Der König des Klezmer
Er ist ein lebendes Stück Musikgeschichte – der argentinische Klarinettist Giora Feidman. Feidman gilt als der "König des Klezmer", als derjenige, der die Musik der osteuropäischen Juden international bekannt und salonfähig gemacht hat. Zu seinem 75. Geburtstag hat er gemeinsam mit der Journalistin Minka Wolters seine Autobiographie veröffentlicht – den Rückblick auf ein bewegtes Leben zwischen Argentinien, Israel, den USA und Deutschland.
Giora Feidmans Familie stammt aus der Gegend von Chisinau im heutigen Moldawien – und so beginnt sein Buch mit der Momentaufnahme einer turbulenten Hochzeitsszene aus einem osteuropäischen Sthetl. Die Karriere des jungen Giora, der zunächst bei seinem Vater Leo in die Schule geht, startet jedoch in Südamerika, wo er bereits mit 18 Jahren als Orchester- Klarinettist eingestellt wird: Beim berühmten Teatro Colón in Buenos Aires und beim Israel Philharmonic Orchestra in Tel Aviv spielt er an der Seite von Ausnahmemusikern wie Itzhak Perlman, David Oistrach, Daniel Barenboim und Glenn Gould.
Feidmans Weltruhm kommt mit den 70er-Jahren, als er anfängt, durch die USA zu touren. Als einer der ersten jüdischen Musiker stellt er die Verbindung zwischen der europäischen Klassik und der Musik der osteuropäischen Juden her. Der Ausdruck Klezmer kommt aus dem hebräischen Kle Zemer, "Gefäß des Liedes" - und genau so sieht sich Giora Feidman: als Mann, der die Musik seiner Vorfahren konserviert und unter die Leute bringt.
Die demonstrative Bescheidenheit, die Feidman beim Verfassen seiner Autobiographie an den Tag legt, hat für den Leser ihre Schattenseiten. Viele Kapitel bleiben farblos, aus Beschaulichkeit wird schnell Langeweile. Egal, ob der Klarinettist über berühmte Dirigenten schreibt, mit denen er schon zusammengearbeitet hat - Zubin Mehta, Georg Solti und Lorin Maazel zum Beispiel - oder ob er schildert, wie ihn der Regisseur Peter Zadek in den 80er-Jahren erstmals nach Deutschland holt: über all seine prominenten Kollegen weiß Feidman bestenfalls Nettigkeiten zum Besten zu geben.
Auch die Schilderung seines Herzensanliegens, der christlich- jüdischen Aussöhnung, bleibt seltsam blass: Sein Engagement in der Jugendarbeit, seine wiederholten Besuche in Auschwitz und selbst der Skandal, als Feidman bei einem Konzert auf dem Gelände des Vernichtungslagers Musik von Richard Wagner spielt – alles das bleiben nur Fußnoten dieser Lebensgeschichte.
Zu seiner Musik fällt Giora Feidman glücklicherweise ein wenig mehr ein: Es ist ein sehr demokratisches Verständnis von Kunst, das einem da begegnet. Feidman möchte kein Superstar des Klezmer sein, sondern eine Art spiritueller Heiler, der mit seiner Musik die Seele seiner Zuhörer berührt. Sein Credo ist die Stille, aus der sich große Musik seiner Meinung nach erst entwickeln kann.
Fans und Freunde des berühmten Klarinettisten werden sich das Buch wohl schon deshalb kaufen, weil es bislang noch keine Feidman-Biographie gab. Wer allerdings auf farbige Schilderungen und pikante Anekdoten aus einem bewegten Musikerleben hofft, dürfte enttäuscht sein.
Rezensiert von Carsten Beyer
Giora Feidman/Minka Wolters: Du gehst, du sprichst, du singst, du tanzt - Erinnerungen
Pattloch Verlag, München 2011
256 Seiten, 19,99 Euro
Feidmans Weltruhm kommt mit den 70er-Jahren, als er anfängt, durch die USA zu touren. Als einer der ersten jüdischen Musiker stellt er die Verbindung zwischen der europäischen Klassik und der Musik der osteuropäischen Juden her. Der Ausdruck Klezmer kommt aus dem hebräischen Kle Zemer, "Gefäß des Liedes" - und genau so sieht sich Giora Feidman: als Mann, der die Musik seiner Vorfahren konserviert und unter die Leute bringt.
Die demonstrative Bescheidenheit, die Feidman beim Verfassen seiner Autobiographie an den Tag legt, hat für den Leser ihre Schattenseiten. Viele Kapitel bleiben farblos, aus Beschaulichkeit wird schnell Langeweile. Egal, ob der Klarinettist über berühmte Dirigenten schreibt, mit denen er schon zusammengearbeitet hat - Zubin Mehta, Georg Solti und Lorin Maazel zum Beispiel - oder ob er schildert, wie ihn der Regisseur Peter Zadek in den 80er-Jahren erstmals nach Deutschland holt: über all seine prominenten Kollegen weiß Feidman bestenfalls Nettigkeiten zum Besten zu geben.
Auch die Schilderung seines Herzensanliegens, der christlich- jüdischen Aussöhnung, bleibt seltsam blass: Sein Engagement in der Jugendarbeit, seine wiederholten Besuche in Auschwitz und selbst der Skandal, als Feidman bei einem Konzert auf dem Gelände des Vernichtungslagers Musik von Richard Wagner spielt – alles das bleiben nur Fußnoten dieser Lebensgeschichte.
Zu seiner Musik fällt Giora Feidman glücklicherweise ein wenig mehr ein: Es ist ein sehr demokratisches Verständnis von Kunst, das einem da begegnet. Feidman möchte kein Superstar des Klezmer sein, sondern eine Art spiritueller Heiler, der mit seiner Musik die Seele seiner Zuhörer berührt. Sein Credo ist die Stille, aus der sich große Musik seiner Meinung nach erst entwickeln kann.
Fans und Freunde des berühmten Klarinettisten werden sich das Buch wohl schon deshalb kaufen, weil es bislang noch keine Feidman-Biographie gab. Wer allerdings auf farbige Schilderungen und pikante Anekdoten aus einem bewegten Musikerleben hofft, dürfte enttäuscht sein.
Rezensiert von Carsten Beyer
Giora Feidman/Minka Wolters: Du gehst, du sprichst, du singst, du tanzt - Erinnerungen
Pattloch Verlag, München 2011
256 Seiten, 19,99 Euro