Der Geschäftsführer und das Geschäft

Von Anke Petermann |
Der Landesparteitag der SPD steht vor der Tür, die Vorlage eines Haushaltsentwurfs durch die Regierung steht an. Zwei Termine in Hessen, die es in sich haben. Die CDU wird aufmerksam beobachten, welche Signale vom SPD-Parteitag und wie für Herausforderin Ypsilanti die Vorstandswahlen ausgehen werden. Und die SPD wiederum rüstet sich für die Beratung des Haushaltsentwurfes im Landtag. Sie könnten dazu führen, dass der Geschäftsführende Ministerpräsident Koch Neuwahlen ansetzt.
4. April 2008 – konstituierende Sitzung des Hessischen Landtags. Das Wort hat Landtagspräsident Norbert Karttmann:

"Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 14 a: Wahl der Ministerpräsidentin oder der Ministerpräsidenten. Zunächst stelle ich fest, meine Damen und Herren, dass mir kein Wahlvorschlag hierzu vorliegt. Ich frage noch mal: Gibt es aus der Mitte des Hauses einen Vorschlag. Das ist nicht der Fall. Damit findet keine Wahl zur Ministerpräsidentin oder zum Ministerpräsidenten statt."

Eine ungewohnte Situation für den Machtpolitiker Roland Koch – er kann sich nicht zum Regierungschef wählen lassen, weil CDU und FDP im Hessischen Landtag die dafür nötige Mehrheit nicht aufbringen. Die Verfassung zwingt ihn aber, im Amt zu bleiben, als "geschäftsführender" Ministerpräsident. Denn auch seiner Gegenspielerin Andrea Ypsilanti von der SPD gelang es nicht, ihre Wahl zur Ministerpräsidentin durchzusetzen. Grüne und Linke hatten ihr die nötigen Stimmen zwar zugesagt, doch die eigene Partei steht nicht geschlossen hinter ihr. Und deshalb kommt es nun doch wieder auf ihn an, den die SPD voreilig zum Wahlverlierer erklärt hatte - auf Roland Koch. Hessens langjähriger Ministerpräsident, in Personalunion stellvertretender CDU-Bundesvorsitzender und CDU-Landeschef, ist nun sozusagen degradiert zum "Geschäftsführer einer Übergangsregierung". Doch Roland Koch fügt sich nach außen hin mit erstaunlicher Gelassenheit in die neue, bescheidenere Rolle:

"Ich hab sehr konkrete Vorstellungen für die nächsten Wochen und Monate, und insofern ist es jetzt auch ein Stück ganz normale Arbeit, die ich lange genug mache, von der ich auch weiß, was von mir erwartet wird."

Doch so normal ist die neue Arbeit nicht, denn ohne eigene Mehrheit muss der Ministerpräsident Gesetze ausfertigen, die gegen die Stimmen der CDU verabschiedet werden. "Sich dem Parlament beugen", so formuliert es SPD-Oppositionsführerin Andrea Ypsilanti süffisant und meint damit die Parlamentsmehrheit aus SPD, Grünen und Linken. Sich zu beugen, gehörte bislang nicht zu den hervorstechenden Qualitäten des hessischen Ministerpräsidenten. Zum Auftakt der neuen Legislaturperiode gibt sich Koch aber staatsmännisch zurückhaltend, will Partner des Parlaments sein.

"Der Respekt davor, dass das Parlament Entscheidungen treffen kann, sollte bei jedem im Blut sein, das ist ein Wesenselement der demokratischen Gesellschaft."

Roland Koch als milde lächelnder Verwalter der hessischen Geschicke? Im Landtagswahlkampf gab er den "Rasenden Roland" im Kampf gegen die Kriminalität vor allem jugendlicher Ausländer. Die Wähler jedoch zeigten dem CDU-Mann dafür die Rote Karte, einen Stimmenverlust von 12 Prozentpunkten fuhren die hessischen Christdemokraten ein. Nun versucht Koch, Boden gut zu machen. Die Grünen nehmen halb amüsiert, halb geschmeichelt zur Kenntnis, dass der geschäftsführende Ministerpräsident sie nicht mehr mit Schaum vorm Mund als "Ultralinke" geißelt. Im Gegenteil, er hofiert sie als willkommene Bündnispartner einer Jamaika-Koalition gemeinsam mit der durchaus willigen FDP – in der Hoffnung, dieses Bündnis werde ihn vom Geschäftsführer wieder zum mächtigen Vorstandsvorsitzenden der Hessen-AG machen.

