Der Fall Wegner, die DKP und die Linke
Die einst 40.000 und heute nur noch 4000 Mitglieder umfassende Deutsche Kommunistische Partei (DKP) nennt der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke "eine vergreisende Partei". In ewiggestriger Tradition klammere sie sich an den Marxismus-Leninismus. Über offene Listen der Linkspartei kandidieren auch DKP-Mitglieder für die Landesparlamente.
Nana Brink: Bei uns zu Gast im Studio ist Albrecht von Lucke, Politikwissenschaftler und Redakteur der "Blätter für deutsche und internationale Politik". Schönen guten Morgen, Herr von Lucke!
Albrecht von Lucke: Guten Morgen, Frau Brink!
Brink: Was war denn die DKP früher einmal, und was verbirgt sich vor allen Dingen heute noch hinter dem Namen DKP?
von Lucke: Ja, es ist ja, man kann sagen, fast eine besondere Ironie der Geschichte, dass wir heute, 40 Jahre nach '68, gewissermaßen im Jubiläumsjahr noch einmal mit einem Wurmfortsatz, möchte ich sagen, der Revolte zu tun haben, und das ist die DKP zuallererst. Die DKP wurde, wie es so nett im Vorspann angekündigt wurde, bereits im Jahre '68 gegründet. Sie ist gewissermaßen eines der Fraktionierungs-, der Zerspaltungsergebnisse dieser Revolte, nachdem die Revolte, die APO, die außerparlamentarische Opposition, sich nach den Schüssen auf Rudi Dutschke zu zersplittern begann, und in immer heftigeren Prozessen, ich möchte fast sagen, untereinander zerlegte, begannen sich verschiedene Gruppierungen, das waren u.a. maoistische, aber trotzistische Gruppierungen, begannen sich zu Parteien zu konsolidieren. Und einer dieser Parteien war die DKP, die sich im Herbst '68 gründete. Man muss aber dazu sagen, dass die DKP eigentlich älteren Ursprungs ist. Denn das ist schon richtig, wenn die Partei immer wieder darauf verweist, dass sie in der Tradition auch der KPD steht. Und da kommt eigentlich das eigentliche Problem her. Die KPD wurde bekanntlich im Jahre '56 in der Bundesrepublik verboten durch das Bundesverfassungsgericht wegen Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz. Dieses Verbot '56 führte aber nicht dazu, dass die Partei plötzlich aufhörte zu existieren, sondern sie existierte weiter in der Illegalität. Und diese Situation, in der Illegalität zu existieren unter ausgesprochenem Druck, führte dazu, dass sich ein ganz, ganz orthodoxes, weltanschauliches Potenzial herausgebildet hat, das in einer Weise, ja ich möchte fast sagen, der marxistisch-leninistischen Tradition verbunden blieb, wie es keine andere Partei tat.
Brink: Kann man sagen, dass es immer noch die Ewiggestrigen sind, die auch heute noch in der DKP sind, wie man ja bei Christel Wegner sehen konnte aufgrund dieser Äußerung?
von Lucke: Das sind sie sogar noch wesentlich mehr als vor bereits 40 Jahren, weil damals, muss man dazu sagen, vor 40 Jahren war die Situation dann auch noch die, dass man immer noch Kurs nehmen konnte auf ein System im Kalten Krieg, nämlich das System der Sowjetunion. Und das tat die DKP. Sie war treue Vasallin sowohl Moskaus als auch Ostberlins und hat von daher immer in dem Glauben an die Überlegenheit des östlichen Blocks Politik gemacht, in ganz starker orthodoxer Manier. Nach '89 ist aus dieser einstmals recht starken Partei, immerhin hatte sie 40.000 Mitglieder, das war wirklich die stärkste Partei links der SPD, ist aus der Partei wirklich ein letztes Häuflein von einem Zehntel geblieben. Es sind keine Roundabout 4.000 Mitglieder, die die DKP heute noch hat. Von diesen 4.000 Mitgliedern sind wiederum nur weitere fünf Prozent, weniger als 200, jünger als 30 Jahre. Das heißt, wir haben es mit einer wirklich fast vergreisenden Partei zu tun, die sich in, da, in der Hinsicht haben Sie vollkommen recht, in ewiggestriger Tradition an die Tradition des Marxismus-Leninismus klammert. Das geht durch nichts deutlicher hervor als durch die Tatsache, dass die stellvertretende Parteivorsitzende Nina Hager ist. Nina Hager ist die Tochter des ehemaligen Chefideologen der SED, Kurt Hager. Interessanterweise ist sie aber keineswegs als orthodox in der Partei verschrien, sondern wird wieder von einer noch orthodoxeren Fraktion wegen Revisionismus angegriffen. Sie verkörpert schon wiederum den moderateren Teil. Das zeigt, inwieweit diese Partei sich heute als eine besonders orthodoxe nach wie vor versteht.
