Der geheimnisvolle holländische Meister

Von Alexandra Gerlach |
Noch immer ist nur wenig über Johannes Vermeer, den Meister der holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts, bekannt. Eine Ausstellung in Dresden versucht nachzuzeichnen, welche zeitgenössischen Künstler ihn beeinflusst haben könnten.
Nur rund 36 Werke des berühmten Delfter Malers Johannes Vermeer existieren noch. Ein erstaunlich kleines Oeuvre für den großen Meister der holländischen Genre- und Interieurmalerei des 17. Jahrhunderts. Dies und auch sein Lebensweg geben den Kunsthistorikern noch heute Rätsel auf:

"Das Problem mit Vermeers Biografie besteht ja darin, dass man nicht sehr viel von ihm weiß. Es gibt wenige erhaltene Quellen. Zwei Mal kommt ein kunstinteressierter Ausländer nach Delft und es gibt einen Hinweis in deren Reiseberichten, dass er das Atelier von Vermeer besucht, weil er als berühmter Maler gilt und man ich also auf einer Kunstreise zu besichtigen habe.

In dem einen Fall will dann gleich genannt, Vermeer hatte leider kein einziges fertiges Bild zuhause, und er wurde zu einem Bäcker geschickt, um dort eines der Vermeer-Bilder zu besichtigen, das ist jener Bäcker, der immer wieder genannt wird, bei dem Vermeer also auch Gemälde verpfändet hat, um auch seine Familie ernähren zu können."

Uta Neidhardt ist Oberkonservatorin für Niederländische Malerei in Dresden. Sie hat maßgeblich die neue Ausstellung vorbereitet. Es ist eine bislang einzigartige Kooperation zwischen den Gemäldegalerien von Dresden, Den Haag und dem schottischen Edinburgh. Alle drei eint, dass sie frühe Werke des geheimnisvollen holländischen Meisters besitzen.

Dresden hat mit dem "Brieflesenden Mädchen am offenen Fenster" sogar zwei dieser kostbaren Raritäten aus dem Delfter Atelier Vermeers in seinem Besitz. Doch noch nie waren diese frühen Werke gemeinsam zu sehen:

"Wir haben hier in der Dresdner Ausstellung auf einer Wand versammelt, die erhaltenen drei frühen Gemälde Vermeers, das ist das Bild 'Diana mit ihren Gefährtinnen beim Bade', aus dem Mauritshuis Den Haag, in der Mitte das Größte und Monumentalste Bild, 'Christus bei Maria und Martha' aus der National Gallery of Scotland, in Edinburgh, und unser Dresden-Bild, 'Bei der Kupplerin', das Einzige der drei Bilder, das datiert ist, 1656 datiert und signiert."

Das Entree zur Ausstellung ist schlicht und klar. Rotbraune Letter auf einer weißen Wand formen den Titel dieser Schau um den frühen Vermeer. Dahinter beginnt die Opulenz. Auf einer leuchtend grünen Wand an der Stirnseite des Gobelinsaals heben sich die drei in satten Farben gehaltenen Bilder deutlich ab. Leuchtend gelb strahlt das Wams des jungen Mädchens aus dem Bild der "Kupplerin".

"Bei der Kupplerin handelt es sich wirklich um das eigenständigste und ungewöhnlichste Werk in Vermeers Schaffen. Wir sehen eine 4-Figuren-Gruppe. Ein Freier hat seine Hand ganz unzweideutig auf die Brust eines schönen, jungen Mädchen gelegt und ist gerade dabei, ihr eine Münze in die Hand zu bezahlen. Dann sieht man neben dem Freier etwas im Hintergrund, eine alte Dame, in einem schwarzen Kopftuch, die sehr wachsam diese Szene verfolgt. Bei dieser Frau handelt es sich um die Kupplerin. "

Aus dem Halbschatten blickt eine vierte Figur auf den Betrachter, stellt Blickkontakt her. Die Präsenz und Lebendigkeit der Figuren fasziniert ebenso wie das Licht im Gemälde. Das ist eine besondere Spezialität der sogenannten Delfter Schule, die im 17. Jahrhundert eine Blütezeit erlebte. Wie stark sich in dieser Phase die Malerei verändert und wie filigran zeitgenössische Künstlerkollegen von Johannes Vermeer mit dem Licht in ihren Bildern arbeiteten, lässt sich im zweiten Raum der Ausstellung nachempfinden, der der Delfter Malereischule gewidmet ist:

"Eine Darstellung von Farben, von Oberflächen, von Licht, Glas, es ist eine unglaublich sensible, zarte, Licht geführte Malerei. Und so etwas kannte Vermeer natürlich, damit hat er sich auseinandergesetzt und das hat ihn angeregt, auch wenn man das oft nicht so direkt in seinen Werken wiederfindet. Er hat das alles aufgenommen und aufgesogen und seinem Stil anverwandelt, kann man sagen."

Zum Thema:
Homepage der Staatlichen Kunststammlungen Dresden