"Da will ich einräumen, dass wenn man auf einen Partner zugeht, wir doch noch vielleicht ein paar Kreativitätssprünge miteinander machen müssen. Und das, was ich für die CDU da sage ich: Wir sind bereit, uns darauf einzulassen."

Als einen" Kreativitätssprung" werteten politische Beobachter die programmatischen Avancen, die Roland Koch den Grünen auf der ersten Arbeitssitzung des Parlaments machte.

"Die Landesregierung will Hessen in einer gemeinsamen Anstrengung zu einem Musterland der regenerativen Energien machen."

Beifall von CDU und FDP, ungläubiges Raunen und Lachen im Block der linken Mehrheit. Bei den Sozialdemokraten fiel das Gelächter vielleicht ein wenig nervös aus. Denn klar war, der Machtpolitiker Roland Koch schickte sich an, ihnen mit den Grünen den Bündnispartner abspenstig zu machen, den sie für einen zweiten Anlauf an die Macht – wann auch immer - noch brauchen würden. Auffällig häufig avancierte das schwarzgrüne Bündnis in Hamburg jetzt zum Referenzmodell für hessische CDU-Politiker. Wie für den parlamentarischen Geschäftsführer Axel Wintermeyer, der für das Hamburger Modell der nachgelagerten Studiengebühren warb:

"Das heißt, dass also die Studenten, die an den hessischen Universitäten studieren, nachdem sie das Studium beendet haben, entsprechende Studiengebühren bezahlen müssen, wenn sie entsprechendes Einkommen haben, das wäre ein guter Weg."

Doch die Grünen blieben den neuen, moderaten Tönen aus dem christdemokratischen Lager gegenüber skeptisch, und auch von nachgelagerten Studiengebühren wollten sie sich nicht überzeugen lassen. Stattdessen brachten sie wie geplant gemeinsam mit SPD und Linken die Abschaffung der Studiengebühren über die Bühne – allerdings erst im zweiten Anlauf. Der erste Anlauf scheiterte spektakulär Anfang Juni. Am Einspruch des geschäftsführenden Ministerpräsidenten Koch, der zuvor stets betont hatte, er werde keine mit linker Mehrheit verabschiedeten Gesetze blockieren. Doch im rot-grünen Gesetzestext fehlte die entscheidende Passage, wonach die Gebühren mit dem Sommersemester 2008 auslaufen. Roland Koch hatte das als aufmerksamer Geschäftsführer längst erkannt, aber zwei Debattentage lang vornehm geschwiegen, bis die Frist für eine schnelle, unspektakuläre Korrektur durch eine sofortige dritte Lesung des Gesetzes verstrichen war. Erst am letzten Tag der Landtagsdebatte haute der Regierungschef SPD und Grünen ihr fehlerhaftes Gesetz um die Ohren. Er werde es so nicht unterzeichnen.

"Dieses Gesetz ist handwerklich unzulänglich, jenseits eines politischen Streits. Und nur um diese Frage geht es."

Was die linke Mehrheit im Landtag dem CDU-Politiker Koch nicht abnahm. Der geschäftsführende Ministerpräsident bausche einen simplen Textübertragungsfehler auf, um sie als Vereinigung von Dilettanten dastehen zu lassen, argwöhnten Rote, Grüne und Dunkelrote. Und tatsächlich ließ sich die Botschaft des Geschäftsführers von der CDU folgendermaßen interpretieren: Die potentiellen Bündnispartner auf der Linken seien ein windiges Trio, schon einmal unrühmlich gescheitert mit einer feindlichen Übernahme Hessens. Gelinge sie Roten, Grünen und Dunkelroten im zweiten Anlauf, dann würden sie das schöne starke Bundesland ohne Zweifel in Grund und Boden wirtschaften.

