Der jordanische Oud-Spieler Tareq Jundi

Arabische Liebeserklärung an Bach

Tareq Jundi mit seiner Oud
Tareq Jundi mit seiner Oud © Deutschlandradio / Cornelia Wegerhoff
Von Cornelia Wegerhoff |
"Ein schoen new Lied" ist das altdeutsche Motto des diesjährigen Bachfestes in Leipzig. "Schön neu" klingen die Werke Bachs vor allem dann, wenn sie auf Instrumenten interpretiert werden, die man eher nicht mit dem Komponisten verbindet. Der Jordanier Tareq Jundi spielt Bach auf einer Oud, der arabischen Laute. Cornelia Wegerhoff hat den Musiker in der jordanischen Hauptstadt Amman getroffen.
Tareq Jundi bei einem seiner Musikworkshops. Im Kulturcafé Jadal in der Innenstadt von Amman erklärt der 33-Jährige gerade die Grundbausteine des sogenannten Maqam, den speziellen Modus der arabischen Musik. Auf seiner Oud, der arabischen Laute, demonstriert er die besonderen Tonleitern.
Teilnehmer des heutigen Workshops sind die Sängerinnen des Leipziger A-cappella-Ensembles "Sjaella". Sie haben selbst ein Konzert in Amman gegeben und nutzen nun die Gelegenheit, die arabische Musik kennenzulernen.

Leipzig ist sein musikalischer Sehnsuchtsort

Was die Sängerinnen nicht ahnen: Ihre Heimatstadt Leipzig ist Tareq Jundis musikalischer Sehnsuchtsort. Denn der Jordanier ist ein glühender Verehrer von Johann Sebastian Bach.
"Es ist eine Liebesgeschichte. Bevor ich 18 wurde, hatte ich noch nie klassische Musik gehört. Und als ich dann Bach hörte, war das für mich ein Wendepunkt: Ich war berührt. Ich war wirklich berührt. Ich wechselte danach zur Klassik. Auch wenn sie nicht zu meiner Kultur gehört, zu meiner musikalischen Identität. Da ist irgendetwas, was dich ruft. Besonders, wenn du diese Art der Musik spielst."
Seit er zehn Jahre alt ist, spielt Tareq Jundi auf der Oud. Später lernte er Cello, Geige, Klavier. Doch eine Musiker-Karriere wurde ihm von den Eltern zunächst verweigert.
"Jundi" bedeutet ins Deutsche übersetzt "Soldat". Tareq sollte seinem Namen alle Ehre machen. Fast alle Männer der Familie dienen in der jordanischen Armee. Schließlich musste er zumindest ein Ingenieursstudium absolvieren.
Doch danach holte das Nationale Musikkonservatorium in Amman das Talent mit einem Stipendium zu sich. Ein Professor dort ließ die Studenten jedes Semester der Reihe nach eine von Bachs sechs Suiten für Violoncello einstudieren. Aber Tareq Jundi wollte seinen Lieblingskomponisten auch auf seinem Lieblingsinstrument zum Klingen bringen:
"Das Repertoire der Oud ist nicht sehr umfangreich. Gerade im instrumentellen Bereich basiert die arabische Musik nur auf Liedern. Also versuchte ich, Bach auch auf der Oud zu spielen. Und das war wirklich so ein Überraschungsmoment, wo ich dachte: Was ist das denn?"

Für die Transkription brauchte er unendlich lange

Für die Transkription der ersten Cello-Suite habe er allerdings unendlich lange gebraucht, gibt Tareq Jundi zu.
"Ich bin zu meinem Lehrer gegangen und fragte, was denkst du über diesen Satz hier. Das Cello ist schließlich ein Streichinstrument. Die Oud zupfe ich. Selbst die Transkription von Lauten-Stücken, die Bach komponiert hat, waren wirklich schwierig. Denn die Laute ist ein polyphones Instrument, viel weiter entwickelt als die Oud, mit der man nur eine Melodie spielt."
Die Oud ist bereits seit mehr als tausend Jahren im Orient bekannt und gilt als Vorläufer der europäischen Variante. Das arabische "Al oud", zu Deutsch "Das Holz", wurde auch über das Französische "La oud" zum Namensgeber der europäischen Laute. Auch Johann Sebastian Bach hat die Laute gespielt und für sie komponiert. Eine Parallele, die den sensiblen Musiker Tareq Jundi innerlich bewegt.
Verehrt Bach auf innovative Weise: Tareq Jundi
Verehrt Bach auf innovative Weise: Tareq Jundi© Deutschlandradio / Cornelia Wegerhoff
"Musik überwindet Religionen, Jahrhunderte. Ich bin Muslim, aber Kirchenmusik, speziell die der byzantischen Kirche, ist auch Teil meines arabischen Kulturerbes. Ich habe über Bachs Leben gelesen. Er betete viel in der Kirche. Er strebte nicht nach Ruhm oder Geld. Ich denke, die Musik, die er schrieb, kam wirklich aus seinem Herzen. Und deshalb berührt sie uns auch 300 Jahre nach seinem Tod immer noch."
Zur Zeit schreibt der 33-Jährige an der Universität von Jordanien an seiner Doktorarbeit: Über die Transkription von Barock-Stücken für die arabische Laute am Beispiel von Bach. Und nach mehreren CDs mit orientalischer Oud-Musik von Tareq Jundi wird in Jordanien bald eine CD mit Bach-Bearbeitungen erscheinen.

Europäern hat er Bach noch nicht vorgespielt

In der Bach-Stadt Leipzig war Tareq Jundi trotz einiger Europa-Auftritte mit seiner Oud bis jetzt noch nie. Und bisher habe er es noch nicht versucht, Europäern Bach vorzuspielen, sagt er.
"Ich halte nach Barock-Festivals Ausschau und nach Leuten, die an Bach-Musik genauso interessiert sind wie ich. Das ist mein Traum: Meine musikalische arabische Identität in Europa zu verbreiten und mit meiner Oud um die ganze Welt zu reisen."
Mehr zum Thema