Der Hauptstadtstrip

Am Wochenende wird es stressig für Antonio. Dann arbeitet der Berliner mit dem Waschbrettbauch und dem sonnengebräunten Teint als Stripper. Verkleidet als Marine-Offizier, Polizist oder Pizzalieferant ist er Partygag oder Überraschungsgast bei Junggesellinnen-Abschieden oder Betriebs-Weihnachtsfeiern.
"Das gehört einfach dazu. Das muss einfach sein beim Junggesellinnen-Abschied. Das ist halt noch mal Stimmung auftreibend, und so als krönenden Abschluss des Abends."

"Super sexy. Super toller Körper. Holla die Waldfee! Sehr schön, wirklich. Lecker!"

"Die Mädels sind gut drauf, wie man hört. Denen heizen wir gleich ordentlich ein. Ich öle mich etwas ein, damit ich leicht glänze. Das gibt nen besseren Effekt so, im Licht und zum Anfassen. Anfassen müssen sie ja auch. Gehört dazu. Musse sogar! Anfassen soll se mich schon, ja!"

"Die Arbeitskleidung heute ist der Marineoffizier von der US-Navy. Hier ist das gute Stück. Ich würde sagen, ein Traum in Weiß. Optimal für diesen Anlass hier."

Antonio: 29, dunkle, kurze Haare, charmantes Lächeln, Typ Latin Lover. Beruf: Stripper.

Antonio steht im Schlafzimmer einer Kundin. Dunkelrote Wände, über dem Bett: ein weißer Frauentorso als Lampenschirm. Er zieht sein Kostüm an: weiße Hose, weißes Jacket mit bunten Abzeichen. Der erste Auftritt an diesem Abend. Ein Junggesellinnen-Abschied. Antonio ist die Party-Überraschung. Eine Frau Anfang 30 öffnet die Tür. Ariane, eine Freundin der Junggesellin.

Antonio: "Eine Minute! Dann bin ich fertig. Ja, die sind meistens aufgeregter als ich, auf jeden Fall."
Frau: "Ich muss nur mal kurz rein, um meinen Fotoapparat zu holen."
Antonio: "Ich wäre dann auch startklar. Wo sitzt die Junggesellin?"
Frau: "Die sitzt in der Mitte des Raumes mit verbundenen Augen."
Antonio: "Ach, die ist schon startklar?"

Antonio gibt Ariane eine CD. In einer Minute soll sie die Musik anmachen. Sie verschwindet ins Wohnzimmer. Der Stripper setzt sich die weiße Offiziersmütze und eine Sonnenbrille auf. Die Musik ertönt. Antonio geht mit zackigem Schritt ins Wohnzimmer.

13 Frauen sitzen oder stehen im Kreis, klatschen, filmen mit ihren Handys. In ihrer Mitte sitzt Anne-Kathrin Teske. 32, schlank, kurze blonde Haare, Brille. Der Stripper ist der Höhepunkt ihrer Jungesellinnen-Party. Heute darf sie noch mal einen fremden Mann anschauen und anfassen - nächste Woche heiratet sie. Sie guckt erwartungsvoll, lacht fröhlich. Antonio bleibt direkt vor ihr stehen, salutiert, knallt die Hacken zusammen.
Der Stripper schaut der Junggesellin tief in die Augen, lässt die Hüften kreisen. Zieht schwungvoll sein Jackett aus, legt es auf einen Stuhl, dreht sich um die eigene Achse.

Antonio nimmt ihre Hände und führt sie an sein Oberteil, fordert sie auf, ihm beim Ausziehen zu helfen. Anne-Kathrin Teske lacht laut, schaut mit weit aufgerissenen Augen zu ihren Freundinnen. Dann öffnet sie Antonios Hemd.

Als sie seinen muskulösen, nackten Oberkörper sieht, macht sie ein übertrieben bewunderndes Gesicht. Antonio lächelt, legt die Hände der jungen Frau auf seinen eingeölten, glänzenden Oberkörper. Die Junggesellin macht laut lachend mit.

Der Stripper nimmt die Hand der jungen Frau und führt sie langsam zu seiner Hose. Auf einmal verkrampft er sich, tut so, als ob ihm die Junggesellin in den Schritt greift und nicht mehr loslassen will. Er reißt verängstigt die Augen auf. Die Frauen lachen.

