Der Kampf um die Robe und andere Sachen

Von Ernst Ludwig von Aster |
Früher stritten sich die Anwälte in Berlin vor Gericht, heutzutage auch schon mal mit dem Gericht. Richter versus Anwalt - wegen der Kleiderordnung. Robe an oder aus, das ist gelegentlich die Frage. Unberührt vom Beschluss des Senats, rügte mancher Richter den Strafverteidiger, der in Jeans den Gerichtssaal betreten hatte.
Für Anwalt Liebling, Kreuzberg, hätte das einen schönen Filmstoff hergegeben: Anwalt gibt dem Deliquenten gute Ratschläge, wie der kleidungsmäßig beim Richter einen guten Eindruck hinterlassen kann, aber Anwalt Liebling … Der Kampf um die Robe und andere Sachen. Aus dem Alltag Berliner Strafverteidiger.

Oben rattert die U-Bahn Richtung Osten, unten rollt vierspurig der Verkehr. Drei Dutzend Hähnchen drehen sich im Hühnerhaus-Imbiss am Spieß. Die Kundschaft steht an Plastiktischen, kaut im Nieselregen. 20 Meter weiter warten Haschisch-Dealer auf Kundschaft. Wie jeden Tag. Hier am Görlitzer Park im Berliner Bezirk Kreuzberg …

Gleich um die Ecke eilt Johannes Eisenberg über den Flur seines Altbaubüros. Der Anwalt ist auf der Suche. Nach seiner Robe.

"Ja, wo ist meine Robe, könne sie sagen, wo meine Robe ist?"

Eisenbergs Mitarbeiterin blickt um sich. Zuckt mit den Schultern.

"Ich habe am Anfang die Robe von Horst Mahler aufgetragen. Die allerdings damals schon in stark zerschlissenem Zustand war. Ich habe nämlich, als ich Anwalt wurde, die ersten Jahre die Kanzlei vom Rechtsanwalt Ströbele verwest."

Roben-Aufträger. Und Kanzlei-Verweser. Von Horst Mahler. Und Hans-Christian Ströbele.

"Der seinerzeit Mitglied des Bundestages war, damals haben die Grünen ja noch rotiert. Seine Kanzlei stand sozusagen leer und musste verwest werden, wie man das nennt."

Verwest heißt so viel wie ordnungsgemäß abgewickelt. Unter Anwälten. Wenn der eine nicht mehr kann, übernimmt ein anderer die Kanzlei. Kümmert sich weiter um die Mandanten. Und manchmal auch um die Robe:

"Und in diesem Zusammenhang habe ich eine ziemliche aufgetragene Robe weitergetragen."

Die Robe von Mahler. Die Kanzlei von Ströbele. Anwaltsgeschichten. Der eine sitzt heute als Kreuzberger Direktkandidat der Grünen im Bundestag, der andere wegen Volksverhetzung und Leugnung des Holocausts im Gefängnis. Johannes Eisenberg aber kämpft weiter vor Gericht. Seit mittlerweile 25 Jahren. Und macht damit nicht selten Schlagzeilen. Manchmal sogar Titelseiten:

"Das ist eine Gegendarstellung die fast die gesamte Titelseite der ‚Bild’-Zeitung belegt hat."

Eine Kopie hängt an der Wand. Über dem Garderobenständer. Eine Seite 1 der Bildzeitung aus dem Sommer 2006. Die obere Hälfte in dicken Boulevard-Buchstaben eine Gegendarstellung von Heide Simonis. Zu einem Bericht, der Glauben machen wollte, sie würde unter Umständen am RTL-Dschungel-Camp teilnehmen.

"Darum wurde auch intensiv gekämpft. Unsere Mandantin wurde dann immer belegt, auch von zum Beispiel Frau Springer, ob man darauf nicht verzichten könnte. Aber wir haben die dann letztendlich nach langen Monaten durchgesetzt. Und die findet sich sogar in Lehrbüchern mittlerweile, weil sie so prominent war."

Eisenberg lächelt. Auch heute noch klagt er oft gegen die "Bild"-Zeitung. Hat für Meret Becker einen Prozess gewonnen. Und in eigener Sache klargestellt, das kein Foto von ihm veröffentlicht werden darf. "Gefürchteter Medienanwalt", hat ihn der Spiegel genannt. Einen "Juristen-Poltergeist" die Frankfurter Rundschau.

