Der Gewerkschafter

    Von Blanka Weber |
    Krankenhäuser, Kitas und Pflegedienste besuchen, viele Hände schütteln - Steffen-Claudio Lemme ist auf Wahlkampftour, er kämpft um den Wiedereinzug in den Bundestag. Denn: In den ersten vier Jahren parlamentarischer Arbeit hat er auch gelernt, dass Strukturreformen im Gesundheitsbereich viel Zeit brauchen.
    "Eine neue Bundesregierung wird sich diese Fragestellung auf alle Fälle wieder vornehmen müssen, müssen, einfach aus dem zwingenden Grund heraus, dass man sonst nicht genügend Pflegefachkräfte auch erhält, um den Marktbedürfnissen entsprechend entgegen zu kommen."

    Es ist Wahlkampf und Steffen-Claudio Lemme, 48 Jahre alt, unterwegs in seinen drei Wahlkreisen in Mittelthüringen. Er debattiert mit dem Betriebsrat eines Klinikums, sitzt im dunklen Anzug leger an der Stirnseite des langen Tisches. Es geht um bessere Bedingungen für Pflegekräfte:

    "Die jetzige Bundesregierung hat es nicht erreicht, dieses neue Berufsbild, das sicherlich auch noch einen neuen Namen noch erfährt, in die Umsetzung zu bringen. Das scheiterte meines Erachtens wohl an folgender Frage: Nämlich der der Finanzen."

    Er sitzt im Ausschuss für Gesundheit und macht sich stark für eine bessere Politik, mehr Ansehen für Pflegekräfte und mehr Lohn:

    "Also ohne einen Träger hier zu nennen. Aber große Wohlfahrtsverbände, die Pflegeeinrichtungen unterhalten, da kriegt man nicht nur graue Haare, da verliert man die Haare, wenn man die Verdienste sieht, sich vor Augen führt und im Grunde auch erkennen muss, wie man in diesem Schichtbetrieb ziemlich intensiv auch genutzt wird und dort zur Verfügung zu stehen hat."

    Steffen-Claudio Lemme ist Gewerkschafter. Schon in der DDR hat er sich für den FDGB – den Gewerkschaftsbund – engagiert. Später hat der gelernte Kfz-Mechaniker als Rettungsschwimmer gearbeitet, als Schlosser und den Abschluss an einer Verwaltungsakademie gemacht. Er weiß aber auch, was es heißt, arbeitslos zu sein. Anfang der 90er-Jahre begann seine Laufbahn im DGB Thüringen – 15 Jahre später war er stellvertretender Bezirksvorsitzender von Hessen-Thüringen.

    Jetzt blickt er auf seine erste Legislatur im Bundestag:

    "Ich bin davon ausgegangen, ich komme nach Berlin. Ich bin sozusagen ein Teil der Gesetzgebung für unser Land und ich brauch` dann nur mich stark einzubringen und sofort wird sich and er Gesetzgebung in meinem Sinne, im Sinne auch der Bürger, die mich beauftragt haben, etwas ändern. Das ist bei weitem nicht so, das ist auch eine Erfahrung."

    Erstens müsse man sich in seiner eigenen Fraktion durchsetzen – bei 146 Mitgliedern, zweitens muss das Problem politische Brisanz bedeuten:

    "Und drittens sind politische Prozesse auf der Ebene des deutschen Bundestages sind Prozesse, die Jahre in Anspruch nehmen."

    Nun also der Anlauf zur zweiten Legislatur für ihn persönlich. Er reist durch die drei Wahlkreise in Thüringen, schüttelt Hände, will da sein, wo die Menschen sind. Zuhören eben, auch wenn Krankenhausmitarbeiter bundesweite Standards für die Pflege fordern.

    Lemme macht Notizen, blickt auf die Uhr. Eigentlich wollte er den Chirurgen eine Etage tiefer noch einen Besuch abstatten, das wird nichts mehr, denn der Kita-Termin in der nächsten Stadt drückt im Zeitplan, und die Pflegekräfte, die er begleiten will, stehen auch noch dicht gedrängt auf der Agenda. Seine Praktikantin fotografiert. Viele Orte und viele Menschen. Und vielleicht auch viele Stimmen.

    Ihn ärgert es, wenn jährlich 184 Milliarden Euro in das Gesundheitssystem fließen und Rendite für Aktionäre der Konzerne immer mehr zum Maßstab für Erfolg wird. Der Osten, er habe aufgeholt, hier sehe manches Krankenhaus wie ein Hotel am Eingang aus, bemerkt er:

    "Das haben viele Häuser, sagt mir zumindest unser Fliegenträger Karl Lauterbach, in NRW nicht, da scheint die Situation in den Krankenhäusern noch viel ausgeprägter zu sein, was diesen Investitionsstau anbelangt, da muss wohl deutlich nachgelegt werden."

    Hoppla! Jetzt bloß kein falscher Zungenschlag. Wir sind in Thüringen:

    "Aber, ich meine, ich bin Abgeordneter hier in Thüringen, und für meinen Wahlkreis unterwegs. Ich werd natürlich dafür sorgen, das wir unsere Häuser hier nicht aus dem Blick nehmen und auch gucken, da, wo die Säge klemmt."

    Zwei Gesundheitsminister hat er bislang im Bundestag erlebt. Mal sehen, was noch kommt, meint er – schüttelt nochmals Hände und verspricht – im Dialog zu bleiben.

    Links:
    SPD-Frakion: Steffen-Claudio Lemme

    Facebook-Seite von Steffen-Claudio Lemme

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