Die Show ist witzig, der Stripper schneidet Grimassen, der Auftritt wirkt spielerisch. Es scheint, als wolle er auf diese Weise unangenehme Situationen vermeiden, falls einer Dame die Erotik-Show peinlich ist. Anne-Katrin Teske ist weit davon entfernt. Lachend hilft sie Antonio, seine Boxershorts auszuziehen. Darunter trägt er einen schwarzen Tanga. Er stellt sich frontal vor die Junggesellin, breitet vor seinem Hinterteil eine US-Flagge aus. Anne-Kathrin Teske soll ihm den Tanga ausziehen. Die Frauen halten den Atmen an. Antonio lässt die Flagge fallen, gibt den Blick frei auf seinen nackten Po. Dann dreht er sich um. Vor seiner Körpermitte baumelt ein grünes Plüsch-Krokodil, eine Scherz-Unterhose.

Antonio geht von Frau zu Frau, lässt das Krokodil wippen. Die Freundinnen lachen gröhlend, filmen mit ihren Kameras. Dann hält er sich wieder die Flagge vor den Unterleib, zieht den Scherz-Artikel aus. Dreht sich um, streckt eine Hand in die Luft, die andere bleibt auf seiner Körpermitte. Den Blick auf sein bestes Stück gibt er nicht frei.

Der Stripper verbeugt sich, küsst Anne-Kathrin Teske auf die Wange, verschwindet im Schlafzimmer, zieht sich um. Die Junggesellin folgt ihm mit ihren Freundinnen, macht Komplimente.

Teske: "War sehr lecker. Und auch sehr gutes Gesicht, schöner Körper. Sehr lecker."
Antonio: "Danke schön. Und du wirst heiraten?"
Teske: "Ja. Auf Mauritius am Strand."
Antonio: "Und hast du dir‘s gut überlegt?"
Teske: "Ja, hab ich mir überlegt. Aber so’n Körper. Ich meine, er hat nen guten Körper, aber nicht diese Bauchmuskeln. Darf ick nomma kurz anfassen? Is dit noch im Preis drin? Geht gar nicht, oder?"
Antonio: "Genieß es noch mal."
Teske: "Ej Birgit, hast du das schon mal angefasst? Das ist hart! Richtig hart!"

Antonio lächelt professionell-charmant. Die Annäherungsversuche nach seinen Auftritten ist er gewöhnt. Als Stripper ist er für einen Abend Sehnsuchtsobjekt der Frauen. Aber nicht für umsonst. Ariane kommt zur Tür herein, scheucht die Junggesellin zurück ins Wohnzimmer, gibt Antonio 120 Euro plus Trinkgeld.

"Ich düs dann mal wieder los. Und gerne bis zum nächsten Mal. Kontakt habt ihr ja. Tschüssi, tschüss."
"Schönen Abend noch!"
"Ein voller Erfolg."

"Vom Anfang bis zum Ende war’s perfekt. Überhaupt können Frauen, wenn sie unter sich sind, besser feiern. Die sind dann lockerer und strahlen ne bessere Stimmung aus. Ist ganz eigenartig. Wenn ihre Männer dabei sind, sind sie etwas reservierter und zurückhaltender."

Junggesellinnen-Abschiede sind seine liebsten Termine. Hier wird er freudig erwartet, die Kundinnen sind meist aufgeregter als er selbst. Selten werden die Frauen zudringlich, fassen ihn ohne Aufforderung an oder wollen mehr, beteuert er.

"Um die Uhrzeit geht’s immer noch. Je später der Abend wird und die Auftritte, desto mehr sind sie durch den Wind, die Leute. Feiern, trinken Alkohol, machen sonstwas. Man selbst ist nüchtern, muss Auto fahren, und man kommt dann dahin, und dann wird’s manchmal auch ein bisschen anstrengend. Natürlich musst du höflich bleiben und die Form wahren. Da musst du schon ein dickes Fell haben. Erklärst Sachen dreimal, viermal, und im Extremfall haut‘s auch mal nicht hin."

Seit sieben Jahren zieht er sich für andere aus. Bis zu zehn Auftritte hat er an einem Wochenende. Das sind 1200 Euro bar auf die Hand. Eigentlich könnte er davon leben. Trotzdem arbeitet er während der Woche als persönlicher Fitnesstrainer. Zum Strippen kommt er über einen Sport-Kollegen.

"Der sagte, guck dich doch mal an, da kannst du was draus machen. Dann dachte ich, was, wie, ich? Seh ich wirklich so aus? Naja, gut, ein paar Muskeln hast du, das Gesicht nicht hässlich, aber kannst du strippen? Na ja, und irgendwann haben wir Nägel mit Köpfen gemacht, dann hab ich mich drauf vorbereitet Und dann dachte ich, okay, dann arbeitest du in diese Richtung weiter."