"Hier ist eine Herr Eisenberg …"

Die Mitarbeiterin hat die Robe gefunden. Ein unförmiges schwarzes Etwas. Die Berufstracht des Anwalts. Vorgeschrieben durch die Standesorganisation, die Rechtsanwaltskammer. Der Mittfünfziger greift zur Robe. Der schwarze Stoff des Umhangs ist am Rand dünn, fast durchsichtig. Und notdürftig geflickt.

"Hier gucken sie mal: Irgendeine Mandantin hat mir hier so eine Bordüre rangemacht. Dann werden die hier so weich, dann muss man die hier umschlagen, dann entstehen so Löcher. Und das hat den denen nicht gefallen. Aber ich fand dass ja eigentlich ganz gut ... das gab eigentlich ein bisschen Luft."

Der schlanke, hochgewachsene Anwalt lächelt. Ein bisschen Luftigkeit. Lockerheit gegen die starre Kleiderordnung im Gerichtssaal. Dafür bekam er prompt eine Rüge. Ein Richter glaubte, eine Missachtung des Gerichts zu sehen. Und beschwerte sich bei der Rechtsanwaltsammer …

"Kammer hat ihm dann beschieden, der Volksmund würde sagen: Armut schändet nicht. Deswegen könne man einen Anwalt dafür, dass seine Robe in einem beklagenswerten Zustand sei nicht kritisieren und schon gar nicht berufsrechtlich zu rügen."

Zustand Nebensache. Hauptsache Robe. Damit war der Kleiderordnung genüge getan. Ob als Anwalt von Gregor Gysi oder Anhängern der Revolutionären Zellen, ob als Rechtsberater der Tageszeitung taz oder Rechtsbeistand von Erich Mielke – die Fälle wechselten, die Robe blieb. Der Robenzwang für Rechtsanwälte. Ebenso wie für Richter und Staatsanwälte. Die Staatsvertreter und der freie Anwalt unter demselben Kleidungsdiktat – dagegen opponieren Eisenberg und einige seiner Kollegen seit Jahren.

"Wir sind ja der Auffassung, es gibt überhaupt keinen vernünftigen Grund und deshalb auch keine Ermächtigung für den Staat oder die Berliner Anwaltskammer Anwälten vorzuschreiben, wie sie vor Gericht aufzutreten haben. Weil Rechtspflege ja auch funktioniert, wenn die Anwälte ohne diese Kleidung dort auftreten."

Das aber sahen Rechtsanwaltskammer und Justizverwaltung anders. Ebenso wie das Oberverwaltungsgericht. Es urteilte, der Staat dürfe den Anwälten die Kleiderordnung vorschreiben.

Berlin- Moabit. Kriminalgericht. Ein Gebäude 210 Meter lang, 90 Meter breit. Die Türme 60 Meter hoch. Drei abgetretene Steinstufen führen hinauf zum Haupteingang: zwei große, schwere, dunkle Holztüren.

"Die Strafverteidiger müssen nach Moabit kommen. Wenn man in Berlin Strafverteidiger ist, führt kein Weg an Moabit vorbei."

Sagt Dr. Petra Carl. Sie war hier erst Strafrichterin, dann Jugendrichterin. Heute ist sie die Sprecherin für alle Berliner Strafgerichte. Ihr Arbeitsplatz ist das größte Kriminalgericht Europas ...

"Das sind unsere Sicherheitskontrollen, die existieren seit den siebziger Jahren. Als die ersten Terroristenprozesse kamen, wurden hier Sicherheitskontrollen eingeführt, das alle Personen hier abgesondet werden, nach Metallgegenständen. Und die sind auch heute noch nach wie vor erforderlich."

Nur abgesondet geht es in die Haupthalle. Die ist weniger Gerichtsgebäude. Als Sakralbau. Nicht sachlich sondern pompös. Nicht genügsam, sondern gigantisch.

"Und wenn sie sich hier umblicken hat man vom Gefühl her, dass das Gebäude einen einschüchtert. Und das ist auch der Sinn dieser Architektur gewesen. Das war eine sogenannte Einschüchterungsarchitektur. Das ist ein sehr, sehr hohes Gebäude, das ist circa 29 Meter hoch."

