Der Dirigent als Global Player

Von Dieter David Scholz |
Leipziger Gewandhauskapellmeister, Musikdirektor der New Yorker Philharmoniker, Chef der Londoner Philharmoniker und Leitung des Französischen Nationalorchesters – beeindruckend lesen sich die Stationen des gebürtigen Schlesiers Kurt Masur. Sein Engagement bei der friedlichen Revolution 1989 sicherte ihm Sympathien in Ost wie West.
Nach Kapellmeisterstationen in der sogenannten Provinz und leitenden Positionen an der Komischen Oper in Berlin sowie bei der Dresdner Philharmonie wurde Kurt Masur 1970 Leipziger Gewandhauskapellmeister. Er blieb 26 Jahre Chef des traditionsreichen Orchesters und galt als führender, mit zahlreichen Ehren, Auszeichnungen und Privilegien überhäufter Vorzeige-Dirigent der DDR. Seit den Sechzigerjahren gab er Gastspiele in ganz Europa und in Übersee.

Popularität, Rhetorik und moralisches Pathos zeichnen ihn ebenso aus wie die Souveränität seines dirigentischen Handwerks, aber auch Diplomatie im Umgang mit den Großen und Mächtigen im Staat. Sein Engagement bei der friedlichen Revolution 1989 sicherte ihm Aufmerksamkeit und Sympathien in Ost wie West. Ein Bonus, der wohl auch seiner Berufung zum Musikdirektor der New Yorker Philharmoniker zugute kam. Ein Amt, in das er 1991 berufen wurde und das er sechs Jahre parallel zu seiner Leipziger Verpflichtung wahrnahm. Doch dann hielt es ihn nicht mehr in Leipzig.

Masur: " Es gibt einfach die Ausschreitung eines Kreises (…) ich konnte in Leipzig nichts mehr tun, (…) ich habe nicht Leipzig verlassen, sondern diejenigen, die Leipzig leider verändert haben. "

Zu DDR-Zeiten bekannte sich der gebürtige Schlesier mit den diskreten Zarenallüren zum "humanistischen Erbe" seines Landes, nach der Wende vor allem zu kosmopolitischer Weite und Vielseitigkeit, auch in seinem Repertoire.

Masur: " Ich habe in der Zeit, in der ich im Gewandhaus war, fast 500 verschiedene Werke dirigiert. "

Nach den New Yorker Philharmonikern übernahm Kurt Masur im Jahre 2000 das Amt des Chefs der Londoner Philharmoniker, die Leitung des Französischen Nationalorchesters.

Für die einen ist Kurt Masur der Virtuoseste unter den Global Players, ein beispielhafter Wendegewinner, für die anderen Inbegriff des deutschen Kapellmeisters alter Schule, der erfolgreich auf dem vorherrschenden System des Musikbetriebs zu surfen versteht.

Das Feuilleton-Pressegespräch mit dem Feuilleton-Chef der Leipziger Volkszeitung, Peter Korfmacher, können Sie für begrenzte Zeit in unserem Audio-on-Demand-Player hören.