Der Erfinder der Sensationspresse
Laut, schrill, bunt: Ohne den amerikanischen Zeitungsverleger Hearst, der am 29. April 1863 auf die Welt kam, wäre Boulevardjournalismus heute undenkbar. William Randolph Hearst machte Zeitung für die kleinen Leute und wurde Multimillionär.
William Randolph Hearst, geboren am 29. April 1863 in San Francisco, war zwar reicher Leute Kind, doch keiner der klassischen Erben, die sich ins gemachte Nest setzen. Er studierte Journalismus und lernte die Praxis des Zeitungsgewerbes beim Harvard Lampoon. Sein Vater, der Bergbau-Multimillionär George Hearst, hatte quasi am Spieltisch eine kleine Zeitung, den San Francisco Examiner, erworben – die der Sohn alsbald für sich einforderte. Der erst 24 Jahre alte Jungverleger stapelte hoch. Er ernannte das Blatt kurzerhand zum "König der Tageszeitungen" und bot seinen Journalisten die bestmöglichen Arbeitsbedingungen. Wie er es bei seinem Vorbild Joseph Pulitzer gelernt hatte, sollten sie exklusive Geschichten recherchieren und sie auf möglichst dramatische Weise umsetzen. Dass was hinter den Kulissen passierte, musste die Menschen doch interessieren. Hearsts Motto:
"Wenn irgendjemand es nicht gedruckt sehen will, dann ist es eine Nachricht. Alles andere ist Werbung."
Der Plan ging auf: Die Leser waren begeistert.
Doch Hearst reichte es nicht, der Erste in der Provinz zu sein. Sein Ziel: ein nationales Zeitungsimperium. Mit dem Erbe des Vaters kaufte er das New Yorker "Morning Journal" – und trat in Konkurrenz zur "New York World" Joseph Pulitzers. New York war damals eine Stadt im Aufbruch, ein Sinnbild für die USA. Der Journalist Jack Rosenthal schrieb:
"Die 1890er-Jahre bescherten der Stadt einen turbulenten Wandel. Die Bevölkerungszahl verdoppelte sich. Überall sah man auf einmal Fahrräder. Immer mehr Menschen konnten lesen. Und die Menschen spürten den Zangengriff der Unternehmen, die die Eisenbahnen, die Elektrizität, ja sogar das Wasser kontrollierten."
Las sich die Geschichte gut, waren richtige Einzelheiten zweitrangig
Hearst köderte die Leser mit Sensationsgeschichten aus Politik und High Society. Er stilisierte sein Blatt zum Sprachrohr der "Kleinen Leute", obwohl er selbst doch zu den "Oberen Zehntausend" gehörte. Wenn sich die Geschichte gut las, war es zweitrangig, ob sie in allen Einzelheiten auch stimmte. Hearst riet seinen Mitarbeitern:
"Haben Sie keine Angst einen Fehler zu machen. Ihren Lesern könnte er gefallen."
Und den Amerikanern gefiel der Kampf der Zeitungen um ihre Gunst. Die Auflagen verdoppelten sich. Und wenn die Hearst-Journalisten es einmal nicht geschafft hatten, Sensationen auszugraben, lieferte der Boss einfach eigene. Berühmtestes Beispiel: die Krise um Kuba von 1898.
Er, wie auch sein Konkurrent Pulitzer, nahm den Aufstand der Kubaner gegen die spanische Kolonialmacht zum Anlass, Stimmung für einen Krieg der USA gegen Spanien zu machen. Die Explosion des US-Schiffes Maine im Hafen von Havanna lieferte der Hearst-Presse die Schlagzeile "Remember the Maine, to Hell with Spain". Die Aufständischen wurden in Grafiken und Texten als Opfer einer rücksichtslosen Großmacht dargestellt. Der Zeichner Frederik Remington war nach Kuba geschickt worden, um Bilder von Übergriffen zu machen. Als er Hearst kabelte, es gebe nichts zu berichten, entgegnete dieser:
"Sie besorgen die Bilder, ich den Krieg."