Brink: Das klingt sehr abstrus, stellt man sich die Frage, musste die Linkspartei diese Leute dann unbedingt auf die Liste setzen. War ihnen nicht klar, was das eigentlich bedeutet?
von Lucke: Die Linkspartei hat jetzt ein großes Problem. Und das besteht darin, dass man bis vor Kurzem den Eindruck haben konnte, die Linkspartei, das ist eine gemäßigte Partei des Ostens, einerseits die PDS, die über 20 Jahre lang Aufarbeitung an ihren Traditionen betrieben hat, die sich auch kritisch, zunehmend kritisch, mit den Hinterlassenschaften der DDR auseinandergesetzt hat, die versucht hat, ein kritisches Verhältnis zum real existierenden Sozialismus zu finden, und auf der anderen Seite die WASG von Oskar Lafontaine. Der Eindruck konnte entstehen, dass es diese Parteien sind, die im letzten Jahr den Vereinigungsprozess untereinander ausmachen. Wenn wir aber genauer hingucken, das wird jetzt deutlich, hat die Linkspartei, hat die PDS seit 20 Jahren natürlich auch versucht, die Splitterparteien der alten linken Tradition im Westen aufzugreifen. Und darunter ist natürlich nicht zuletzt die DKP von Bedeutung, und das wird jetzt wieder deutlich. Die PDS hat lange Zeit versucht, eine offene Bündnispolitik zu betreiben, indem sie offene Listen gestaltet hat, indem DKPisten kandidieren konnten. Und jetzt fällt dieses Problem der Linkspartei auf die Füße. Sie hat es mit erstaunlich vielen noch zu tun. Man muss nur an Hamburg denken, dort kandidiert mit Olaf Harms, dem DKP-Chef, ein DKP-Mann auf Platz zehn der Landesliste. Und in den Bezirkslisten sind auch weitere neun andere DKP-Mitglieder, das heißt, es gibt dieses Potenzial. Und die Linkspartei muss jetzt überlegen, wie sie mit diesem Potenzial umgeht.
Brink: Wir sprechen mit Albrecht von Lucke, Politikwissenschaftler, über die DKP und dann natürlich auch über die Linkspartei. Hilft denn eine Dämonisierung weiter, wie wir sie jetzt erfahren, wenn wir zum Beispiel die Reaktion der CSU nehmen, die sagen, die Linkspartei ist die alte SED, sollte man das Phänomen DKP da nicht einfach ignorieren, oder wäre das falsch?
