Der Katzenbiss
Ein kultiviertes Paar in Brooklyn: Die beide lieben schöne Dinge, haben ein Wochenendhaus und schlafen noch immer in einem Bett. In ihrem eindrucksvollen - von Jonathan Franzen hochgelobten - Roman aus dem Jahr 1970 beschreibt Paula Fox, wie diese Idylle zu Bruch geht.
Zum 90. Geburtstag der amerikanischen Autorin erscheint ihr berühmtester Roman in einer Neuauflage – mit einem Essay ihres größten Verehrers und bekanntesten Lesers.
Ein kinderloses Ehepaar in mittleren Jahren sitzt beim Abendessen. Auf der ersten Seite des Romans beschreibt die New Yorker Autorin das Interieur: den "Tiffany-Lampenschirm", den blankpolierten viktorianischen Sekretär, "die alten Zedernbretter des Fußbodens, ein Regal, in dem zwischen anderen Büchern die gesammelten Werke von Goethe und zwei Bretter voller französischer Dichter" stehen. Auf dem Esstisch sind sorgsam hergerichtete Speisen arrangiert, der "ovale Porzellanteller mit chinesischem Weidenbaummotiv, den Sophie in einem Antiquitätenladen in Brooklyn Heights aufgestöbert hatte, und den Risotto Milanese in einer grünen Keramikschüssel".
Es geht um ein kultiviertes Paar, das Wert legt auf schöne Dinge und ordentliche Lebensformen. Er ist Rechtsanwalt, sie Übersetzerin: Intellektuelle, wohlhabende Menschen, die in Brooklyn leben, in einer Gegend, die gerade von dem heimgesucht wird was man heute Gentrifizierung nennt. Auf ihrer Terrasse sitzt eine räudige Katze. Er warnt davor, sie zu füttern, sie tut es trotzdem - und wird gebissen.
Danach ist alles anders im Leben des Ehepaars Bentwood. Als wäre mit diesem Katzenbiss Gift in ihr beschauliches Leben geträufelt worden. Paula Fox beschreibt drei Tage in einem vermeintlich sorglosen Leben. Der Mann trennt sich gerade von seinem langjährigen Kanzleipartner. Sie erinnert sich an ihre einzige Affäre und hat Angst vor der Tollwut.
Die Autorin zeichnet das Psychogramm eines Ehepaares, das freundlich miteinander umgeht, das ein gemeinsames Schlafzimmer hat, aber trotz dieser Nähe wenig von einander weiß. Als die beiden in ihrem Wochenendhaus auch noch mit einem Einbruch konfrontiert werden, der den liebevoll eingerichteten Rückzugsort in dreckiges Chaos verwandelt hat, ist ihre Idylle endgültig zerbrochen. Zwei Menschen, die sich vor dem Schmerz fürchten, vor der Unruhe und der Ungewissheit, sind aus der Bahn geworfen.
Paula Fox hat diesen eindrucksvollen Roman 1970 geschrieben. Es gibt eine Verfilmung mit Shirley MacLaine, von der Jonathan Franzen schreibt, wenn man nur den Film sähe, dann würde man höchstens den Kinostar ein wenig besser kennen, wenn man jedoch diesen großartigen Roman gelesen habe, dann könne man von der Hauptfigur "ebenso ungezwungen sprechen wie von einer guten Freundin, weil ich meine Erfahrungen mit Angst und Entfremdung in mein Bild von ihr habe einfließen lassen".
Franzen, ohne dessen Fürsprache dieser Roman in den 90er-Jahren vielleicht nicht wiederentdeckt worden wäre, schreibt von der Begegnung mit dieser Geschichte und davon, was überhaupt einen Leser (und einen Schriftsteller) auszeichnet. Soziale Isolation und Unvorhersehbarkeit spielen dabei – ebenso wie in diesem Roman - eine große Rolle.
Besprochen von Manuela Reichart
Ein kinderloses Ehepaar in mittleren Jahren sitzt beim Abendessen. Auf der ersten Seite des Romans beschreibt die New Yorker Autorin das Interieur: den "Tiffany-Lampenschirm", den blankpolierten viktorianischen Sekretär, "die alten Zedernbretter des Fußbodens, ein Regal, in dem zwischen anderen Büchern die gesammelten Werke von Goethe und zwei Bretter voller französischer Dichter" stehen. Auf dem Esstisch sind sorgsam hergerichtete Speisen arrangiert, der "ovale Porzellanteller mit chinesischem Weidenbaummotiv, den Sophie in einem Antiquitätenladen in Brooklyn Heights aufgestöbert hatte, und den Risotto Milanese in einer grünen Keramikschüssel".
Es geht um ein kultiviertes Paar, das Wert legt auf schöne Dinge und ordentliche Lebensformen. Er ist Rechtsanwalt, sie Übersetzerin: Intellektuelle, wohlhabende Menschen, die in Brooklyn leben, in einer Gegend, die gerade von dem heimgesucht wird was man heute Gentrifizierung nennt. Auf ihrer Terrasse sitzt eine räudige Katze. Er warnt davor, sie zu füttern, sie tut es trotzdem - und wird gebissen.
Danach ist alles anders im Leben des Ehepaars Bentwood. Als wäre mit diesem Katzenbiss Gift in ihr beschauliches Leben geträufelt worden. Paula Fox beschreibt drei Tage in einem vermeintlich sorglosen Leben. Der Mann trennt sich gerade von seinem langjährigen Kanzleipartner. Sie erinnert sich an ihre einzige Affäre und hat Angst vor der Tollwut.
Die Autorin zeichnet das Psychogramm eines Ehepaares, das freundlich miteinander umgeht, das ein gemeinsames Schlafzimmer hat, aber trotz dieser Nähe wenig von einander weiß. Als die beiden in ihrem Wochenendhaus auch noch mit einem Einbruch konfrontiert werden, der den liebevoll eingerichteten Rückzugsort in dreckiges Chaos verwandelt hat, ist ihre Idylle endgültig zerbrochen. Zwei Menschen, die sich vor dem Schmerz fürchten, vor der Unruhe und der Ungewissheit, sind aus der Bahn geworfen.
Paula Fox hat diesen eindrucksvollen Roman 1970 geschrieben. Es gibt eine Verfilmung mit Shirley MacLaine, von der Jonathan Franzen schreibt, wenn man nur den Film sähe, dann würde man höchstens den Kinostar ein wenig besser kennen, wenn man jedoch diesen großartigen Roman gelesen habe, dann könne man von der Hauptfigur "ebenso ungezwungen sprechen wie von einer guten Freundin, weil ich meine Erfahrungen mit Angst und Entfremdung in mein Bild von ihr habe einfließen lassen".
Franzen, ohne dessen Fürsprache dieser Roman in den 90er-Jahren vielleicht nicht wiederentdeckt worden wäre, schreibt von der Begegnung mit dieser Geschichte und davon, was überhaupt einen Leser (und einen Schriftsteller) auszeichnet. Soziale Isolation und Unvorhersehbarkeit spielen dabei – ebenso wie in diesem Roman - eine große Rolle.
Besprochen von Manuela Reichart
Paula Fox: Was am Ende bleibt
Roman, aus dem Amerikanischen von Sylvia Höfer, mit einem Essay von Jonathan Franzen
C.H. Beck, München 2013
251 Seiten, 18,95 Euro
Roman, aus dem Amerikanischen von Sylvia Höfer, mit einem Essay von Jonathan Franzen
C.H. Beck, München 2013
251 Seiten, 18,95 Euro