Das Problem für Roland Koch: Der Strategiewechsel hin zur gnadenlosen Attacke konterkarierte seine bis dahin gefahrenen Taktik, sich als staatstragender, hyperkorrekter, höflicher Lenker der Firma "Hessen" zu profilieren und als "Partner des Parlaments", wie er es selbst formuliert hatte. Grünen-Frontmann Tarek Al Wazir legte den Finger genau in diese Wunde:

"Das waren die alten Mätzchen, die alten Mätzchen, Herr Ministerpräsident, das war nicht der neue Landtag. (Beifall) Meine Oma hat früher immer gesagt, der Kater lässt das Mausen nicht, und ich sage Ihnen: Roland koch bleibt Roland Koch."

Der Eklat um die Studiengebühren machte die Option Schwarz-Gelb-Grün zunichte, bevor noch die Grünen sie richtig ernst genommen hatten. "Auf Jamaika hat’s gerade gehagelt", kommentierte der grüne Fraktionschef Al Wazir.

Jamaika ist zu Grabe getragen. Auf der anderen Seite starb allmählich auch die Hoffnung von SPD, Grünen und Linken, einen radikalen Kurswechsel in der Energie- und Klimapolitik sowie eine große Schulrefom hin zu längerem gemeinsamen Lernen aus dem Parlament heraus umsetzen zu können. In der Bildungspolitik gelang es der linken Parlamentsmehrheit immerhin, die umstrittene Unterrichtsgarantie mit Hilfe von Laienlehrern abzuschaffen. Nur sanfter Druck war nötig, damit der kommissarische Schulminister von der CDU die Härten der Gymnasialzeitverkürzung G8 auf dem Verordnungsweg abschliff. Dass dafür mehr Mittagsbetreuung und Ganztagsschulen nötig waren, wussten die Christdemokraten angeblich immer schon, so Jürgen Banzer:

"Klar war uns das ja allen, aber wir haben jetzt versucht, noch mal alle Mittel zusammenzukratzen, die wir im Kultusetat noch finden, um wenigstens allen Schulen diese Möglichkeit zu geben, nachmittags Unterstützung zu geben."

Die Demoskopen hatten die Bildungspolitik der Vorgängerregierung Koch als eine der Hauptursachen für die CDU-Wahlschlappe herausgearbeitet. Kein Wunder also, dass sich die einstige Mehrheitsfraktion auf diesem Feld sehr dialogbereit gab.

Klare Kante zeigte der Geschäftsführer seinen Konkurrenten dagegen auf anderen Gebieten. Mochte die linke Mehrheit ruhig fordern, Hessen solle wieder in die Tarifgemeinschaft der Länder eintreten, um die Landesbeschäftigten an den dort vereinbarten Gehaltserhöhungen teilhaben zu lassen – "zu teuer", hielt Roland Koch dagegen. Mit einer Haushaltssperre antwortete seine geschäftsführende Landesregierung auf eine linke Politik, die nach CDU-Meinung dem Prinzip "wünsch dir was" folgt:

"Man kann nicht jeden Tag irgendwas beschließen, was Geld kostet, ohne dass man weiß, wie man das im Haushalt bezahlt."

"Rechtswidrig", entgegnete Kochs Innenminister Volker Bouffier der parlamentarischen Aufforderung der Linken, einen kompletten Abschiebestopp für afghanische Flüchtlinge zu verhängen. SPD und Grüne hatten dem Antrag der Linksfraktion zur Mehrheit verholfen – das war Premiere im Wiesbadener Landtag. Doch der Innenminister lässt junge Afghanen auch weiterhin zurückschicken. Für Kabinettsbeschlüsse ist eben das Kabinett zuständig, und da haben noch der Geschäftsführer von der CDU und seine Leute das Sagen.

Genau das aber will sich die linke Mehrheit im Hessischen Landtag nicht mehr bieten lassen. "Koch muss weg" war schließlich gemeinsames Wahlprogramm von SPD, Grünen und Linken. Und nachdem der Schock über das vorzeitige Scheitern des ersten Anlaufs an die Macht verarbeitet ist, avanciert der Koch-muss-weg-Slogan zum Minimalkonsens für einen neuen Anlauf zur Regierungsbildung. Dass seine Gegenspielerin Andrea Ypsilanti erneut versuchen will, ihn aus der Staatskanzlei zu vertreiben, kommt nicht unerwartet für den christdemokratischen Geschäftsführer.

