Der größte Reiseführer der Welt
Zum zwölften Geburtstag der englischsprachigen Wikipedia hat sich die Wikimedia Foundation eine neue Tochter geschenkt: Wikivoyage heißt der kostenlose, weltweite und freie Reiseführer im Stil der Wikipedia.
Wenn in der großen Zeit der autonomen jugendlichen Reisen ein Tramper nach Istanbul kam, ging er in den Pudding Shop, denn dort kriegte er die besten aktuellen Reiseinformationen: den Straßenzustandbericht Richtung Kabul - auf dem Weg nach Kathmandu - von einem, der gerade von dort gekommen war. Oder auch schlicht den Fahrplan des interkontinentalen Magic Bus.
Dann wurde das Abenteuer Trampen domestiziert, und Quellen wie der Verlag Lonely Planet versammelten Tipps für Rucksackreisende in alle Welt. Bald folgten Regale voller Rucksackreiseführer. Und dann mutierte das Backpacker-Reisen zu einer richtigen Industrie, Big Money!
Aber in Zeiten von Suchmaschinen kann jeder, der ernsthaft reisen will, sich die Infos selbst zusammenstellen, die er für ziemlich jeden beliebigen Punkt der Erde braucht. Im neuen Spross der Wikimedia-Familie schnurrt die ganze Welt jetzt auf einem handlichen Portal zusammen. Wikivoyage funktioniert wie auch das Flagg-schiff der Organisation, die Wikipedia, nach dem Wiki-Prinzip: Jeder kann ehren-amtlich mitschreiben, alle Beiträge sind werbefrei, das Portal finanziert sich über Spenden. Die Inhalte des Reiseführers stehen unter einer offenen Lizenz und dürfen somit kostenlos genutzt kopiert und verändert werden.
Hildesheim oder Denver, Spiekeroog, Tansania oder der Hessische Radfernweg R5: Da wächst die ganze Welt erstaunlich detailliert zusammen! Auf Madeira gibt es zwar noch viele schwarze Löcher beziehungsweise rote Links, was wie bei der Wikipedia auch bedeutet: Hier fehlt noch ein Artikel. Schreib ihn!
Aber aus Ägypten zum Beispiel werden, neben den allgemeinen Angaben, über 500 Reiseziele vorgestellt. Allein die etwa 170 Orte in der Westlichen Wüste würden et-wa 800 Reiseführerseiten füllen, versichert der deutsche Wikivoyage-Sprecher Ste-fan Fussan: So, sagt der Mann, sollen demnächst alle Wikivoyageseiten aussehen.
Naja, ersetzen wir "demnächst" durch "irgendwann", denn gut Ding will ja Weile haben. Und auch Wikivoyage ist ja nicht gerade erst an den Start gegangen. Bereits 2003 hatten zwei amerikanische Reisefreaks den Vorgänger, das unabhängige Portal Wikitravel gegründet. Als Wikitravel dann von einer amerikanischen Werbefirma übernommen wurde, packten die meisten deutschen und italienischen Teilnehmer ih-re Artikel und gründeten einen gemeinnützigen Verein: eben Wikivoyage. Der hat inzwischen rund 50.000 Beiträge in neun Sprachen eingesammelt – davon 12.000 auf Deutsch und 27.000 auf Englisch: Und passend zum zwölften Geburtstag hat sich die große Mama Wikipedia also ein Geschenk gemacht und das Reiseportal adop-tiert.
Deutschland per Rad oder der Jacobsweg per Esel ... Apropos Esel: Auch die Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten ist eine thematische Reiseroute bei Wikivoyage – samt den unterschiedlichen Deutungen in den verschiedenen Evangelien, historischen Anmerkungen und den Verweisen darauf, was an jeweiligen Orten heute zu finden ist - vergeichsweise nüchtern und sachlich geschrieben und frei von hippen Schwärmereien!
Alles, was es an "praktisch anwendbaren" Reise-Tipps gibt, soll irgendwann bei Wi-kivoyage stehen - bis hin zu Koffer-Checklisten oder zum Sprachführer für Japanisch und Malaiisch mit vielen alltagstauglichen Redewendungen: Saya ingin bercakap dengan peguambela - Ich möchte mit einem Anwalt sprechen.
Das Reiseziel des Monats in der deutschsprachigen Wikivoyage sind im Januar die Ötztaler Alpen, Reise-Thema des Monats ist Ludwig der II. von Bayern. Es gibt Reisenachrichten (Ganzkörperscanner an US-Flughäfen werden abgebaut - Hadriansvilla in Tivoli soll restauriert werden), das Forum heißt beim Reisewiki sinnigerweise Lounge, angebunden an Facebook, Twitter und Konsorten wird natürlich auch, und - ganz klasse: Es gibt Kontaktlinks zu Leuten, die sich ganz besonders gut mit einer bestimmten Gegend auskennen.
Und all dies soll natürlich auch auf Reisen einfach zugänglich sein: Deshalb sind die Seiten für das Smartphone optimiert, man kann sie sich aber auch ausdrucken und sogar auf der Homepage zu einem Buch zusammenstellen – einem selbstgebastelten, physischen Reiseführer für den Koffer.
Keine Reklame, keine Reiseessays, kein Chat über das versalzene Hühnchen in Seoul: Zwar prüft kein Experte die Artikel auf ihre Richtigkeit, aber die Community verbessert ständig, und so bleibt die Seite - im Idealfall - auch ziemlich aktuell: wenn die politische Lage in einem Land sich in der Zwischenzeit geändert hat. oder diese tolle, fabelhafte Trattoria mittlerweilse geschlossen hat. Und wenn man Wikivoyage jetzt noch ein bisschen Zeit gibt, dürfte es eine gigantische sinnvolle Ressource für Reisepläne werden – ob in der Realität oder, wie früher, beim Schmökern als Couch-Reisender.