Sie kommt sich hier immer noch klein vor, sagt Petra Carl. Und: "Das Brandenburger Tor würde hier reinpassen". Steingewordene Staatsräson, ein Justizpalast mit vordemokratischen Insignien.

"Das Gebäude ist 1906 eingeweiht worden, da hatten wir noch eine andere Zeit, nämlich die Kaiserzeit. Und das nennt sich hier auch königliches, kaiserliches Kriminalgericht. Und das ist auch in diesen Kacheln eingraviert, da haben wir ein K für das königliche C, damals wurde Criminalgericht noch mit C geschrieben - und das G für das Gericht."

Mächtig laufen die Treppen nach oben, weit auseinandergezogen vergrößern sie noch den riesigen Raum. Von den Balustraden blicken steinerne Figuren auf Anwälte, Angeklagte, Zeugen und Justizangestellte herab. Der Hauptmann von Köpenick stand hier 1906 vor Gericht, die legendären Bankräuber Gebrüder Saß. Erich Honecker musste sich hier genauso verantworten wie der Schiedsrichter Robert Hoyzer.

Einige Gänge weiter kommt der Anwalt Peter Zuriel aus einer Tür, wie es sie hier zu hunderten gibt. Diese hier ist aber eine besondere. Hinter ihr haben Anwälte das Sagen ...

"Das Anwaltszimmer, das ist der Treffpunkt. Und dann treffen sich die Kolleginnen und Kollegen. Man spricht miteinander, da werden Informationen ausgetauscht. Man kann sich miteinander freuen, sich ausheulen, fluchen."

Zum Heulen und Fluchen gibt es in Berlin für die Anwaltschaft ausreichend Anlass. Der Standort gilt für freiberufliche Juristen als Härtetest. Mit knapp 4,3 Prozent hat die Hauptstadt die höchste Steigerungsrate an Rechtsanwälten in Deutschland. Mittlerweile warten rund 13.000 Anwälte auf Mandanten ...

"Das Auskommen ist sehr schwer. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir in Berlin eine sehr hohe Steigerungsrate an Anwälten haben, die Bevölkerung ist nicht gewachsen. Insbesondere ist Berlin einkommensmäßig auch im unteren Bereich der Republik anzusehen. Also es ist sehr, sehr schwer da reinzukommen, so das man ansatzweise davon leben kann."
Da ist zumindest das Anwaltszimmer in Moabit ein kleines Privileg. Ein Hort der Verteidigung. Staatsanwälte und Richter müssen draußen bleiben. Journalisten ebenso. Doch es gibt noch einige Besprechungsräume ...

"Ist das die Tür ..."

Peter Zuriel probiert den Schlüssel an der ersten Tür. Ohne Erfolg.

"Am Anfang war das so, da hat man natürlich die Säle nicht gefunden und die Systematik der Gebäude was ist wo, wie nummeriert, das ist alles verwirrend."
38 große Strafkammern des Landgerichts, 19 kleine. 350 Staatsanwälte, 300 Richter. Dazu noch knapp 2000 Mitarbeiter – das ist der Justizkomplex Moabit. Seit zehn Jahren vertritt Peter Zuriel hier seine Mandanten, der 51-Jährige ist auch Vorsitzender des Vereins der Berliner Strafverteidiger. 500 Anwälte sind Mitglied, eine der größten Vereinigungen in Deutschland. In der Anwaltszene sind Strafverteidiger etwas Besonderes, sagt Peter Zuriel. Und probiert die zweite Tür.

"Immer eine Alternative suchen ..."

Diese Alternative passt. Ein Blick auf die Uhr. Eine Viertelstunde hat der Strafverteidiger Zeit. Dann muss er zurück in einen der beiden großen Schwurgerichtssäle in Moabit. Dort befindet sich noch heute hinter der Richterbank eine Loge. Die war einstmals für den Kaiser reserviert. Damit er über den Richtern thronen konnte.

"Da geht es um Betrug im weitesten Sinne. Also Autoverträge, Handyverträge, falsche Personalien, Handyverträge unter falschen Namen, also fehlenden Zahlungswillen, was eher häufig vorkommt."

Zuriel setzt sich an einen spartanischen Tisch, faltet die Hände. Blickt durch die randlose Brille. Der graue Anzug sitzt perfekt

"Es gibt keine Standardfälle ganz einfach deswegen, weil es immer Mandanten betrifft, das klingt vielleicht ein wenig abgedroschen, aber das ist wirklich so. Man verteidigt ja den Menschen und nicht die Akte."

