus der Industrie und Mittelstand usw., dann kann man da schon ganz gut von leben, aber nicht sparen oder so was. So wie es reinkommt, geht es auch wieder raus."

Ganz im Geist der Betahausidee hat er hier auch schon genetzwerkt.
"Die Jungs hier hinten, die diese Restaurantkette gründen, die hatten schon ein fertiges Layout für eine Website und brauchten jemanden, der sie halt umsetzt technisch als Programmierer oder so was. Und da ich ja Programmierer und solche Leute kenne, habe ich einfach mal eine Telefonnummer rüber geschoben, das ist halt Netzwerk denken. Normalerweise nimmt man dafür auch Provision, aber wir sind hier ja alle ein bisschen sweet und machen das halt nicht und machen das so kollegial."


Während Ali Gezginoglu an einem Layout arbeitet, läuft ein junger Mann mit Headset an ihm vorbei, offensichtlich in ein Geschäftsgespräch vertieft. Er trägt eine sandfarbene Hose, glänzende schwarze Schuhe und ein gebügeltes blaues Hemd - schließlich geht er ins Büro. Rechts in der Ecke befindet sich die Politikfabrik, ein studentisches Projekt, das Jugendliche für die Bundestagswahl begeistern will. Junge Menschen im 80er-Jahre-Schick gekleidet. Für diesen einen Tag alles irgendwie Kollegen. Untereinander wird jedoch kaum geredet. Natalie Holmes hat dafür auch keine Zeit. Sie hat sich mit einer Packung Kaugummi, ihrem Laptop und dem Handy an einen flexiblen Tisch am Fenster bequem gemacht. Sie will im Betahaus ganz klassisch arbeiten: 9 to 5. Natalie Holmes arbeitet für ein britisches Reisebüro. Zeitgleich mit ihren Kollegen in London fährt sie den Computer hoch, wenn Big Ben neun Uhr schlägt.


Natalies Chefs ist es egal, von wo aus die 27-jährige Reisebürokauffrau arbeitet, solange sie ihren Job zuverlässig erledigt. Die Anrufe der Kunden werden von der Zentrale in London auf ihr Handy umgeleitet. Für den Büroplatz muss sie selbst aufkommen und sich versichern natürlich auch. Damit erkauft sie sich die Freiheit, die Arbeit mit Reisen verbinden zu können. Ein Jahr möchte sie in Berlin bleiben und dann will sie weiter gucken - vielleicht nach Spanien.


Madeleine von Mohls Führung ist zu Ende. Den potenziellen neuen Mietern drückt sie einen Vertrag und die Nutzungsbedingungen in die Hand. Die drei Besucher wollen es sich noch einmal überlegen.

"Also, wenn ich jetzt sage, ich will das jetzt einfach mal zwölf Tage ausprobieren. 12 Tage light und komme morgen vorbei, dann würde das gehen? Genau. Das passt."

Zwei tendieren zum Flexdesk, eine interessiert sich für den Dauertisch. Damit gehört sie im Betahaus zu einer Minderheit. Am anderen Ende der Fabrikhalle hat sich dennoch eine kleine Inselgruppe mit vier Fixdesks gebildet - ein Stück alte Arbeitswelt. Johanna Scholtyssek macht die Pressearbeit und Marketing für ein kleines Tourneekindertheater, das in Witten in Nordrhein-Westfalen ansässig ist. Ihr Terrain hat sie mit einem Räuber-Hotzenplotz-Poster an der Frontseite ihres Regals markiert.

"Eigentlich hab ich ziemlich viel Kram. Das ganze Regal ist voll gestellt von meinen Dingen. Ich hab einen Laptop hier, der steht auch hier und den nehme ich auch nicht mit nach Hause. Alle möglichen Bürounterlagen, von Briefen, bis Paketen, bis Flyer für das Theater und Poster für das Theater, Briefpapier, Ordner, Adressen, Abrechnungen, Presseartikel, alles was ich fürs Theater brauche, für die Presse und Marketingarbeit das liegt hier und das sind ziemlich viele Sachen. Ich kann nicht nur mit einem Laptop arbeiten."