"Allerdings ist eben das gebrochene Wort von Frau Ypsilanti nicht nur, was schlimm genug ist, nicht nur ein gebrochenes Wort gegenüber den Wählerinnen und Wählern in diesem Bundesland mit all den Folgen für die Glaubwürdigkeit der SPD, sondern es ist auch ein gebrochenes Wort gegenüber der Führung der SPD in Deutschland."

Die sich eine Weile lang allerdings auch nicht so recht an ihre eigene Zusage erinnern wollte, dass die SPD-Landesverbände über ihre Bündnispolitik autonom entscheiden können. Doch mit größter Beharrlichkeit frischte die hessische Sozialdemokratin Andrea Ypsilanti die Erinnerung der führenden Genossen in dieser Hinsicht immer wieder auf. Der ehemalige Partvorsitzende Kurt Beck fand sich irgendwann mit der Halsstarrigkeit der hessischen Genossen ab und bekannte sich dazu, der einst hoch gelobten Wahlkämpferin freie Hand zu lassen. Werden seine Nachfolger Frank-Walter Steinmeier und Franz Müntefering ähnlich tolerant agieren? Oder geben sie den Forderungen der Union nach, Andrea Ypsilanti auf ihrem Weg zu bremsen? Die SPD Landeschefin sieht den künftigen Bundesvorsitzenden im Wort:

"Franz Müntefering hat schon sehr früh gesagt, dass es eigentlich Sache der Landesverbände ist über ihre Regierung in den Ländern zu entscheiden. Warum sollte er das zurücknehmen?"

Dennoch neue Unsicherheitsfaktoren auf dem ohnehin schwierigen Weg der Hessen-SPD an die Macht. "Für ein Himmelfahrtskommando stehen wir nicht zur Verfügung" hatte Grünen-Chef al Wazir mit Blick auf seine Zweifel an der politischen Zuverlässigkeit der Linken gesagt. Und auch die hessische SPD-Führung pocht immer wieder auf langfristige Verlässlichkeit der Linken. Rote und Grünen drängen auf Haushaltskonsolidierung. "Armutsbekämpfung geht vor" kontern die Dunkelroten und stellen teure Forderungen auf: ein öffentliches Beschäftigungsprogramm für 25.000 Menschen, kostenlose Krippen und Kita-Plätze. Der SPD die Zustimmung zum geplanten Doppelhaushalt 2009/2010 zu versprechen, lehnt die Linke ab. Schließlich sind ja noch nicht mal dessen Eckpunkte klar. Frustrierte Grüne an der Frankfurter Basis haben das Experiment Minderheitsregierung ohnehin längst abgeschrieben.

Umfrage: "Es wird gar kein Himmelfahrtskommando, weil es auch gar keinen zweiten Anlauf geben wird. Auch ohne Druck aus Berlin - das schaffen die nicht. Nach dem grandiosen Fehlstart wird’s keinen zweiten geben. Ich kann mir nicht vorstellen, wie sie jetzt ihre Leute hinter sich kriegen will auf einmal – das kommt nicht. Es wird noch ne Zeit lang einen geschäftsführenden Ministerpräsidenten geben und dann werden wir mit der Europawahl neu wählen. Und dann ist alles anders."

In der Linksfraktion dagegen kommt Freude auf bei der Aussicht, den Politikwechsel nicht mehr in mühevoller parlamentarischer Kleinarbeit gegen eine geschäftsführende Regierung Koch durchsetzen zu müssen. Die hessische Linke hofft nun, im Westen als Türöffner für indirekte Regierungsbeteiligungen zu wirken. Doch mit der neuen SPD-Spitze wird das vielleicht schwieriger. Fraktionschef Willi van Ooyen sieht allerdings im Führungswechsel der Bundes-SPD kein akutes Hindernis für die Tolerierungspläne.

"Es ist sicher ein Problem der SPD, es ist zunächst mal nicht unser Problem, weil wir davon ausgehen, dass wir tatsächlich eine Minderheitsregierung aus Grünen und Sozialdemokraten unterstützen werden. Da hat sich für uns nichts dran geändert."

Dass sie bei einem rot-grünen Kabinett nicht in Personalfragen hineinreden darf, hat die Linkspartei bereits akzeptiert. Dass sie auf das Abstimmungsverhalten im Bundesrat keinen Einfluss haben soll, findet sie dagegen schlecht verdaulich. Das könnte ein Stolperstein in den Tolerierungsgesprächen werden, genau wie der bereits genehmigte Ausbau des Frankfurter Flughafens, den die SPD befürwortet, Grüne und Linke jedoch ablehnen.

