Der Hirsch auf der Brücke
Radio macht Geschichte. Vor langer Zeit gab es ein Genre, das heute ausgestorben ist: Die Radiooper. Komponisten schrieben für das Medium Radio. Das verfügt ja noch heute über eigene Orchester und Chöre. Einen Beitrag zum ausgestorbenen Genre Radiooper leistete auch Bohuslav Martinů, als er noch in seiner Heimat Tschechien lebte.
Es ist eine komische, eine verwirrende Geschichte – die "Komödie auf der Brücke", eine Radiooper von Bohuslav Martinů. 1935 hat er sie geschrieben, zwei Jahre später wurde sie erstmals im Tschechischen Radio gesendet. Nach dem Krieg kam sie schließlich als vollgültige einaktige Oper in New York auf die Bühne.Es ist Krieg, auf beiden Seiten eines Flusses stehen sich feindliche Heere gegenüber. Popelka, eine Dorfschönheit, will ihren toten Bruder auf der feindlichen Seite beerdigen. Auf dem Rückweg bleibt sie auf der Brücke stecken, weil der Wachtposten ihrer eigenen Seite sie nicht durchlässt. Nach und nach treffen sich der Bierbrauer Bedron, Popelkas Verlobter Sykos und Eva, des Brauers Gattin auf der Brücke. Es gibt einige amouröse Missverständnisse. Alle vier sind gestrandet zwischen den feindlichen Linien. Schließlich kommt auch noch der Schulmeister vorbei, der laut über das Rätsel des Hauptmanns Ladinsky nachdenkt: Wie kommt ein Hirsch aus einem Gelände heraus, das hoch und steil ummauert ist? Ferner Schlachtenlärm kündet von einer Entscheidung zugunsten der Seite, zu der die fünf Dorfbewohner gehören. Der herbeieilende Hauptmann Ladinsky kann Popelka mitteilen, dass ihr Bruder lebt. Sie hat einen anderen beerdigt. Und das Rätsel mit dem Hirsch auf der Brücke? Ihm geht es wie den Menschen im Krieg – Flucht unmöglich ...Anlässlich des Jahres der Tschechischen Musik in unserem Nachbarland wirft das Sinfonieorchester des Tschechischen Rundfunks einen stolzen Blick zurück in seine Geschichte. Aber das Radio ist auch Auftraggeber für neue Musikstücke – deshalb gehört zu diesem Programm auch die Uraufführung eines Konzerts für Fagott und Orchester. Aleš Pavlorek stammt aus der mittleren Generation tschechischer Komponisten und gilt als Fachmann für Literatur für Blasinstrumente. Kein Wunder, ist er doch selbst Orchesterklarinettist. Für das tschechische Radio hat er schon ein Konzert für Bassklarinette und Orchester geschrieben. Nun also ein neues Werk für das auch heute noch selten bedachte Fagott als Soloinstrument. Man kann gespannt sein, wie originell Aleš Pavloreks Musik wirkt und welchen Kompromiss er zwischen Originalität und Virtuosität er eingeht. Der Solist Milan Muzikář ist ein erfahrener einheimischer Spezialist für neuere Musik.
Rudolfinum Prag
Aufzeichnung vom 28.04.2014
Aleš Pavlorek
Konzert für Fagott und Orchester
(Uraufführung)
Bohuslav Martinů
"Comedy on the Bridge", Radiooper in einem Akt
Milan Muzikář, Fagott
Lucie Silkenová, Václava Krejčí-Housková, Jaroslav Březina, Jan Šáva - Gesang
Ondřej Brousek, Ondřej Brzobohatý, Jan Maxián - Sprecher
Sinfonieorchester des Tschechischen Rundfunks
Leitung: Tomáš Brauner