Sie schätzt vor allen Dingen die Kontinuität an ihrem Platz. Johanna Scholtyssek:

"Ich habe auch feste Kollegen um mich herum, das finde ich auch sehr schön, weil man nicht mit allen hier in Kontakt kommt. Es arbeiten ja ziemlich viele Leute hier frei und jeden Tag neue Gesichter und von vielen kenn ich auch die Namen nicht, aber ich finde es sehr angenehm, dass ich in diesem großen Raum so eben eine kleine Gemeinschaft um mich rum hab. Von Leuten, die fest sitzen, die so lange da sind wie ich. Das finde ich gut. Und dann finde ich es auch super, dass es immer einen Ansprechpartner gibt von den Gründern des Betahauses, wenn ich Probleme mit Drucker habe, Probleme mit dem Internet, dann kann ich immer jemanden ansprechen, weil ich nicht in allem so talentiert bin, was die Technik angeht. Oder man sich auch mal gegenseitig etwas zum Korrigieren abgibt oder zusammen mal eine Mittagspause macht. Es ist auf jeden Fall im Privaten und im Beruflichen eine tolle Bereicherung."

Ihr Arbeitsverhältnis würde jedem gestandenen Gewerkschafter die Schweißperlen auf die Stirn treiben. Aber nach wie vor haben Freiberufler in Deutschland keine eigene Vertretung gebildet.


"Ich arbeite schon für das Theater, aber trotzdem als Freiberuflerin. Also die sind schon mein Arbeitgeber und zahlen mir auch diesen Schreibtisch, allerdings ist es auf freiberuflicher Basis, als freie Mitarbeiterin, sodass ich das selbst auch alles versteuern muss und mich auch um jegliche Versicherung und so auch kümmern muss, und ich ja entsprechend auch nebenher auch noch einen anderen Beruf haben könnte."

Über 60.000 Freiberufler gibt es in Berlin. Diese zumeist Soloselbstständigen, besonders in kreativen Bereichen, stehen oft mit einem Fuß im Prekariat. Es gibt nur wenige Töpfe für Anschubfinanzierung für angehende Selbstständige, Kredite sind nur schwierig zu bekommen. Der Existenzgründungszuschuss von der Agentur für Arbeit ist mittlerweile nur noch für Leute vorgesehen, die mal eine Festanstellung hatten. Eine Grundsicherung gibt es nicht. Und an Altersvorsorge ist für viele gar nicht zu denken.

Bis Ende September hat Johanna Scholtyssek den Tisch im Betahaus gemietet, denn so lange wird sie für das Theater arbeiten. Die Zukunft ist ungewiss, aber das findet sie normal, sagt sie. Auch wenn viele Betahäusler nicht wissen, was in den nächsten Monaten passiert: das nächste Projekt, der nächste Job oder vielleicht auch gar nichts. Darin liegt für sie auch irgendwie der Reiz, die Chance sich immer wieder neu auszuprobieren und selbst zu verwirklichen. Johanna Scholtyssek ist optimistisch. Zurzeit ist sie dabei, neben ihrem Job für das Theater, sich wieder zu bewerben.

"Es wird auf jeden Fall auch eine freie Tätigkeit werden. Es gibt in dem Bereich wenige Festanstellungen. Wenn ich jetzt schaue und die Stellenanzeigen durchlese, dann sind das Festanstellungen, die sind befristet auf ein Jahr oder zwei, dann ist es fast das gleiche wie frei arbeiten."

Tonia Welter gießt die Pflanze, die auf Johannas Regal und überall verstreut in der 3. Etage stehen. Die Begrünung organisiert das Betahaus. Denn Grünpflanzen erhöhen nicht nur die Arbeitszufriedenheit. Tonia Welter:

"Also momentan gibt es hier noch die Standardzimmerpflanzen, die hier in Kübeln rum stehen, in groß und in klein, aber was wir planen, sind eigentlich grüne Raumteiler. Das sollen so eine Art mobile Wände sein, aus denen Pflanzen wachsen. Das funktioniert so, dass man Bereiche im Raum abteilen kann und das soll so ein bisschen so eine Schallschutzfunktion haben."

Tonia Welter, 30 Jahre alt, ist Produktdesignerin und gehört ebenfalls zum Gründerteam. Sie sorgt dafür, dass ihre "User" die schöne neue Freiheit auch genießen können. Sie kümmert sich um die Gestaltung des Betahauses. Beta stammt eigentlich aus der Programmiersprache. Es gibt immer nur eine vorläufige Fassung, das heißt, die Räume werden den flexiblen Bedürfnissen der Nutzer angepasst, erklärt sie, während sie die Teeküche aufräumt.

