Der Herr der Hüte
Nur noch drei Hutfabriken weltweit stellen Chapeau Claques her, also Klappzylinder aus in Schellack getränktem Stoff. Eine davon ist im badischen Achern, auf halben Weg zwischen Baden-Baden und Offenburg. Dort werden die 1835 erfundenen Hutkrempen und Deckel noch nach traditioneller Methode produziert. Detlef Grumbach hat sie besucht und stellt uns Meinrad Jülg, den 29-jährigen Chef der Firma vor.
Meinrad Jülg: "Das wird über einem Ofen erwärmt wie über einem Grill" (Klopfen und Hobeln) "und dabei wird der Schellack ganz weich." (Pusten und Hobeln)
In Schellack getränkter Stoff bildet die Grundlage für das, was Meinrad Jülg hier fabriziert: Die Krempe eines Chapeau Claques oder auch Klappzylinders. Der 29-jährige Hutfabrikant feilt, hobelt, bürstet, nimmt eine Metallform und biegt mit ihrer Hilfe den Außenrand gekonnt nach oben.
Meinrad Jülg: "Ich bringe die Hutkrempe in den äußeren zwei Zentimetern in Form. Und kurz davor, dass es wieder kalt ist, bringe ich es noch mit den Fingern ganz akkurat auf den Millimeter genau in Schwung."
So hört sich das an, wenn man einen Hut aus seiner Fertigung öffnet, wenn man ihn auf den Ballen der Hand sausen lässt und die verborgenen Federn den Hut aufspringen lassen. Nur zwei weitere Hutfabriken auf der Welt stellen den Chapeau claque nach traditioneller Methode, also mit Schellack und nicht mit Plastikkrempen her.
Meinrad Jülg: "Ich habe mich früher schon immer für alte Berufe interessiert, wusste aber bis vor sieben, acht Jahren nicht, dass es hier in Achern so etwas gibt. Obwohl ich gerade vom Nachbarort herkomme, von Kappelrodeck."
"Aleisa" heißt die kleine Hutfabrik nach ihrem Begründer Albert Eisele aus Achern. Durch einen Zufall hat Meinrad Jülg von ihrer Existenz erfahren und davon, dass der alte Chef einen Nachfolger sucht. Mit gut zwanzig Jahren hat der dunkelhaarige und durchaus etwas wortkarge Sohn eines badischen Winzers dann seine Arbeit als Maler und Lackierer aufgegeben und sich in das Abenteuer gestürzt, das fast 200 Jahre alte und vom Aussterben bedrohte Handwerk zu erlernen. Seit zwei Jahren ist er sein eigener Herr.
Meinrad Jülg: "Früher als Kind, da sah man im Fernsehen Pumuckel und Meister Eder und einen Mann, der ganz allein in einer Werkstatt arbeitete und dadurch dennoch sehr viel Freiheit hatte und jeden Tag eine andere Herausforderung hatte. "
So beschreibt Meinrad Jülg seinen Traum. Er ist in der Produktion für die Hutdeckel und Krempen zuständig.
Der Klappmechanismus wird zugeliefert. Zwei Näherinnen schneiden Stoffe für den sogenannten Hals des Huts zu und nähen den Klappmechanismus ein. Sie verbinden die sehr stabile Krempe und den Hutdeckel mit dem Stoff. Sechs Maschinen stehen in der Nähstube der etwas altertümlich anmutenden Fabrik, alle um die hundert Jahre alt und jede mit einer besonderen Führung für einen ganz bestimmten Nähvorgang.
Giesela Ruschmann: "Ja, schon. Doch. Ha ja. Mir bedeutet das schon viel. Das ist schon ein Stück Heimat." (Lachen) "Ich gehör schon zum Inventar."
So Giesela Ruschmann nicht ohne Stolz auf diese einzigartige Arbeit. Über vierzig Jahre ist sie schon bei Aleisa und kann dem jungen Chef manchen wertvollen Tipp geben.
Giesela Ruschmann: "Hoppla, jetzt ist die Nadel gekracht. "
Wie oft kommt das vor?