von Lucke: Na, das ist natürlich ganz klar instrumentell, was die CSU, was überhaupt die sogenannten bürgerlichen Parteien machen. Das ist natürlich ein gefundenes Fressen im Augenblick, dass sie genau in dem Augenblick, wo sie versuchen, eine Lagerpolitik zu betreiben, auf der einen Seite das bürgerlich gemäßigte Lager, das Lager der Mitte, gegen das rote Lager. Herr Huber, der CSU-Vorsitzende, hat das ja sehr deutlich auf dem Aschermittwoch der CSU klar benannt. Sie wollen Politik machen gegen das rote Lager der Kommunisten und der Steigbügelhalter der Kommunisten. Und die Steigbügelhalter der Kommunisten, als solche bezeichnet Erwin Huber mittlerweile auch die SPD. Das heißt der Versuch, auch gleichsam die SPD an den Rand zu rücken. Das ist sehr durchschaubar. Aber eine Dämonisierung hat in der Hinsicht nie etwas genützt. Die DKP ist ein völlig zu vernachlässigender Bestandteil. Das wird ja auch an den Äußerungen von Christel Wegner deutlich. Die Christel Wegner als offensichtlich alte Kommunistin sagt, jetzt, wenn ich es richtig gelesen habe, dass sie froh wäre und glücklich ist, dass sie gleichsam deutlich machen kann, in einem Parlament noch einmal eine marxistische Stimme vertreten zu können. Und das ist auch eine besondere Ironie der Geschichte muss man sagen. 40 Jahre lang ist es der DKP im Westen nicht gelungen, auch in den Hochzeiten, irgendjemanden ins Parlament zu bringen. Jetzt gelingt es ihnen gewissermaßen im Huckepackverfahren mit der Linkspartei. Aber die Dämonisierung ist da keine Lösung. Das Eigentliche, und da ist die Geschichte hilfreich, würde ich sagen, was die Alternative wäre, ist Resozialisierung. Resozialisierung ist eigentlich die Devise. Das Gleiche haben wir vor 20 Jahren in Hessen erlebt. Damals traten auch auf den grünen Listen, auf den grünen bunten Listen, erstaunlich viele als Kommunisten an, die früher schneller gesehen haben, dass der real-existierende Sozialismus keine Alternative ist, und auch die maoistischen Träume waren sehr schnell geplatzt. Und diese Leute sind dann alle im Zuge der Resozialisierung, möchte ich sagen, sind diese Personen alle im Zuge der Grünen Partei zu sehr gediegenen Staatsleuten geworden. Einige sind Minister geworden, und man hat gesehen, dass man durchaus mit einem solchen Hintergrund noch ordentlich Politik machen kann. Ob es im Falle der DKP reicht, das will ich bezweifeln, weil das Leute sind, die seit 20 Jahren ziemlich immun sind gegenüber ...
Brink: … auch völlig verbohrt. Man hat ja nicht den Eindruck, dass da irgendwas, irgendeine Argumentation nützt.
von Lucke: Genau. Das trifft aber auf den Rest der Linkspartei in weiten Teilen nicht zu. Die Linkspartei hat in weiten Teilen versucht, sich dem gegenwärtigen Problem zu stellen. Das zeigen ja auch die entschiedenen Äußerungen der Absetzung. Man sieht ganz klar, dass dort ein anderes Verhältnis zur Gegenwart herrscht, auch zur Vergangenheit, dass man versucht, deutliche Trennstriche zu ziehen. Und da wird man gucken müssen. Da ist es vor allem auch wichtig zu sehen, gelingt es jetzt dieser Partei, eine alternative Politik zu machen, vor allem auch eine Politik, und deswegen ist die Dämonisierung grundfalsch, eine Politik, die denen eine Stimme verspricht und gibt, die offensichtlich im Zuge der Politik der letzten Jahre unter die Räder gekommen sind. Es ist ja kein Zufall, dass zehn Prozent, und ungefähr so ist das Stimmenpotenzial der Linkspartei, dass zehn Prozent mittlerweile diese Partei wählen, die sich im weiten Sinne aus einem Protestwählerrefugium speist, das zuallererst mit der großen, neuen, sozialen Spaltung dieser Gesellschaft Probleme hat, das unter die Räder kommt. Und diese Menschen zu dämonisieren, das wäre grundfalsch. Man kann einzelne Positionen und einzelne Personen in der Partei mit vollem Recht, mit Fug und Recht kritisieren, u.a. die Position der DKP und von Christel Wegner. Aber die Linkspartei als solche zu dämonisieren, wäre grundfalsch. Vielmehr kommt es darauf an, sie ernst zu nehmen und zu sagen, diese Positionen haben ihre Berechtigung.