Dass er sich vor fremden Frauen und Männern auszieht, ist kein Problem für ihn. Ein bisschen Exhibitionismus gehört dazu. Seine Auftritte nennt er "Shows", das Strippen "Tanzen". Choreographie, Kostüm- und Musikauswahl macht er selbst. Er genießt die bewundernden Blicke. Für seinen muskulösen Körper geht er jeden Tag ins Fitnessstudio, stemmt Gewichte, isst viel Obst und Gemüse.

"An sich hart zu arbeiten, ist ganz wichtig. Sich zu pflegen, sich treu zu bleiben. Und am Wochenende geht man halt nicht saufen, da muss man halt arbeiten. Wo andere feiern, muss man arbeiten. Das ist der Deal. Da verdient man halt sein Geld. Das ist eben der Preis, den man zahlt."

Antonio setzt sich in seinen Wagen, nimmt einen Stapel Zettel in die Hand.

"Das sind die Auftragszettel. Ich habe für jeden Auftritt einen Zettel. Name, Auftraggeber, Telefonnummer, Adresse, Auftrittszeit, Kostümwunsch, so die Eckdaten. Muss man koordinieren, ne."

"So, jetzt fahren wir nach Neukölln zur Polizeishow mit ner Tänzerin, Anni, Duostrip. Und danach geht’s nach Prenzlberg, Junggesellinnen-Abschied in nem Café. Das ist die Route."

Eine Siedlung mit bis zu 14-stöckigen, gleichförmigen Häusern – ein Wohnghetto. Es ist bereits dunkel. Er parkt. Eine junge, blonde Frau kommt auf ihn zu. Anja, 32, seine Strip-Partnerin.

"Hej Anni. Mann, lang ist's her, muss erst mal meine Musik suchen, wartet die Kundin schon?"

Antonio macht den Kofferraum zu, geht mit seiner Kollegin zu einer Dame, die auf dem Bürgersteig wartet. Jana Dannheiser hat die Stripper bestellt. Die 29-Jährige streichelt ihren Hund.

Kundin: "Hallo, ich musste mir nen Vorwand suchen, musste ich den Hund mitnehmen."
Antonio: "Gute Ausrede, der Hund muss raus ..."

Die Auftraggeberin feiert in ihren Geburtstag hinein. Die Stripper hat sie selbst als Überraschung für ihre Gäste gebucht. Es ist kurz vor zehn Uhr abends, die beiden sollen als Polizisten verkleidet Stimmung machen.

Die Kundin führt die Stripper in einen Raum. Er ist leer, normalerweise stehen hier Mülltonnen. Hier sollen sie sich umziehen. Es riecht muffig. Antonio und Anja verziehen keine Miene. Die Zeit drängt. Die beiden geben dem Geburtstagskind zwei CDs, schicken es zurück in die Wohnung. Dann verkleiden sie sich als Polizisten: senfgelbe Hemden, olivgrüne Hosen, Mützen, Lederjacken.

Antoino: "Schönen guten Abend, Dreier mein Name, das ist meine Kollegin Benthin."
Jana: "Ja?"
Antonio: "Direktion 6. Es kamen Beschwerden aus dem Haus aufgrund unzulässigen Lärms. Sind Sie die Frau Dannheiser? Können wir kurz mal reinkommen? Ist denn laut hier bei Ihnen?"
Jana: "Ja, ne, wir haben mal kurz die Musik ausgedreht."

Jana Dannheiser spielt mit, bittet die Stripper herein. Sie schaut überrumpelt, lässt die vermeintlichen Polizisten ins Wohnzimmer. An den Fenstern: Häkelgardinen, an den Wänden: gerahmte Kinderfotos. Die Gäste - fünf Männer und vier Frauen - sind überrascht - und verärgert.

Dannheiser: "Kinders, ick gloob wir kriegen Ärger."
Antonio: "Die Dame, können Sie sich kurz mal ausweisen?"
Dannheiser: "Wir kriegen Ärger. Ganz dolle."
Antonio: "Den Hund bitte mal zurück halten, ja."
Dannheiser: "Nimm mal den Hund weg."
Antonio: "Es kamen Beschwerden aus dem Haus wegen Geschrei, Lärm, was weiß ich."
Gast 2: "Aber es ist gerade mal 22 Uhr!"
Gast 3: "Kann doch nicht sein! Man darf doch wohl feiern!"

Die Gäste stehen vom Sofa auf, reden laut, heben verärgert die Hände. Höchste Zeit für Antonio, seine Hand an die Polizei-Mütze zu führen. Das Zeichen für die Auftraggeberin, die Musik zu starten.