Und oft geht es da um Gefängnisstrafen. Freiheitsentzug. Trotzdem steht es mit dem Image der Strafverteidiger bei den Juristenkollegen oft nicht zum Besten, sagt Zuriel.

"Also Strafverteidiger werden anders betrachtet auch unter Juristen und unter Anwälten. Also das fängt damit an, dass das Strafrecht in der Universität und auch im späteren Praxisbereich so als mehr so das Idiotenrecht bezeichnet wird, weil man nicht so viele Paragrafen hat."

Weniger Paragrafen, dafür schwerere Fälle.

"Man ist natürlich in direktem Kontakt mit dem Mandanten, der häufig natürlich in einer Ausnahmesituation ist oder in einer ausgegrenzten Situation. Sei es in U-Haft, da ist er natürlich besonders hart betroffen vom Strafverfahren. Und man wird natürlich auch leider sehr oft von den Richtern, auch den Staatsanwaltschaften so betrachtet auch als Kumpan. Das ist schon eine besondere Herausforderung."

Das ist die juristische Herausforderung. Aber auch die stilistische ist nicht zu unterschätzen. Der Auftritt in der Robe. Über den diskutiert die Anwaltschaft gerade einmal wieder. Auch im Anwaltszimmer:

"Wir haben ja momentan die Situation, dass die Justizverwaltung gesagt hat es gibt keinen Robenzwang mehr, die Anwaltskammer als Standesorganisation hat sich dazu offiziell noch nicht geäußert."

Wenige Kilometer entfernt steht Hasso Lieber hinter seinem großen Schreibtisch. Vom nahegelegenen Rathaus Schöneberg weht der Klang der Freiheitsglocke herüber. Hasso Lieber, Staatssekretär in der Berliner Justizverwaltung, ordnet einige Akten. Die Deckel sind rot. Ebenso wie sein Stifthalter, die Schreibunterlage, der Zettelspender. "Die Farbe entspricht meiner Gesinnung", sagt Lieber. Und lächelt.

"Ursprünglich sollte die Anwälte ja die Robe tragen nach der Verfügung des alten preußischen Königs Friedrich Wilhelm, damit man die "Spitzbuben" erkennen kann. Das hat sich inzwischen aber deutlich geändert. Wer die Robe trägt, unterscheidet sich deutlich von anderen Leute im Gericht. Es ist ein gewisses Statussymbol."

Allerdings von Staats wegen vorgeschrieben. In jedem Bundesland. In Berlin im Rahmen einer sogenannten Allgemeinverfügung aus der Justizverwaltung. Dagegen hatten schon öfter Anwälte geklagt. Wollte sich als Nicht-Staatsbedienstete keiner Kleiderordnung unterwerfen. Doch die Gerichte entschieden: der Staat darf Vorgaben machen. Staatssekretär Lieber nutze das Recht. Nur ganz anders als seine Vorgänger:

"Dieses kriegte ich auf den Tisch, als es wieder daran ging, diese Allgemeinverfügung zu verlängern. Und dann habe ich gesagt, warum geben wir den Anwälten nicht, was die Anwälte wollen. Nämlich die Befugnis selber zu bestimmen, was sie vor Gericht tragen."

"Die totale Freiheit nach 283 Jahren", verkündete Hasso Lieber vollmundig. Die Roben-Revolution. Und meinte, dass von Senatsseite der Robenzwang aufgehoben sei. Das alles auch noch zum 1. April. Aber garantiert scherzfrei. Allerdings betraf die Verordnung nur eine Kleidungsvorschrift in Sachen Robe:

"Es gibt eine Regel in der Berufsordnung für Rechtsanwälte. Da steht drin: Anwälte tragen eine Robe, soweit das üblich ist. Was üblich ist in Berlin, das haben wir bislang durch diese Allgemeinverfügung bestimmt, nämlich "Anwälte tragen eine Robe”. Und jetzt lassen wir es weg und überlassen es den Anwälten, was üblich ist."

"Ich habe das dann gelesen und habe mir gedacht, na ja, wenn der Staat sagt, die Anwaltschaft ist in der Ausübung ihrer Berufskleidung frei, das erste mal seit nahezu dreihundert Jahren, dann nehme ich das Recht in Anspruch."

