Der Grafikdesigner Herb Lubalin

Er machte aus Wörtern Bilder

Ein Web-Projekt erinnert an den Grafikdesigner Herb Lubalin (1918 bis 1981).
Ein Web-Projekt erinnert an den Grafikdesigner Herb Lubalin (1918 bis 1981). © www.lubalin100.com/
Erik Spiekermann im Gespräch mit Shanli Anwar |
Herb Lubalin gestaltete die legendäre Schrift Avant Garde - benannt nach dem gleichnamigen Magazin. Der Grafiker, vor 100 Jahren geboren, gilt als Vater moderner, prägnanter Schriftarten. Der Typograf Erich Spiekermann sagt, warum Lubalins kreative Ideen heute noch ein Vorbild sind.
Avant Garde, Busorama, Lubalin Graph, Ronda und Serif Gothic – das sind bekannte Schriftarten, die heute in zahlreichen Texten, Logos und Werbeanzeigen verwendet werden. Gestaltet hat sie der US-Grafikdesigner Herb Lubalin (1918 – 1981), der vor kurzem seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte. Lubalin galt in den 60er- und 70er-Jahren als stylish, seine Avant Garde-Schrift prägte ab 1968 das Schriftbild der gleichnamigen Fachzeitschrift, die bis 1971 erschien. Gemeinsam mit Partnern gründete Lubalin die International Typeface Corporation (ITC) und brachte das Magazin "U&lc" heraus.

Der Fotosatz eröffnete ungeahnte Möglichkeiten

Lubalin Kunst bestand darin, aus Wörtern Bilder zu machen, die man lesen kann. Dazu verbog er Buchstabenformen, machte seine eigenen Zeichen und nutzte die neue Technik des Fotosatzes aus, bei dem man mit Papier- oder Filmschnipseln jeden einzelnen Buchstaben in die Hand nehmen und über-, neben- und untereinander anordnen konnte. Der Gedanke dahinter: Eine Headline, deren Bedeutung sich nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch aus der Form ergibt, bleibt im Hirn und im Bauch hängen. Mit dem alten Bleisatz wäre das so nicht möglich gewesen.
Für Erik Spiekermann, Typograf und Honorarprofessor an der Hochschule für Künste in Bremen, ist Lubalin bis heute wegweisend. Als junger Grafikdesigner sei es für ihn eine Offenbarung gewesen zu sehen, was mit kreativ gestalteten Schriftzügen transportiert werden könne:
"Ich habe ihn 1976 kennen gelernt. Da war ich 30, und das war ein einschneidendes Erlebnis, dass man sowas machen kann. Mein Lehrer hatte es mir nicht verboten, aber wir sind nicht darauf gekommen, sowas zu machen. Und es hat die Türen geöffnet. Wir haben plötzlich gemerkt: Man darf auch spielen. Humor ist nicht verboten. Die Sachen sind ja alle so humorvoll."
Spiekermann sagte weiter: An das von Lubalin herausgegeben Branchen-Magazin "U&lc" sei in Europa kaum heranzukommen gewesen. Bis heute er hüte alle Ausgaben, die er habe bekommen können. "Das war so eine Art 'Bravo' für die Grafikdesigner: Das musste man ausschneiden und zu Hause hinhängen. Das hat uns alle unglaublich beeinflusst."
Das Web-Projekt www.lubalin100.com feiert den legendären Typografen und öffnet sozusagen 100 Tage lang jeden Tag ein Türchen, hinter dem sich Infos zur Person oder Beispiele für seine Arbeit finden.
Der Schriftgestalter und Designer Erik Spiekermann im Funkhaus von Deutschlandradio Kultur
Der Schriftgestalter und Designer Erik Spiekermann im Funkhaus von Deutschlandradio Kultur© Deutschlandradio / Matthias Horn
(mkn)
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