Die Gäste schauen erst überrascht, dann erleichtert. Lachen, halten ihre Handys in die Höhe, filmen. Die Überraschung ist gelungen. Antonio streift seine Polizei-Lederjacke ab, setzt das Geburtstagskind auf einen Stuhl, beginnt seine Show.

Während sich Antonio langsam auszieht, verschwindet Anja schnell ins Schlafzimmer, zieht ihr neues Kostüm an.

"Das zweite Kostüm wird sein: Frack und Zylinder. Klassisch."

Anja zieht die Polizei-Uniform aus. Darunter trägt sie einen schwarzen Bikini. Die beiden Teile sind mit schwarzen Schnüren verbunden, die sich wie ein Fächer über Anjas braun gebrannten, flachen Bauch ziehen. Aus dem Bauchnabel hängt ein glitzerndes Piercing. Auch der Bikini glänzt: Straßsteine schmücken ihn auf Ober- und Unterteil.

Jetzt ist Anja an der Reihe. Wie ein Model hebt sie die Knie beim Gehen, schreitet auf ihren hohen Absätzen elegant ins Wohnzimmer.

Auf der Couch sitzen zwei Frauen und zwei Männer, die anderen Gäste stehen an der offenen Balkontür oder sitzen auf Stühlen, rauchen. Anja geht zielstrebig auf Jörg zu, den Verlobten von Jana Dannheiser – 30 Jahre, das graue Sweatshirt steckt im Hosenbund der ausgebleichten Jeans. Sie schaut ihm ernst in die Augen, nimmt seine Hand, zieht ihn hinter sich her, drückt ihn auf einen Stuhl in der Mitte des Raumes.

Die Stripperin dreht dem Mann den Rücken zu, reißt ihr Jackett auf, wirft es ins Publikum. Mit einem Griff ist auch die schwarze Hose vom Körper. Nur noch im Bikini und den hochhackigen Schuhen, stellt sie sich dicht vor den Mann, lässt vor seinem Gesicht ihre Hüften kreisen. Sie weist ihn an, ihr Oberteil zu öffnen. Er drückt seine verschränkten Hände fest in den Schoß, lächelt unsicher.

"Jörg, sonst stellst du dich nicht so an, beim Ausziehen bist du sonst doch normalerweise der Erste, mein Lieber! Und jetzt trauste dir wieder nich."

Jörg löst die Bikini-Schleife. Anja hält die Hände vor ihre Brust, verhindert, dass das Oberteil wegrutscht. Sie dreht sich um, tänzelt auf einen älteren Mann zu, der hinter ihr auf einem Stuhl sitzt. Sie schiebt ihren trainierten Bauch nah an sein Gesicht. Es ist Jörgs Vater, Erwin, 83 Jahre alt. Er reißt lachend den fast zahnlosen Mund auf, lässt ohne Zögern klatschend beide Hände auf ihre Pobacken fallen, greift herzhaft hinein.

Dann nimmt Anja das Oberteil weg, gibt den Blick frei auf ihre nackten Brüste.

Anja richtet sich auf, lässt wieder lasziv die Hüften kreisen, dreht sich zum Publikum, beugt ihren Oberkörper weit nach hinten. Dann streckt sie den Gästen den Hintern und streift langsam ihre Bikini-Hose herunter. Die vier Frauen und fünf Männer schauen neugierig auf Anjas Schambereich. Sie lächelt schüchtern, überkreuzt im Stehen die Beine, verbeugt sich tief, hält ihre Hand mit der zusammengeknüllten Bikini-Hose vor ihre Körpermitte.

Anja verschwindet ins Schlafzimmer, zieht sich um. Jana Dannheiser wartet vor der Tür.

"Super. Also, ganz toll. Haben se beide super, super, super gemacht. Wir haben im Internet einfach mal gestöbert. Und eigentlich wollte mein Freund mir ne Überraschung machen. Und da hab ich gesagt, ne, um Gottes Willen. Und dann hab ick gesagt, warum eigentlich nich, dann machen wir das für die Gäste!"

Jana Dannheiser öffnet die Tür zum Schlafzimmer. Anja sitzt auf dem Bett, schnürt ihre Schuhe zu. Antonio packt sein Kostüm in eine große Sporttasche. Die Auftraggeberin bedankt sich bei beiden.

Jana: "Super-Show."
Antonio: "Danke. War ja auch ne Riesen-Überraschung."
Jana: "Mit sowat hat keiner gerechnet. Weil se mich auch eigentlich nicht so kennen. Und ick habs auch das erste mal gemacht. Dass ick sowat bestellt hab und überhaupt. Ich bin ja nur froh, dass mein Kind nicht raus gekommen ist. Der ist nämlich knapp drei Jahre alt und schläft jetzt da."