"Ha, manchmal an einem Hut zwei, drei Mal, manchmal kann ich zwanzig Hüte am Stück nähen, ohne dass sie kracht. Das ist unterschiedlich. "
Ohne Brille fädelt Giesela Ruschmann den Faden in die neue Nadel.
Giesela Ruschmann: "Ja, ja, ja, ja, ja, jetzt ist sie schon wieder hin!"
Etwa 1500 Chapeau Claques stellen Meinrad Jülg und seine beiden Näherinnen im Jahr her und verkaufen sie über Herrenausstatter, Hutgeschäfte, Kaufhäuser oder auch direkt. Um die 400 Euro kostet das Stück, 150 einzelne Arbeitsschritte müssen für jeden Hut absolviert werden.
Winston Churchill und Dwight D. Eisenhower haben einen Klappzylinder aus Achern getragen, Katharina Valente, Marlene Dietrich, Konrad Adenauer und Harald Juhnke. Gerhard Schröder gehört zur Kundschaft von Aleisa, Dieter Thomas Heck, Harald Schmidt und Thomas Gottschalk. Aber auch:
"Lothar Späth, dann das englische Königshaus. Und als die Sendung mit der Maus ein Jubiläum hatte, hat Dirk Bach die Jubiläumsshow moderiert. Da wurde kurz davor ein sehr großer Zylinder, Größe 63, in Köln bestellt, und ein paar Tage später sah ich zufällig die Fernsehsendung und da hat er den Zylinder von uns aufgehabt. "
Um seine Zukunft macht sich Meinrad Jülg keine Sorgen. Zu Beginn der Ballsaison oder zum Karneval hat der kleine Betrieb Hochkonjunktur. Zimmerleute gehören zu seinen Kunden genauso wie Schornsteinfeger, Beerdigungsunternehmer oder Reitsportler, Zauberer oder Jongleure. Und irgendwie erfüllt es den jungen Mann auch mit Stolz, beinahe der einzige zu sein, der dieses Handwerk noch beherrscht und die Wünsche seiner illustren Kundschaft erfüllen kann. Da bleibt am Ende nur noch die Frage, ob er selbst denn gerne diese Hüte trägt.
Meinrad Jülg: "Ja, eigentlich weniger. Höchstens mal beim Theaterspielen oder bei meiner eigenen Hochzeit letztes Jahr habe ich mal einen aufgehabt."
In Schellack getränkter Stoff bildet die Grundlage für das, was Meinrad Jülg hier fabriziert: Die Krempe eines Chapeau Claques oder auch Klappzylinders. Der 29-jährige Hutfabrikant feilt, hobelt, bürstet, nimmt eine Metallform und biegt mit ihrer Hilfe den Außenrand gekonnt nach oben.
Meinrad Jülg: "Ich bringe die Hutkrempe in den äußeren zwei Zentimetern in Form. Und kurz davor, dass es wieder kalt ist, bringe ich es noch mit den Fingern ganz akkurat auf den Millimeter genau in Schwung."
So hört sich das an, wenn man einen Hut aus seiner Fertigung öffnet, wenn man ihn auf den Ballen der Hand sausen lässt und die verborgenen Federn den Hut aufspringen lassen. Nur zwei weitere Hutfabriken auf der Welt stellen den Chapeau claque nach traditioneller Methode, also mit Schellack und nicht mit Plastikkrempen her.
Meinrad Jülg: "Ich habe mich früher schon immer für alte Berufe interessiert, wusste aber bis vor sieben, acht Jahren nicht, dass es hier in Achern so etwas gibt. Obwohl ich gerade vom Nachbarort herkomme, von Kappelrodeck."
"Aleisa" heißt die kleine Hutfabrik nach ihrem Begründer Albert Eisele aus Achern. Durch einen Zufall hat Meinrad Jülg von ihrer Existenz erfahren und davon, dass der alte Chef einen Nachfolger sucht. Mit gut zwanzig Jahren hat der dunkelhaarige und durchaus etwas wortkarge Sohn eines badischen Winzers dann seine Arbeit als Maler und Lackierer aufgegeben und sich in das Abenteuer gestürzt, das fast 200 Jahre alte und vom Aussterben bedrohte Handwerk zu erlernen. Seit zwei Jahren ist er sein eigener Herr.