Ob es wirklich nur die Propaganda der Presse war, die die USA in den Krieg mit Spanien führte, ist bis heute umstritten. Sicher ist nur: Die Auflagen stiegen weiter. Aber die politischen wie privaten Träume des Mannes, der immer mehr Zeitungen und Zeitschriften im ganzen Land aufkaufte, stießen in der Folgezeit an ihre Grenzen. Alle Meinungsmacht half Hearst bei seinem größten Ziel nicht weiter: US-Präsident zu werden. Wahrscheinlich ganz gut so, denn Hearst offenbarte Sympathien für Mussolini und Hitler, den er 1934 sogar besuchte. Und auch seine Freundin, die Schauspielerin Marion Davies, konnte er nicht zu einem Hollywoodstar machen, obwohl er eigens ein Produktionsstudio gekauft hatte und die Hearst-Presse ob ihrer Darstellungskünste des Lobes voll war. 1951 starb der Medienzar mit 88 Jahren. In seinen Glanzzeiten las jeder dritte US-Amerikaner eine Zeitung aus dem Hause Hearst.
"Wenn irgendjemand es nicht gedruckt sehen will, dann ist es eine Nachricht. Alles andere ist Werbung."
Der Plan ging auf: Die Leser waren begeistert.
Doch Hearst reichte es nicht, der Erste in der Provinz zu sein. Sein Ziel: ein nationales Zeitungsimperium. Mit dem Erbe des Vaters kaufte er das New Yorker "Morning Journal" – und trat in Konkurrenz zur "New York World" Joseph Pulitzers. New York war damals eine Stadt im Aufbruch, ein Sinnbild für die USA. Der Journalist Jack Rosenthal schrieb:
"Die 1890er-Jahre bescherten der Stadt einen turbulenten Wandel. Die Bevölkerungszahl verdoppelte sich. Überall sah man auf einmal Fahrräder. Immer mehr Menschen konnten lesen. Und die Menschen spürten den Zangengriff der Unternehmen, die die Eisenbahnen, die Elektrizität, ja sogar das Wasser kontrollierten."
Las sich die Geschichte gut, waren richtige Einzelheiten zweitrangig
Hearst köderte die Leser mit Sensationsgeschichten aus Politik und High Society. Er stilisierte sein Blatt zum Sprachrohr der "Kleinen Leute", obwohl er selbst doch zu den "Oberen Zehntausend" gehörte. Wenn sich die Geschichte gut las, war es zweitrangig, ob sie in allen Einzelheiten auch stimmte. Hearst riet seinen Mitarbeitern:
"Haben Sie keine Angst einen Fehler zu machen. Ihren Lesern könnte er gefallen."
Und den Amerikanern gefiel der Kampf der Zeitungen um ihre Gunst. Die Auflagen verdoppelten sich. Und wenn die Hearst-Journalisten es einmal nicht geschafft hatten, Sensationen auszugraben, lieferte der Boss einfach eigene. Berühmtestes Beispiel: die Krise um Kuba von 1898.
Er, wie auch sein Konkurrent Pulitzer, nahm den Aufstand der Kubaner gegen die spanische Kolonialmacht zum Anlass, Stimmung für einen Krieg der USA gegen Spanien zu machen. Die Explosion des US-Schiffes Maine im Hafen von Havanna lieferte der Hearst-Presse die Schlagzeile "Remember the Maine, to Hell with Spain". Die Aufständischen wurden in Grafiken und Texten als Opfer einer rücksichtslosen Großmacht dargestellt. Der Zeichner Frederik Remington war nach Kuba geschickt worden, um Bilder von Übergriffen zu machen. Als er Hearst kabelte, es gebe nichts zu berichten, entgegnete dieser:
"Sie besorgen die Bilder, ich den Krieg."
Ob es wirklich nur die Propaganda der Presse war, die die USA in den Krieg mit Spanien führte, ist bis heute umstritten. Sicher ist nur: Die Auflagen stiegen weiter. Aber die politischen wie privaten Träume des Mannes, der immer mehr Zeitungen und Zeitschriften im ganzen Land aufkaufte, stießen in der Folgezeit an ihre Grenzen. Alle Meinungsmacht half Hearst bei seinem größten Ziel nicht weiter: US-Präsident zu werden. Wahrscheinlich ganz gut so, denn Hearst offenbarte Sympathien für Mussolini und Hitler, den er 1934 sogar besuchte. Und auch seine Freundin, die Schauspielerin Marion Davies, konnte er nicht zu einem Hollywoodstar machen, obwohl er eigens ein Produktionsstudio gekauft hatte und die Hearst-Presse ob ihrer Darstellungskünste des Lobes voll war. 1951 starb der Medienzar mit 88 Jahren. In seinen Glanzzeiten las jeder dritte US-Amerikaner eine Zeitung aus dem Hause Hearst.