Ganz Hessen wartet nun gespannt, wie die SPD die Weichen stellen wird. Der geschäftsführende Ministerpräsident Roland Koch scheint sich indes gut mit einer Zuschauerrolle abfinden zu können. Jetzt sei Andrea Ypsilanti am Zug, kommentiert der Chef der Hessen-CDU gelassen. "Und wenn sie ihren Zug gemacht hat, bin ich wieder am Zug." FDP Fraktions- und Landeschef Jörg-Uwe Hahn flankiert die Zuversicht seines Freundes Koch, Andrea Ypsilanti steuere auf den politischen Abgrund zu, mit einem prägnanten Wunsch:

"Ich wünsche Andrea Ypsilanti, dass sie ganz schnell scheitert."

Trotz der schlechten Wünsche von Seiten des Gegner, trotz des Umbruchs an der SPD-Bundesspitze - die tendenziell linken hessischen Genossen wollen nicht von ihrem Links-Kurs abweichen, doch vielleicht müssen sie sich jetzt auf einen verstärkten Clinch mit dem Bundesvorstand einstellen. Die Basis gibt sich selbstbewusst, hessische Sozialdemokraten halten sich zugute, schon früh erkannt zu haben, dass der eher wirtschaftsliberale Agenda-Kurs der Schröders und Clements die Sozialdemokratie in die Sackgasse führe.

Umfrage: "In den letzten Jahren hat sich die Hessen-SPD auf eine bestimmte Art und Weise profiliert, zum Teil auch gegen Berlin, und sie hat damit Erfolg gehabt. Und dann sagt man sich da die Meinung, auch die unterschiedliche Einschätzung, aber für den Bundes-Wahlkampf ist dann auch die Berliner oder die Bundes-SPD zuständig."

Und die möge doch bitte erst mal zeigen, ob es ihr so gut gelinge wie der Hessen-SPD, die Linke klein zu halten. Kein Verständnis auf Seiten der hessischen Genossen für die Nöte der Parteiführung im Vorfeld der Bundestagswahlen? Doch, sagt Andrea Ypsilanti.

"Es ist nicht so, dass dem hessischen Landesverband oder mir als Spitzenfrau nicht klar ist, dass der Bund ein Interesse hat an dem, was in Hessen passiert. Aber im Endeffekt gilt, dass die politischen Ebenen für sich entscheiden müssen. Und ich muss eine hessische Entscheidung treffen. Dabei ist mir der Bund nicht egal. Aber ich halte die Stilisierung dessen, was die Hessen machen für das Wohl und Wehe der gesamten Bundespartei oder die Charakterfrage der Vorsitzenden für völlig überdreht."

Doch genau darin besteht die Zermürbungsstrategie des stellvertretenden CDU-Bundesvorsitzenden Roland Koch: Der SPD-Führung in Berlin immer wieder unter die Nase zu reiben, wie sehr die unbotmäßige linke Frankfurter Genossin die Versprechen für die Bundestagswahl unterhöhle. "Nicht mit der Linken" - das glaube einem designierten Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier doch ohnehin keiner mehr, wenn Andrea Ypsilanti sich in Wiesbaden mit den Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin wählen lasse. So ätzt Koch.

"Die Frage, ob es Herrn Steinmeier gelingt, Frau Ypsilanti wieder in eine bundespolitische Gesamtlinie einzubinden oder ob Frau Ypsilanti einer Bundesführung weiter auf der Nase herumtanzen wird, die wird sich in den nächsten Wochen entscheiden, und dann kann der Bürger erst sehen, ob sich wirklich was verändert hat oder ob nur Namen verändert worden sind."

… sagt der Regierungschef, der die hessischen Geschäfte derzeit aus großer Entfernung führt – er weilt in Vietnam. Wenn er zurückkehrt, ist es dann bald so weit. Wie sagte er doch: "Andrea Ypsilanti ist am Zug." Sollte sie sich mit ihrem Zug matt setzt, so ist er, Roland Koch, am Zug – der Geschäftsführer, der immer noch hofft, wieder hessischer Ministerpräsident mit aller Machtfülle werden zu können.