Brink: Vielen Dank, Albrecht von Lucke! Er ist Politikwissenschaftler und Redakteur der "Blätter für deutsche und internationale Politik", und wir sprachen mit ihm über das Phänomen DKP.
Albrecht von Lucke: Guten Morgen, Frau Brink!
Brink: Was war denn die DKP früher einmal, und was verbirgt sich vor allen Dingen heute noch hinter dem Namen DKP?
von Lucke: Ja, es ist ja, man kann sagen, fast eine besondere Ironie der Geschichte, dass wir heute, 40 Jahre nach '68, gewissermaßen im Jubiläumsjahr noch einmal mit einem Wurmfortsatz, möchte ich sagen, der Revolte zu tun haben, und das ist die DKP zuallererst. Die DKP wurde, wie es so nett im Vorspann angekündigt wurde, bereits im Jahre '68 gegründet. Sie ist gewissermaßen eines der Fraktionierungs-, der Zerspaltungsergebnisse dieser Revolte, nachdem die Revolte, die APO, die außerparlamentarische Opposition, sich nach den Schüssen auf Rudi Dutschke zu zersplittern begann, und in immer heftigeren Prozessen, ich möchte fast sagen, untereinander zerlegte, begannen sich verschiedene Gruppierungen, das waren u.a. maoistische, aber trotzistische Gruppierungen, begannen sich zu Parteien zu konsolidieren. Und einer dieser Parteien war die DKP, die sich im Herbst '68 gründete. Man muss aber dazu sagen, dass die DKP eigentlich älteren Ursprungs ist. Denn das ist schon richtig, wenn die Partei immer wieder darauf verweist, dass sie in der Tradition auch der KPD steht. Und da kommt eigentlich das eigentliche Problem her. Die KPD wurde bekanntlich im Jahre '56 in der Bundesrepublik verboten durch das Bundesverfassungsgericht wegen Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz. Dieses Verbot '56 führte aber nicht dazu, dass die Partei plötzlich aufhörte zu existieren, sondern sie existierte weiter in der Illegalität. Und diese Situation, in der Illegalität zu existieren unter ausgesprochenem Druck, führte dazu, dass sich ein ganz, ganz orthodoxes, weltanschauliches Potenzial herausgebildet hat, das in einer Weise, ja ich möchte fast sagen, der marxistisch-leninistischen Tradition verbunden blieb, wie es keine andere Partei tat.
Brink: Kann man sagen, dass es immer noch die Ewiggestrigen sind, die auch heute noch in der DKP sind, wie man ja bei Christel Wegner sehen konnte aufgrund dieser Äußerung?
von Lucke: Das sind sie sogar noch wesentlich mehr als vor bereits 40 Jahren, weil damals, muss man dazu sagen, vor 40 Jahren war die Situation dann auch noch die, dass man immer noch Kurs nehmen konnte auf ein System im Kalten Krieg, nämlich das System der Sowjetunion. Und das tat die DKP. Sie war treue Vasallin sowohl Moskaus als auch Ostberlins und hat von daher immer in dem Glauben an die Überlegenheit des östlichen Blocks Politik gemacht, in ganz starker orthodoxer Manier. Nach '89 ist aus dieser einstmals recht starken Partei, immerhin hatte sie 40.000 Mitglieder, das war wirklich die stärkste Partei links der SPD, ist aus der Partei wirklich ein letztes Häuflein von einem Zehntel geblieben. Es sind keine Roundabout 4.000 Mitglieder, die die DKP heute noch hat. Von diesen 4.000 Mitgliedern sind wiederum nur weitere fünf Prozent, weniger als 200, jünger als 30 Jahre. Das heißt, wir haben es mit einer wirklich fast vergreisenden Partei zu tun, die sich in, da, in der Hinsicht haben Sie vollkommen recht, in ewiggestriger Tradition an die Tradition des Marxismus-Leninismus klammert. Das geht durch nichts deutlicher hervor als durch die Tatsache, dass die stellvertretende Parteivorsitzende Nina Hager ist. Nina Hager ist die Tochter des ehemaligen Chefideologen der SED, Kurt Hager. Interessanterweise ist sie aber keineswegs als orthodox in der Partei verschrien, sondern wird wieder von einer noch orthodoxeren Fraktion wegen Revisionismus angegriffen. Sie verkörpert schon wiederum den moderateren Teil. Das zeigt, inwieweit diese Partei sich heute als eine besonders orthodoxe nach wie vor versteht.