Ein paar Minuten Smalltalk, dann gibt die Auftraggeberin Antonio einen Briefumschlag. Antonio öffnet ihn, zählt nach, bedankt sich. 250 Euro plus 10 Euro Trinkgeld.

Mit schnellen Schritten geht es die Treppe runter zu den Autos. Anja trägt drei prall gefüllte Plastiktüten mit ihren Kostümen, Antonio seine große Sporttasche.

Ausrutscher gibt es so gut wie nie, die Männer werden selten zudringlich, beteuert die Stripperin.

"In den neun Jahren, wo ich das mache, ist das erst einmal passiert, und da wird dann auch rigoros die Show abgebrochen. Also, wenn man den Leuten das wirklich dreimal sagt, und er reagiert nicht darauf, er ist immer noch sehr anhänglich, dann wird die Show abgebrochen und dann ... tja."

Weiter geht’s in den Norden, ins studentisch-künstlerische Prenzlauer Berg. Die zweite Junggesellinnen-Abschiedsfeier an diesem Abend. Antonio gibt Gas. Der Stripper-Job führt ihn zu allen Schichten Berlins. Von der feinen Gartenparty im reichen Zehlendorf bis zur Ein-Raum-Wohnung im sozial schwachen Marzahn. Die Lust am schönen, nackten Körper kennt keine sozialen Grenzen. Immer wieder gibt es auch schräge Erlebnisse, sagt der 29-Jährige.

"Da wurde ich gebucht für nen Party-Strip in einer Wohnung, und da waren Russen am Feiern, die können sehr gut feiern ich hab dann losgetanzt, und um mich rum haben sie auch alle getanzt und haben geklatscht und waren super drauf. Und auf einmal fiel dem einen ne Knarre raus, landete nun genau vor meinen Füßen. Und da war so kurz ne Sekunde Stille im Raum, und dann hat er die Knarre wieder aufgehoben, und sie wieder eingesteckt und weiter getanzt. Ich wollt auch gar nicht mehr wissen, hab meinen Auftritt weiter gemacht. Letztlich war’s lustig. Weil‘s ja nicht geknallt hat."

Eine viertel Stunde Fahrt – Antonio ist am Ziel. Er ist zu spät, die 16 Frauen der Junggesellinnen-Party warten bereits vor dem Café. Sie tragen blauen T-Shirts mit Namens-Aufdrucken. Die Junggesellin, laut Namenszug "Juliane", trägt grell Pink. Ihre Augen sind verbunden. Eines der blauen T-Shirts mit dem Namen "Annika" kommt auf Antonio zu.

Annika: "Wir sind auch alle gut drauf, aber es wäre jetzt dann auch bald schön."
Antonio: "Ja, du musst mich ja reinschmuggeln, jetzt sieht die mich ja da vorne."
Annika: "Ne, die ist verbunden, das ist die in dem pinkfarbenen T-Shirt."
Antonio: "Ah, okay. Gut. Hältst du mal?"

Annika führt Antonio an den Frauen vorbei durch das Café in eine kleine Küche. Zwischen Kühlschrank und Herd zieht Antonio seine Hose aus, dann das T-Shirt.

Die junge Frau mit den hellblonden, halblangen Haaren kennt den Stripper von ihrer eigenen Junggesellinnen-Feier.

"Das gehört einfach dazu. Das muss einfach sein beim Junggesellinnen-Abschied. Und da hat man wahrscheinlich nicht mehr so viel mit Männern Körperkontakt, geschweige denn irgendwie Sichtkontakt. Ja, das ist es eigentlich so. Noch mal so als I-Tüpfelchen."

Antonio: "Wenn ich die Musik höre, ist mein Zeichen reinzukommen, okay?"
Annika: "Okay!"
Antonio: "Na dann, auf geht’s!"

Antonios hat inzwischen sein Kostüm angezogen. Weiße Hose und Jackett, Mütze und schwarze Sonnenbrille – der Navy-Offizier.

Antonio tritt mit zackigem Schritt aus der Küche, geht an den 16 Frauen in blauen T-Shirts vorbei auf die pinkfarbene Junggesellin zu, schaut ihr tief in die Augen, lächelt charmant.

Er beginnt seine Show. Zum dritten Mal an diesem Abend spürt er die bewundernden Blicke auf seinem Körper, genießt die Aufmerksamkeit. 15 Minuten lang ist er Partygag, erotische Fantasie, Stimmungsmacher. Dann geht es weiter in die Berliner Nacht.