Der jüngste "Jedermann" aller Zeiten
Im Stück von Hugo von Hofmannsthal wird die Hauptrolle des Jedermann das erste Mal von dem 1971 geborenen Nicholas Ofczarek gegeben. An seiner Seite überzeugt die Schauspielerin Birgit Minichmayer als Buhlschaft mit spröder Sinnlichkeit.
Sie trägt wieder sündiges Rot. War Sophie von Kessel als Jedermanns Buhlschaft im vergangenen Sommer noch im blauen Kleid am Salzburger Domplatz aufgetreten, so ist ihre Nachfolgerin Birgit Minichmayr in diesem Festspielsommer wieder zurückgekehrt zur klassischen Farbe der Liebe. Wer als Zuschauer hoffte, damit die alten Vollweib-Fantasien erfüllt zu bekommen, musste sich freilich enttäuscht sehen.
Birgit Minichmayr hat weit mehr zu bieten als ein plumpes Klischee. Ihre Stimme ist rauchig, rau, ihr Lachen klingt immer ein bisschen dreckig, ohne je ins Ordinäre abzurutschen. Ihre Buhlschaft: eine selbstbewusste Frau von derber und zugleich spröder Sinnlichkeit; eine, die nicht verschreckt reagiert, als der Tod an ihren Gespielen Jedermann herantritt. Sondern fast schon persönlich beleidigt, weil ihr das die Party-Laune verdirbt.
Diesen Jedermann spielt nun heuer erstmals Nicholas Ofczarek. Der hat kein leichtes Erbe angetreten. Acht Sommer lang war vor ihm Peter Simonischek in der Rolle zu sehen gewesen und hatte dabei über die Jahre eine lässige Routine entwickelt, mit der er Domplatz und Publikum beeindruckend beherrschte. Ofczarek, Jahrgang 1971, ist nicht nur deutlich jünger als Simonischek, er ist auch der jüngste Jedermann in den nunmehr 90-jährigen Festspielgeschichte überhaupt. Das ist kein Nachteil. Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes, der aus der Blüte des Lebens gerissen wird, gewinnt mit einem entsprechend jungen, kraftstrotzenden Schauspieler wie Ofczarek an Dringlichkeit.
Nicholas Ofczarek beginnt denn auch sehr dynamisch, fast zu schneidig; in der Konfrontation mit dem Tod gerät ihm manches noch arg pathetisch. Dennoch bringt auch er die nötige körperliche Präsenz und das darstellerische Selbstbewusstsein mit, um unter freiem Himmel vor dem Salzburger Dom zu bestehen - diese typische Mischung aus Charme und gestochener Schärfe der Diktion, wie man sie bei Wiener Burgschauspielern kennt und schätzt. Keine Frage, mit der Zeit wird auch Ofczarek eine Lässigkeit entwickeln, die ihn dort bremst, wo er bei der Premiere noch übers Ziel hinausschoss. Jetzt schon stark: die gallige Bitterkeit, mit der sein Jedermann in der zweiten Hälfte des Stücks auf sein Schicksal reagiert, ehe er am Ende seinen Frieden damit schließt und in den Armen Gottes sanft zur Ruhe findet.
Anders als in früheren Jahren verschwindet dieser Jedermann nicht mehr im Domplatz, um im Totenhemd daraus zurückzukehren. Regisseur Christian Stückl hat die Neubesetzung der Titelrolle dazu genutzt, seine Erfolgsinszenierung erneut zu überarbeiten. Das Farbenfroh-Spektakelhafte samt Pyrotechnik, um das man beim "Jedermann" nicht umhinkommt, ist geblieben. Dennoch gibt sich Stückl nicht mit dem "Jedermann" als Event zufrieden, sondern treibt die inhaltliche Auseinandersetzung immer weiter. Schon vor drei Jahren hatte er die letzten Szenen wohltuend gestrafft und allen frömmlerischen Kitsch weitgehend gebannt. Nun präsentiert er ein überraschendes, überzeugendes neues Ende.