Denn das Fernweh ist ja auch im Internet-Zeitalter dasselbe, das es immer schon war.
Dann wurde das Abenteuer Trampen domestiziert, und Quellen wie der Verlag Lonely Planet versammelten Tipps für Rucksackreisende in alle Welt. Bald folgten Regale voller Rucksackreiseführer. Und dann mutierte das Backpacker-Reisen zu einer richtigen Industrie, Big Money!
Aber in Zeiten von Suchmaschinen kann jeder, der ernsthaft reisen will, sich die Infos selbst zusammenstellen, die er für ziemlich jeden beliebigen Punkt der Erde braucht. Im neuen Spross der Wikimedia-Familie schnurrt die ganze Welt jetzt auf einem handlichen Portal zusammen. Wikivoyage funktioniert wie auch das Flagg-schiff der Organisation, die Wikipedia, nach dem Wiki-Prinzip: Jeder kann ehren-amtlich mitschreiben, alle Beiträge sind werbefrei, das Portal finanziert sich über Spenden. Die Inhalte des Reiseführers stehen unter einer offenen Lizenz und dürfen somit kostenlos genutzt kopiert und verändert werden.
Hildesheim oder Denver, Spiekeroog, Tansania oder der Hessische Radfernweg R5: Da wächst die ganze Welt erstaunlich detailliert zusammen! Auf Madeira gibt es zwar noch viele schwarze Löcher beziehungsweise rote Links, was wie bei der Wikipedia auch bedeutet: Hier fehlt noch ein Artikel. Schreib ihn!
Aber aus Ägypten zum Beispiel werden, neben den allgemeinen Angaben, über 500 Reiseziele vorgestellt. Allein die etwa 170 Orte in der Westlichen Wüste würden et-wa 800 Reiseführerseiten füllen, versichert der deutsche Wikivoyage-Sprecher Ste-fan Fussan: So, sagt der Mann, sollen demnächst alle Wikivoyageseiten aussehen.
Naja, ersetzen wir "demnächst" durch "irgendwann", denn gut Ding will ja Weile haben. Und auch Wikivoyage ist ja nicht gerade erst an den Start gegangen. Bereits 2003 hatten zwei amerikanische Reisefreaks den Vorgänger, das unabhängige Portal Wikitravel gegründet. Als Wikitravel dann von einer amerikanischen Werbefirma übernommen wurde, packten die meisten deutschen und italienischen Teilnehmer ih-re Artikel und gründeten einen gemeinnützigen Verein: eben Wikivoyage. Der hat inzwischen rund 50.000 Beiträge in neun Sprachen eingesammelt – davon 12.000 auf Deutsch und 27.000 auf Englisch: Und passend zum zwölften Geburtstag hat sich die große Mama Wikipedia also ein Geschenk gemacht und das Reiseportal adop-tiert.
Deutschland per Rad oder der Jacobsweg per Esel ... Apropos Esel: Auch die Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten ist eine thematische Reiseroute bei Wikivoyage – samt den unterschiedlichen Deutungen in den verschiedenen Evangelien, historischen Anmerkungen und den Verweisen darauf, was an jeweiligen Orten heute zu finden ist - vergeichsweise nüchtern und sachlich geschrieben und frei von hippen Schwärmereien!
Alles, was es an "praktisch anwendbaren" Reise-Tipps gibt, soll irgendwann bei Wi-kivoyage stehen - bis hin zu Koffer-Checklisten oder zum Sprachführer für Japanisch und Malaiisch mit vielen alltagstauglichen Redewendungen: Saya ingin bercakap dengan peguambela - Ich möchte mit einem Anwalt sprechen.
Das Reiseziel des Monats in der deutschsprachigen Wikivoyage sind im Januar die Ötztaler Alpen, Reise-Thema des Monats ist Ludwig der II. von Bayern. Es gibt Reisenachrichten (Ganzkörperscanner an US-Flughäfen werden abgebaut - Hadriansvilla in Tivoli soll restauriert werden), das Forum heißt beim Reisewiki sinnigerweise Lounge, angebunden an Facebook, Twitter und Konsorten wird natürlich auch, und - ganz klasse: Es gibt Kontaktlinks zu Leuten, die sich ganz besonders gut mit einer bestimmten Gegend auskennen.
Und all dies soll natürlich auch auf Reisen einfach zugänglich sein: Deshalb sind die Seiten für das Smartphone optimiert, man kann sie sich aber auch ausdrucken und sogar auf der Homepage zu einem Buch zusammenstellen – einem selbstgebastelten, physischen Reiseführer für den Koffer.
Keine Reklame, keine Reiseessays, kein Chat über das versalzene Hühnchen in Seoul: Zwar prüft kein Experte die Artikel auf ihre Richtigkeit, aber die Community verbessert ständig, und so bleibt die Seite - im Idealfall - auch ziemlich aktuell: wenn die politische Lage in einem Land sich in der Zwischenzeit geändert hat. oder diese tolle, fabelhafte Trattoria mittlerweilse geschlossen hat. Und wenn man Wikivoyage jetzt noch ein bisschen Zeit gibt, dürfte es eine gigantische sinnvolle Ressource für Reisepläne werden – ob in der Realität oder, wie früher, beim Schmökern als Couch-Reisender.
Denn das Fernweh ist ja auch im Internet-Zeitalter dasselbe, das es immer schon war.