Meinrad Jülg: "Früher als Kind, da sah man im Fernsehen Pumuckel und Meister Eder und einen Mann, der ganz allein in einer Werkstatt arbeitete und dadurch dennoch sehr viel Freiheit hatte und jeden Tag eine andere Herausforderung hatte. "
So beschreibt Meinrad Jülg seinen Traum. Er ist in der Produktion für die Hutdeckel und Krempen zuständig.
Der Klappmechanismus wird zugeliefert. Zwei Näherinnen schneiden Stoffe für den sogenannten Hals des Huts zu und nähen den Klappmechanismus ein. Sie verbinden die sehr stabile Krempe und den Hutdeckel mit dem Stoff. Sechs Maschinen stehen in der Nähstube der etwas altertümlich anmutenden Fabrik, alle um die hundert Jahre alt und jede mit einer besonderen Führung für einen ganz bestimmten Nähvorgang.
Giesela Ruschmann: "Ja, schon. Doch. Ha ja. Mir bedeutet das schon viel. Das ist schon ein Stück Heimat." (Lachen) "Ich gehör schon zum Inventar."
So Giesela Ruschmann nicht ohne Stolz auf diese einzigartige Arbeit. Über vierzig Jahre ist sie schon bei Aleisa und kann dem jungen Chef manchen wertvollen Tipp geben.
Giesela Ruschmann: "Hoppla, jetzt ist die Nadel gekracht. "
Wie oft kommt das vor?
"Ha, manchmal an einem Hut zwei, drei Mal, manchmal kann ich zwanzig Hüte am Stück nähen, ohne dass sie kracht. Das ist unterschiedlich. "
Ohne Brille fädelt Giesela Ruschmann den Faden in die neue Nadel.
Giesela Ruschmann: "Ja, ja, ja, ja, ja, jetzt ist sie schon wieder hin!"
Etwa 1500 Chapeau Claques stellen Meinrad Jülg und seine beiden Näherinnen im Jahr her und verkaufen sie über Herrenausstatter, Hutgeschäfte, Kaufhäuser oder auch direkt. Um die 400 Euro kostet das Stück, 150 einzelne Arbeitsschritte müssen für jeden Hut absolviert werden.
Winston Churchill und Dwight D. Eisenhower haben einen Klappzylinder aus Achern getragen, Katharina Valente, Marlene Dietrich, Konrad Adenauer und Harald Juhnke. Gerhard Schröder gehört zur Kundschaft von Aleisa, Dieter Thomas Heck, Harald Schmidt und Thomas Gottschalk. Aber auch:
"Lothar Späth, dann das englische Königshaus. Und als die Sendung mit der Maus ein Jubiläum hatte, hat Dirk Bach die Jubiläumsshow moderiert. Da wurde kurz davor ein sehr großer Zylinder, Größe 63, in Köln bestellt, und ein paar Tage später sah ich zufällig die Fernsehsendung und da hat er den Zylinder von uns aufgehabt. "
Um seine Zukunft macht sich Meinrad Jülg keine Sorgen. Zu Beginn der Ballsaison oder zum Karneval hat der kleine Betrieb Hochkonjunktur. Zimmerleute gehören zu seinen Kunden genauso wie Schornsteinfeger, Beerdigungsunternehmer oder Reitsportler, Zauberer oder Jongleure. Und irgendwie erfüllt es den jungen Mann auch mit Stolz, beinahe der einzige zu sein, der dieses Handwerk noch beherrscht und die Wünsche seiner illustren Kundschaft erfüllen kann. Da bleibt am Ende nur noch die Frage, ob er selbst denn gerne diese Hüte trägt.
Meinrad Jülg: "Ja, eigentlich weniger. Höchstens mal beim Theaterspielen oder bei meiner eigenen Hochzeit letztes Jahr habe ich mal einen aufgehabt."