"Was uns wichtig ist, ist Flexibilität, dass Möbel im Raum flexibel sind, bewegbar sind und dass auch Räume selber in ihrer Funktion flexibel sind. Dass man auch einen Büroraum wie im Erdgeschoss, das ist eigentlich ein Arbeitsraum, aber man kann den auch mal kurz entleeren, dann ist es ein Ausstellungsraum und es wird eine Party gefeiert oder ein Kongress."

Sogenannte Coworking Spaces, das heißt flexibel nutzbar und gestaltbare Orte, an denen man zusammenarbeitet, aber nicht unbedingt an demselben Projekt, sind im Kommen. Die Nachfrage ist groß. Auf "hallenprojekt.de" sind sie alle zu finden: Neben dem Betahaus gibt es das Selfhub - das erste seiner Art, das Studio 70 und der New Thinking Store in Mitte. Nicht zu vergessen das Café Oberholz, dem ersten W-LAN Café in Berlin, wo die "Digitale Boheme" ihre Freiheit jenseits der Festanstellung, bereits vor Jahren feierte. Die Liste dieser Orte ist lang.

Doch die Neuauflage des Großraumbüros hat nicht nur positive Seiten. Auch die Flexibilität hat Grenzen. Und diese Grenzen versucht Georg Rafailidis von der Technischen Universität Aachen auszuloten. Die Architekten haben sich das Betahaus und weitere Orte neuer Arbeit angeschaut, mit Nutzern, Machern und Experten diskutiert. Der Beginn für ein längeres Forschungsprojekt. Sie wollen der Frage nachgehen wie verändern sich Räume, wenn es kaum noch Grenzen zwischen Privatem und der Arbeit gibt. Welche Voraussetzungen benötigt der moderne Kreativarbeiter, um produktiv sein zu können. Wie kann die virtuelle Vernetzung plastisch gemacht werden. Wie der Mensch sich verändert, hat er am eigenen Leib erfahren. Er und seine Lebensgefährtin arbeiten an der TU in Aachen, sie haben ein Architekturbüro in Berlin, dazu nehmen sie regelmäßig an internationalen Ausschreibungen teil, weil es der Arbeitsmarkt so diktiert.

"Bei uns zum Beispiel geht es oft so, dass wir denken wir hätten eigentlich gerne alle Projekte einfach nur hier und das machen wir einfach mal ein Jahr lang und das wäre so gut. Aber das funktioniert einfach nicht. Man findet sich halt einfach wieder in einer Situation, wo man zu diesen ganzen unterschiedlichen Orten muss. Diese Technik, also das Internet hat einfach Auswirkungen physisch. Ich werde durch die Welt gejagt auf einmal. Auf einmal findet man sich wieder, was so vorher Möglichkeiten aufgetan hat, dass das ein riesen Rucksack voller Zwänge ist, voller Zwänge, Termine und Reisen, Zeitverschwendung, Ermüdungserscheinungen und verschiedenen Orten arbeitet und das Einrichten von diesen Orten ist dann irrsinnig umständlich wieder."

Doch das Geschäft mit dem flexiblen Menschen boomt. Für gejagte dieser Art und selbst gewählte Weltenbummler will das Betahaus weitere Häuser in deutschen und europäischen Städten eröffnen. Damit man egal, wo man ist - eventuell auch im Urlaub - arbeiten kann! So die Vision. Vorerst gibt es aber auch in Berlin noch genug zu tun: In Zukunft sollen Onlineprofile der User erstellt werden, damit jeder sehen kann, wer was im Betahaus macht und wann er dort online ist. Einmal im Monat gibt's das "Betabier". Da wird eine Kiste Bier auf den Tisch gestellt und sich ausgetauscht, so Christoph Fahle, Geschäftsführer des Betahauses. 30 Jahre, kurze blonde Haare, braun gebrannt, mit einem optimistischen Lächeln auf den Lippen.

"Dass wir einfach mal eine Runde machen, wer hier was so macht. Hast du Bock, was zu sagen? User stellt sich vor."

Oben in der dritten Etage hat Natalie Holmes ihre Schicht beendet. Der Schreibtisch ist leer geräumt - ganz gemäß der "Clean Desk Policy".

Den Laptop verstaut sie in ihrem Schließfach unten im Café, wo es an diesem Abend eine Vernissage gibt. Am nächsten Tag geht es dann wieder von vorne los: "9 to 5" im Betahaus am Tisch ihrer Wahl.