Viele Tote, wenig Worte
Als 1965 "Für eine Handvoll Dollar" in die deutschen Kinos kam, begann die große Zeit der Italo-Western. Der handlungsarme Film mit Clint Eastwood hat heute noch viele Fans: unter ihnen Kult-Regisseur Quentin Tarrantino.
Die Geburtsstunde des Spaghetti-Western in Deutschland kam ein Jahr zu spät. Schon 1964 war Sergio Leones Film anderswo eingeschlagen. Eigentlich war die große Zeit des Western da schon vorbei.
Sergio Leones Team hatte nicht viel Geld, nur sieben Wochen Drehzeit. Und dann noch diesen Hauptdarsteller Clint Eastwood, den Leone erst nicht wollte, und der meist einfach nur so dastand und durch seine zusammengekniffenen Augen schaute.
Kein Vergleich zu früheren Western-Filmen. Keine heulenden Indianer, keine Reiterschlachten. Eigentlich gibt es kein Gut und kein Böse. Ideale spielen keine Rolle, Zynismus ist der Ton, der die Stimmung prägt. Alles wie im Kammerspiel, unendlich langsam, mit viel Staub und Wind und gleißender Sonne.
Am Ende sind rund 80 Menschen tot und ein ganzes Dorf zerstört. Und obwohl die Startbedingungen so schlecht waren, obwohl kaum jemand an diesen Film geglaubt hatte, auch Sergio Leone hatte immer wieder große Zweifel, war "Für eine Handvoll Dollar" der Beginn einer neuen Ära.
Finanzieller Erfolg
Mal ganz abgesehen vom finanziellen Erfolg: allein in Italien spielte der Film bis 1968 nicht nur eine Handvoll, sondern stolze fünf Millionen Dollar ein. Und auch die kriselnde Filmindustrie Italiens war für ein paar Jahre gerettet: Mehr als 500 sogenannter Spaghetti-Western entstanden danach – von mehr oder weniger guter Qualität.
Und auch Sergio Leone, der eigentlich andere Pläne hatte, musste weiter Western machen:
"Als ich nach Amerika ging, war das erste, was sie mir sagten: Erst müssen Sie uns noch einen Western machen und dann lassen wir Sie 'Es war einmal in Amerika' machen. Und da ist die Notwendigkeit einer neuen Trilogie entstanden, die mit 'Spiel mir das Lied vom Tod' angefangen hat."
Auch so ein Film, der Geschichte geschrieben hat. Aber alles begann mit "Für eine Handvoll Dollar": Clint Eastwood ist seitdem ein Star. Und auch jüngere Regisseure sind bis heute davon beeinflusst. Zum Beispiel Quentin Tarantino.
Größter Autorenfilm aller Zeiten?
Quentin Tarantino hat sich viel abgeschaut beim Spaghetti-Western. Und im letzten Jahr, als eine restaurierte Kopie von "Für eine Handvoll Dollar" der Abschlussfilm des Festivals in Cannes war, ließ es sich der Regisseur von "Django" und "Pulp Fiction" nicht nehmen, einen seiner Lieblingsfilme persönlich zu präsentieren:
"Auf eine gewisse Art ist 'Für eine Handvoll Dollar' eines der größten Autorenstücke aller Zeiten. Aber was den Film so großartig macht ist, dass man immer, wenn man Sergio Leone sagt, im gleichen Atemzug auch ein Loblied auf Enio Morricone und Clint Eastwood singen muss."
Und so war dieser Film vor allem ein Wunder, eine glückliche Fügung, die hinterher viele kopieren wollten. Bis hin zu Bud Spencer und Terence Hill.
Aber deren Filme waren Mitte der 70er-Jahre schon das Zeichen dafür, dass die große Zeit des Italo-Western vorbei war. Das Genre, das "Für eine Handvoll Dollar" vor 50 Jahren geprägt hat, lebt weiter.