Brink: Das klingt sehr abstrus, stellt man sich die Frage, musste die Linkspartei diese Leute dann unbedingt auf die Liste setzen. War ihnen nicht klar, was das eigentlich bedeutet?
von Lucke: Die Linkspartei hat jetzt ein großes Problem. Und das besteht darin, dass man bis vor Kurzem den Eindruck haben konnte, die Linkspartei, das ist eine gemäßigte Partei des Ostens, einerseits die PDS, die über 20 Jahre lang Aufarbeitung an ihren Traditionen betrieben hat, die sich auch kritisch, zunehmend kritisch, mit den Hinterlassenschaften der DDR auseinandergesetzt hat, die versucht hat, ein kritisches Verhältnis zum real existierenden Sozialismus zu finden, und auf der anderen Seite die WASG von Oskar Lafontaine. Der Eindruck konnte entstehen, dass es diese Parteien sind, die im letzten Jahr den Vereinigungsprozess untereinander ausmachen. Wenn wir aber genauer hingucken, das wird jetzt deutlich, hat die Linkspartei, hat die PDS seit 20 Jahren natürlich auch versucht, die Splitterparteien der alten linken Tradition im Westen aufzugreifen. Und darunter ist natürlich nicht zuletzt die DKP von Bedeutung, und das wird jetzt wieder deutlich. Die PDS hat lange Zeit versucht, eine offene Bündnispolitik zu betreiben, indem sie offene Listen gestaltet hat, indem DKPisten kandidieren konnten. Und jetzt fällt dieses Problem der Linkspartei auf die Füße. Sie hat es mit erstaunlich vielen noch zu tun. Man muss nur an Hamburg denken, dort kandidiert mit Olaf Harms, dem DKP-Chef, ein DKP-Mann auf Platz zehn der Landesliste. Und in den Bezirkslisten sind auch weitere neun andere DKP-Mitglieder, das heißt, es gibt dieses Potenzial. Und die Linkspartei muss jetzt überlegen, wie sie mit diesem Potenzial umgeht.
Brink: Wir sprechen mit Albrecht von Lucke, Politikwissenschaftler, über die DKP und dann natürlich auch über die Linkspartei. Hilft denn eine Dämonisierung weiter, wie wir sie jetzt erfahren, wenn wir zum Beispiel die Reaktion der CSU nehmen, die sagen, die Linkspartei ist die alte SED, sollte man das Phänomen DKP da nicht einfach ignorieren, oder wäre das falsch?