Stückl hat die Erlösung, die Hugo von Hofmannsthal seinem Jedermann angedeihen hat lassen, gestrichen, ohne sie in Frage zu stellen wie früher. Da hatte sich bei Stückl noch ein schwarzer Todesengel bleischwer auf den Sarg Jedermanns gesetzt. Was wohl heißen sollte: Auferstehung? Fraglich! Nun endet das Stück vorher. Gezeigt wird ein Jedermann, der nach anfangs wütender Abwehr Frieden mit seinem Schicksal macht, in der Hoffnung auf Erlösung. Jedermann findet zum Glauben und damit zu Ruhe und Zuversicht. Ob seine Hoffnung berechtigt ist oder nicht? Das zu entscheiden bleibt in dieser neuen Fassung von Stückls Inszenierung jedem Zuschauer selbst überlassen.
Birgit Minichmayr hat weit mehr zu bieten als ein plumpes Klischee. Ihre Stimme ist rauchig, rau, ihr Lachen klingt immer ein bisschen dreckig, ohne je ins Ordinäre abzurutschen. Ihre Buhlschaft: eine selbstbewusste Frau von derber und zugleich spröder Sinnlichkeit; eine, die nicht verschreckt reagiert, als der Tod an ihren Gespielen Jedermann herantritt. Sondern fast schon persönlich beleidigt, weil ihr das die Party-Laune verdirbt.
Diesen Jedermann spielt nun heuer erstmals Nicholas Ofczarek. Der hat kein leichtes Erbe angetreten. Acht Sommer lang war vor ihm Peter Simonischek in der Rolle zu sehen gewesen und hatte dabei über die Jahre eine lässige Routine entwickelt, mit der er Domplatz und Publikum beeindruckend beherrschte. Ofczarek, Jahrgang 1971, ist nicht nur deutlich jünger als Simonischek, er ist auch der jüngste Jedermann in den nunmehr 90-jährigen Festspielgeschichte überhaupt. Das ist kein Nachteil. Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes, der aus der Blüte des Lebens gerissen wird, gewinnt mit einem entsprechend jungen, kraftstrotzenden Schauspieler wie Ofczarek an Dringlichkeit.
Nicholas Ofczarek beginnt denn auch sehr dynamisch, fast zu schneidig; in der Konfrontation mit dem Tod gerät ihm manches noch arg pathetisch. Dennoch bringt auch er die nötige körperliche Präsenz und das darstellerische Selbstbewusstsein mit, um unter freiem Himmel vor dem Salzburger Dom zu bestehen - diese typische Mischung aus Charme und gestochener Schärfe der Diktion, wie man sie bei Wiener Burgschauspielern kennt und schätzt. Keine Frage, mit der Zeit wird auch Ofczarek eine Lässigkeit entwickeln, die ihn dort bremst, wo er bei der Premiere noch übers Ziel hinausschoss. Jetzt schon stark: die gallige Bitterkeit, mit der sein Jedermann in der zweiten Hälfte des Stücks auf sein Schicksal reagiert, ehe er am Ende seinen Frieden damit schließt und in den Armen Gottes sanft zur Ruhe findet.
Anders als in früheren Jahren verschwindet dieser Jedermann nicht mehr im Domplatz, um im Totenhemd daraus zurückzukehren. Regisseur Christian Stückl hat die Neubesetzung der Titelrolle dazu genutzt, seine Erfolgsinszenierung erneut zu überarbeiten. Das Farbenfroh-Spektakelhafte samt Pyrotechnik, um das man beim "Jedermann" nicht umhinkommt, ist geblieben. Dennoch gibt sich Stückl nicht mit dem "Jedermann" als Event zufrieden, sondern treibt die inhaltliche Auseinandersetzung immer weiter. Schon vor drei Jahren hatte er die letzten Szenen wohltuend gestrafft und allen frömmlerischen Kitsch weitgehend gebannt. Nun präsentiert er ein überraschendes, überzeugendes neues Ende.
Stückl hat die Erlösung, die Hugo von Hofmannsthal seinem Jedermann angedeihen hat lassen, gestrichen, ohne sie in Frage zu stellen wie früher. Da hatte sich bei Stückl noch ein schwarzer Todesengel bleischwer auf den Sarg Jedermanns gesetzt. Was wohl heißen sollte: Auferstehung? Fraglich! Nun endet das Stück vorher. Gezeigt wird ein Jedermann, der nach anfangs wütender Abwehr Frieden mit seinem Schicksal macht, in der Hoffnung auf Erlösung. Jedermann findet zum Glauben und damit zu Ruhe und Zuversicht. Ob seine Hoffnung berechtigt ist oder nicht? Das zu entscheiden bleibt in dieser neuen Fassung von Stückls Inszenierung jedem Zuschauer selbst überlassen.