Der IS in der Defensive

Mossul und die Zerrissenheit des Irak

Irakische Einheiten rücken in Mossul vor.
Kampf um Mossul © Mohammed Saad/AP/dpa
Wilfried Buchta im Gespräch mit André Hatting |
Nach Einschätzung des Islamwissenschaftlers Winfried Buchta hat die Stadt Mossul für die Terrormiliz IS zwar eine enorme symbolische Bedeutung, doch wäre ein Fall der Stadt noch lange nicht auch das Ende des IS. Weltweit stützten viele korrupte Eliten die Miliz weiterhin.
In Mossul tobt weiter der Kampf um den Westteil der Stadt: Irakische Spezialtruppen stießen in der Drei-Millionen-Stadt am Samstag beim Vorrücken auf heftigen Widerstand von Kämpfern der Terrormiliz Islamischer Staat.

Mehr als ein Vierteljahr hatte die irakische Armee bereits gebraucht, um den Ost-Teil der Stadt vom IS zurückzuerobern. Im dicht besiedelten West-Teil wird die Rückeroberung ungleich schwieriger: Die Straßen sind zu eng für gepanzerte Fahrzeuge. Brot und Wasser gehen bereits aus. Humanitäre Korridore wie beim Kampf um das syrische Aleppo wären dringend nötig. Und die Extremisten versuchten, mit Autobomben, Scharfschützen und Dutzenden bewaffneter Drohnen den Vormarsch der irakischen Armee aufzuhalten.

Niederlage hätte für das Prestige, für das Ansehen des IS weitreichende Bedeutung

Hintergrund dieses erbitterten Widerstands ist nach Einschätzung des Islamwissenschaftlers Winfried Buchta, die Symbolik, die der IS der Stadt zuschreibt: "Für den IS ist Mossul von enormer Bedeutung, im Juni 2014 hat dort der Kalif des IS, Abu Bakr al-Baghdadi, dort sein transnationales, islamisches Kalifat ausgerufen mit dem Anspruch, alle anderen Staaten der islamischen Welt schrittweise zu erobern. Also eine Vertreibung, eine Niederlage hätte für das Prestige, für das Ansehen des IS weitreichende Bedeutung."
Buchta zufolge wird der IS versuchen, seine voraussichtliche Niederlage in Mossul zu kompensieren: "Indem er überall auf der Welt - und das macht er ja jetzt teilweise schon - seine Schläfernetze aktiviert, und er wird versuchen, durch Terroranschläge von seiner Niederlage abzulenken." Und Buchta warnt: "Eine Niederlage des IS in Mossul bedeutet noch nicht das politische und militärische Aus des IS." In der arabischen Welt gebe es ein dichtes Netzwerk von autoritären und hochrepressiven Regimen, in deren Ländern die Wirtschaftslage hoch desaströs sei. "Diese korrupten Eliten dort arbeiten indirekt dem IS zu", sagte Buchta.
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