Sagt Johannes Eisenberg. Der Kreuzberger Anwalt entschied sich prompt, die ungeliebte Robe im Schrank zu lassen. Allerdings verständigte er zuvor die betroffenen Richter über seinen geplanten Oben-Ohne-Auftritt. In der ersten Verhandlung gab es keine Reaktion. Doch der nächste Termin lief anders:

"Der andere, etwas kleinmütig, fing mit mir Streit darüber an, hat aber das den Mandanten auch nicht ausbaden lassen, das ist ein fairer Richter, hat sich beschwert."

Bei der Berliner Rechtsanwaltskammer. Der Standesvertretung der Anwälte.

"Ich habe, nachdem der angekündigt hatte sich zu beschweren, mich selber angezeigt bei der Anwaltskammer. Und habe erwartet, das sie mir innerhalb von wenigen Tagen mir sagen: Na selbstverständlich können sie machen und tun was sie wollten."

Stattdessen passierte erst einmal Nichts. Dann veröffentlichte die Kammer einer Presseerklärung, Anfang Juli. Tenor: Die Robenpflicht bestehe in Berlin weiter. Da das Tragen der Amtstracht ortsüblich sei. Viereinhalb Monate später vermeldete die Rechtsanwaltskammer: "Evaluation der tatsächlichen Handhabung beschlossen. Verzicht auf Robe wird vorläufig nicht geahndet." In Sachen Robe soll also erst einmal beobachtet werden, was überhaupt Sache ist.

"Ich selber habe für mich ganz überraschend erfahren, dass eben für die Identität der Anwaltschaft, offenbar die Robe, diese Gewandung äußerst identitätsstiftend ist und wichtig ist."

Die Robe als Identitäts-Stütze. Ein Symbol – vor allem für viele jüngere Juristen, glaubt Eisenberg ...
"Ich habe jetzt mit einigen dieser jüngeren Anwälte gesprochen, die kommen aus einem anderen Kulturen und soziologischen Hintergrund als ich. Die finden das wichtig, die Erreichen durch das Tragen der Robe eine vermeintliche Augenhöhe mit den Machtausübenden im Gerichtssaal."

Auch wenn es an Mandanten mangelt. Und für die Kanzleimiete nebenbei gejobbt werden muss. Da wird die Robe zum Status-Symbol. Zum juristischen Verdiensts-Beweis.

" ... die sind extrem unter Druck ausgebildet worden. Sind immer zu Leistungen gezwungen worden, zu Leistungserbringungen, sind mit Karriereversprechen überfordert worden, mit Scheiternsankündigung. Und da ist natürlich auch so ein Wohlverhalten und so ein Einfügen in die Corporate Identity ganz anders erforderlich als bei so einem Hansel, wie ich es bin."

Eisenberg blickt auf die Uhr. Er muss los.

Mitarbeiterin: "Die Einstweiligen sind fertig und der Laptop ist da."

Eisenberg: "Scheiße, wie spät ist denn? Nee, die bringe ich gleich, Machen sie mir das mal alles fertig."

Eisenberg greift seinen Mantel. Und einen Stapel Akten. Die Robe lässt er hängen ...
In seinem Büro verfolgt derweil Staatssekretär Hasso Lieber mit sichtlicher Freude die Debatten der Berliner Anwaltschaft.

"Ich habe eigentlich mit der Änderung dieser Allgemeinverfügung nichts anderes getan als den Anwälten das zu geben, was sie haben wollten. Und offensichtlich ist das der größte Tort, dem man jemanden antun kann, das man ihn gibt, was er will …"

Rede und Widerrede in Sachen Kleiderordnung füllen mittlerweile die einschlägigen juristischen Internet-Seiten. In Fachzeitschriften wie dem Anwaltsblatt wird in der Kleidersache plädiert. Kleidungsfragen sind eben Stilfragen, sagt Lieber. Und manchmal Statusfragen …

"Man hat über 200 Jahre die Robe getragen. Die Begründung hat sich geändert. Inzwischen trägt man sie mit Lust und Wonne. Warum soll man den Leuten nicht die Freiheit geben, sich zu entschieden. Ob sie nur im Brioni-Anzug oder auch mit der Brioni-Robe über dem Brioni-Anzug vor Gericht erscheinen ."