von Lucke: Na, das ist natürlich ganz klar instrumentell, was die CSU, was überhaupt die sogenannten bürgerlichen Parteien machen. Das ist natürlich ein gefundenes Fressen im Augenblick, dass sie genau in dem Augenblick, wo sie versuchen, eine Lagerpolitik zu betreiben, auf der einen Seite das bürgerlich gemäßigte Lager, das Lager der Mitte, gegen das rote Lager. Herr Huber, der CSU-Vorsitzende, hat das ja sehr deutlich auf dem Aschermittwoch der CSU klar benannt. Sie wollen Politik machen gegen das rote Lager der Kommunisten und der Steigbügelhalter der Kommunisten. Und die Steigbügelhalter der Kommunisten, als solche bezeichnet Erwin Huber mittlerweile auch die SPD. Das heißt der Versuch, auch gleichsam die SPD an den Rand zu rücken. Das ist sehr durchschaubar. Aber eine Dämonisierung hat in der Hinsicht nie etwas genützt. Die DKP ist ein völlig zu vernachlässigender Bestandteil. Das wird ja auch an den Äußerungen von Christel Wegner deutlich. Die Christel Wegner als offensichtlich alte Kommunistin sagt, jetzt, wenn ich es richtig gelesen habe, dass sie froh wäre und glücklich ist, dass sie gleichsam deutlich machen kann, in einem Parlament noch einmal eine marxistische Stimme vertreten zu können. Und das ist auch eine besondere Ironie der Geschichte muss man sagen. 40 Jahre lang ist es der DKP im Westen nicht gelungen, auch in den Hochzeiten, irgendjemanden ins Parlament zu bringen. Jetzt gelingt es ihnen gewissermaßen im Huckepackverfahren mit der Linkspartei. Aber die Dämonisierung ist da keine Lösung. Das Eigentliche, und da ist die Geschichte hilfreich, würde ich sagen, was die Alternative wäre, ist Resozialisierung. Resozialisierung ist eigentlich die Devise. Das Gleiche haben wir vor 20 Jahren in Hessen erlebt. Damals traten auch auf den grünen Listen, auf den grünen bunten Listen, erstaunlich viele als Kommunisten an, die früher schneller gesehen haben, dass der real-existierende Sozialismus keine Alternative ist, und auch die maoistischen Träume waren sehr schnell geplatzt. Und diese Leute sind dann alle im Zuge der Resozialisierung, möchte ich sagen, sind diese Personen alle im Zuge der Grünen Partei zu sehr gediegenen Staatsleuten geworden. Einige sind Minister geworden, und man hat gesehen, dass man durchaus mit einem solchen Hintergrund noch ordentlich Politik machen kann. Ob es im Falle der DKP reicht, das will ich bezweifeln, weil das Leute sind, die seit 20 Jahren ziemlich immun sind gegenüber ...
Brink: … auch völlig verbohrt. Man hat ja nicht den Eindruck, dass da irgendwas, irgendeine Argumentation nützt.
von Lucke: Genau. Das trifft aber auf den Rest der Linkspartei in weiten Teilen nicht zu. Die Linkspartei hat in weiten Teilen versucht, sich dem gegenwärtigen Problem zu stellen. Das zeigen ja auch die entschiedenen Äußerungen der Absetzung. Man sieht ganz klar, dass dort ein anderes Verhältnis zur Gegenwart herrscht, auch zur Vergangenheit, dass man versucht, deutliche Trennstriche zu ziehen. Und da wird man gucken müssen. Da ist es vor allem auch wichtig zu sehen, gelingt es jetzt dieser Partei, eine alternative Politik zu machen, vor allem auch eine Politik, und deswegen ist die Dämonisierung grundfalsch, eine Politik, die denen eine Stimme verspricht und gibt, die offensichtlich im Zuge der Politik der letzten Jahre unter die Räder gekommen sind. Es ist ja kein Zufall, dass zehn Prozent, und ungefähr so ist das Stimmenpotenzial der Linkspartei, dass zehn Prozent mittlerweile diese Partei wählen, die sich im weiten Sinne aus einem Protestwählerrefugium speist, das zuallererst mit der großen, neuen, sozialen Spaltung dieser Gesellschaft Probleme hat, das unter die Räder kommt. Und diese Menschen zu dämonisieren, das wäre grundfalsch. Man kann einzelne Positionen und einzelne Personen in der Partei mit vollem Recht, mit Fug und Recht kritisieren, u.a. die Position der DKP und von Christel Wegner. Aber die Linkspartei als solche zu dämonisieren, wäre grundfalsch. Vielmehr kommt es darauf an, sie ernst zu nehmen und zu sagen, diese Positionen haben ihre Berechtigung.
Brink: Vielen Dank, Albrecht von Lucke! Er ist Politikwissenschaftler und Redakteur der "Blätter für deutsche und internationale Politik", und wir sprachen mit ihm über das Phänomen DKP.